Rassismus-Vorwürfe in Frankreich: "Ein Skandal"

SID
Frankreichs Sportministerin Chantal Jouanno suspendierte den technischen Direktor
© Getty

Im französischen Fußball-Verband FFF hat nach einem neuerlichen Skandal das Stühlerücken eingesetzt. Der technische Direktor wurde suspendiert. Wieder einmal hat sich die Politik in die Belange des Fußballs eingemischt. Wie verhält sich nun der Weltverband FIFA?

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Der französische Fußball wird von einem neuen Skandal erschüttert. Kaum haben sich die Wogen der Querelen, Beleidigungen, Rücktritte und internen Sperren nach der desaströsen Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika ein wenig geglättet, wird die Grande Nation vom nächsten Nackenschlag heimgesucht.

Rassismus pur soll innerhalb des Verbandes FFF herrschen, weil offenbar die Einführung einer Spielerquote für schwarze und arabische Akteure geplant war.

Politik mischt sich ein

Wieder einmal schaltete sich die Politik in die Affäre ein. Frankreichs Sportministerin Chantal Jouanno reagierte auf die Rassismus-Vorwürfe und suspendierte am Samstag den technischen Direktor Francois Blaquart mit sofortiger Wirkung. Die Entscheidung sei gemeinsam mit Verbandspräsident Fernand Duchaussoy getroffen worden, teilte die Politikerin mit.

Schon nach dem WM-Beben am Kap der guten Hoffnung vor Jahresfrist war die Equipe Tricolore zum Betätigungsfeld der höchsten französischen Politik geworden. Selbst Staatspräsident Nicolas Sarkozy schaltete sich ein.

Schon damals wurde Frankreichs Regierung Einmischung in die Belange des Fußballs vorgeworfen, der Weltverband FIFA sah aber zunächst von einer Suspendierung wie in anderen Fällen geschehen ab. Mit Spannung wird nun die Reaktion der FIFA-Oberen erwartet.

"Alle Worte sind wahr"

Die Affäre hatte das Internetportal "Mediapart" ins Rollen gebracht. Am Samstag veröffentlichte die Online-Zeitung zudem den wörtlichen Bericht eines Treffens zwischen Nationalcoach Laurent Blanc, Blaquart und zwei Jugendtrainern des Verbandes.

Ein Diskussionspunkt des Treffens sollen Spieler mit doppelter Nationalität gewesen sein, die trotz der Ausbildung in Frankreich für die Auswahl ihres Herkunftslandes spielen könnten.

Blaquart bestätigte inzwischen diese Berichte. "Alle Worte sind wahr. 45 Prozent unserer Spieler in den Nationalteams der verschiedenen Altersklassen haben die Möglichkeit, uns zu verlassen. Diese Zahl wollten wir reduzieren."

Zwar werde der Verband weiterhin "die Motivationen solcher Spieler sehr aufmerksam beobachten", der Plan von der Einführung einer Quote für diese Spieler sei aber verworfen: "Wir wollten dieser Situation eine Grenze setzen, um Gefahren zu vermeiden. Sobald wir aber gemerkt haben, dass dies keine gute Lösung ist, haben wir die Idee verworfen."

Verbandschef kündigt Aufklärung an

Frankreichs Rekord-Nationalspieler Lilian Thuram (142 Einsätze), Weltmeister von 1998, sprach in einem TV-Interview am Sonntag von "einem Skandal". Er stellte die rhetorische Frage: "Wann werden wir die Vorurteile bezüglich der Hautfarbe überwinden?"

Die Affäre weitet sich in Frankreich immer mehr zu einem Flächenbrand aus. Im französischen Verband war zunächst von Fehlinterpretationen die Rede. Inzwischen kommen immer mehr Details an die Öffentlichkeit.

Nach den ersten Meldungen hatten die beschuldigten Funktionäre die kolportierten Pläne noch abgestritten. "Ich habe niemals von solchen Plänen gehört. Wenn mich jemand solchen Diskriminierungsvorwürfen aussetzt, ärgert mich das maßlos", hatte Blanc auf einer Pressekonferenz erklärt und die Vorwürfe als "Lüge" bezeichnet. Verbandschef Duchaussoy kündigte weitere Untersuchungen der Vorwürfe und eine lückenlose Aufklärung an.

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