Mit Besessenheit zum Ziel

Von Niccolo Schmitter
Unai Emery war Al-Khelaifis Wunschkandidat für den Trainerposten
© getty

Paris St. Germain steht vor dem nächsten Umbruch. Mit Zlatan Ibrahimovic musste der Verein den Abgang eines absoluten Leistungsträgers verkraften. Nichtsdestotrotz können die Pariser erwartungsvoll in die Zukunft blicken. Denn mit Unai Emery kommt ein Trainer, der für das erklärte Ziel des ambitionierten Scheich-Klubs wie gemacht ist: den Gewinn der Champions League.

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"Wir beginnen bei Null", sagte Unai Emery bei seiner Vorstellung. Sicherlich eine Übertreibung, falsch ist die Aussage aber bei weitem nicht. Denn nach der Ära Ancelotti steht PSG vor dem nächsten Umbruch, bedingt durch den Abgang eines Mannes: Zlatan Ibrahimovic.

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Ibra entschied sich, Paris zu verlassen und in den letzten Jahren seiner Karriere bei Manchester United anzuheuern. Zum einen, da er dort mit Jose Mourinho auf einen Trainer trifft, den er kennt und mit dem er auf einer Wellenlänge ist. Und zum anderen natürlich, weil Zlatan beweisen will, dass er mit 34 Jahren noch in der Lage ist, die Premier League kurz und klein zu schießen.

Der Abgang des Schweden, der in der vergangenen Saison bei 51 Einsätzen unfassbare 50 Tore erzielte und weitere 19 vorbereitete, schmerzt aus sportlicher Sicht - und doch muss er als große Chance gesehen werden.

Denn PSG war mit Ibrahimovic eine One-Man-Show, er war der Fixpunkt in der Offensive, alles lief über ihn. Um einen glaubhaften Umbruch zu wagen, musste er also gehen und so dem gesamten Team Platz machen.

Ibra wollte gehen, Blanc musste gehen

Um den Neuanfang wirklich einzuläuten, wurde mit Laurent Blanc zudem der Trainer entlassen. Der Mann, der seit seinem Amtsantritt 2013 mit PSG elf Titel gewann und erst im vergangenen Februar seinen Vertrag bis 2018 verlängerte. Doch unter all den Titeln fehlte der wichtigste: die Champions League.

Es ist kein Geheimnis, dass der Scheich-Klub aus Paris mit allen Mitteln die Königsklasse gewinnen will. Seit der Übernahme der katarischen Investoren war dies das ausgemachte Ziel. "Wir werden alles dafür geben, sie zu gewinnen", gab Nasser Al-Khelaifi, Präsident von PSG, bekannt.

Dass der Gewinn der Champions League oft von der Tagesform und von nicht planbaren Details abhängig ist, scheint aber noch nicht bis an die Seine durchgedrungen zu sein. Nach jedem misslungenen Anlauf, der meist im Viertelfinale endet, lautet die Antwort: mehr Geld und bessere Spieler. In diesem Fall kommt sogar noch ein neuer Trainer dazu.

Die Verabschiedung erfolgte immerhin im Guten: "Ich habe einen großen Respekt vor allem, was Laurent Blanc für diesen Klub im Laufe der letzten drei Saisons getan hat. Ich danke ihm und seinem Team. Aber ich habe entschieden, dass wir eine Änderung benötigten und einen neuen Zyklus mit einem neuen Trainer beginnen sollten", erläuterte Al-Khelaifi. Wie ernst man es mit besagtem Zyklus meinte, zeigt, dass der Verein laut L'Equipe bereit war, dem scheidenden Trainer eine Abfindung von sage und schreibe 22 Millionen Euro zu zahlen.

"Er ist besessen"

Auf den stillen Blanc folgt nun der exzentrische Unai Emery. Der Baske gewann mit dem FC Sevilla dreimal in Folge die Europa League, ein Siegertyp also. Emery gilt als akribischer Arbeiter, der viel Wert auf Video-Analysen legt. Er soll sogar alle Aufnahmen für seine Spieler selbst zusammenstellen und schneiden. "Für jedes Spiel brauche ich rund zwölf Stunden für diese Videos", erklärte Emery einmal.

Dem Erfolg ordnet er alles unter, seinen Spielern verlangt er viel ab. Joaquin, der unter Emery bei Valencia spielte, erzählte einst über ihn: "Er ist besessen vom Fußball, es ist wie eine Krankheit. Er ist einer der besten Trainer, die ich kenne. Ich habe drei Jahre unter ihm gearbeitet, ein viertes hätte ich nicht mehr ausgehalten..."

Emery kann für PSG also genau der richtige Trainer sein. Schließlich weiß er, wie man Turniere gewinnt. In seinen ausgiebigen Analysen bezieht er jede Eventualität ein, erwägt alle möglichen Varianten und versucht, für jedes Spiel das kleine Detail zu finden, das seinem Team den Sieg bescheren kann.

Dazu kann er seine Leidenschaft, die mit seinem Angriffsfußball einhergeht, auf seine Spieler übertragen und somit eine Mannschaft formen.

Kluge Verstärkungen

Emery geht seine neue Aufgabe mit großem Eifer an. Er ist sich bewusst, dass PSG ein Klub ist, der viel verlangt - doch Emery verlangt auch viel von sich selbst. Sollte er keinen Erfolg haben, wird er sich wohl selbst feuern, ehe die Vereinsführung die Chance dazu hat.

Als oberstes Ziel gab er bei seiner Vorstellung noch nicht den Gewinn der Königsklasse bekannt, vielmehr geht es ihm darum, "die Arbeit auszubauen, die in den letzten Jahren hier getätigt wurde." Die CL-Trophäe in den Händen zu halten sei nur ein Ziel, "genauso wie den Klub größer und besser zu machen und ihn weiterzuentwickeln." Ob die Vereinsführung genauso denkt, kann bezweifelt werden.

Über den Kader zeigte sich Emery derweil hocherfreut. Mit Grzegorz Krychowiak, Hatem Ben Arfa sowie Thomas Meunier konnte man bereits drei namhafte und kluge Verpflichtungen verwirklichen. Der Coach sagte sogar, dass man mit den drei Verpflichtungen "alle Bedürfnisse decken konnte." Dennoch kann man davon ausgehen, dass PSG in diesem Sommer noch aktiv auf dem Transfermarkt wird. Vor allem, wenn Blaise Matuidi, der angeblich schon für Vertragsverhandlungen in England war, den Verein verlässt.

Emery möchte "alle verbessern"

Den Abgang von Ibrahimovic soll anscheinend Edinson Cavani alleine auffangen. Der Uruguayer ist eigentlich Mittelstürmer, musste in den letzten Jahren aufgrund von Ibras Dominanz aber stets auf die Außenbahnen ausweichen. Nun ist seine Chance gekommen, seine Klasse wieder in der Spitze zu beweisen. "Edinson Cavani hat die große Möglichkeit, eine Referenz im Angriff zu werden. Er kann noch besser werden. Das ist die Herausforderung, die ich ihm geben werde", kündigte Emery an.

Wie gewohnt möchte Emery auch mit jungen Spielern arbeiten und sie weiterentwickeln. "Vier oder fünf Spieler der Akademie werden Teil der ersten Mannschaft. Ich kann es kaum erwarten, mit ihnen zu arbeiten. Wir wollen mit dem gesamten Kader arbeiten, alle verbessern und dazu gehören auch die jungen Spieler", versprach der Spanier.

"Der gesamte Kader." Wenn man sich den vor Augen führt, bleibt einem schon fast die Spucke weg. Zu all den Namen, die hier bereits gefallen sind, kommen noch Spieler wie Verratti, Pastore, Lucas, David Luiz, Thiago Silva und vor allem di Maria dazu.

Jeder Trainer der Welt würde sich die Hände reiben, hätte er diese Profis zur Verfügung. Und nun werden sie mit Emery von einem der Besten seiner Zunft trainiert. Wenn man ehrlich ist, kann man mit diesen Spielern nur den Gewinn der Champions League anpeilen.

Paris St. Germain in der Übersicht