"Das Gewinnen ist nicht mein Hauptantrieb"

Von David Binder
Eden Hazard gewann mit dem FC Chelsea 2017 den Meistertitel in der Premier League
© getty

Eden Hazard und der FC Chelsea haben im Vorjahr den Meistertitel in der englischen Premier League gewonnen. Im Interview spricht Hazard über die Chancen der Blues in der aktuellen Saison, seinen Bruder Thorgan bei Borussia Mönchengladbach und die WM mit Belgien im nächsten Jahr.

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SPOX: Herr Hazard, der FC Chelsea ist amtierender Meister in der Premier League. Wo sehen Sie Chelsea im Moment?

Eden Hazard: Wir haben am ersten Spieltag gegen Burnley sehr schlecht gespielt, uns aber seitdem gesteigert. Ich denke, wir sind bereit für die kommenden Aufgaben. Wir haben einige Spieler verloren und neue dazubekommen. Ich selbst hatte mit Verletzungsproblemen zu kämpfen, aber ich bin nur ein Spieler. Die Mannschaft ist bereit zu spielen und zu kämpfen, wie wir es auch letzte Saison getan haben. Der einzige Unterschied ist, dass wir in dieser Saison in der Champions League spielen.

SPOX: Wen sehen Sie als größten Konkurrenten im Kampf um die Meisterschaft?

Hazard: In England weißt du nie, was passieren wird. Viele Mannschaften können Meister werden. Vor zwei Jahren hat Leicester den Titel geholt, damit hatte niemand gerechnet. Man hat die üblichen Verdächtigen auf dem Zettel: Die beiden Manchester-Teams sind gut, Liverpool, Arsenal. Wir müssen abwarten.

SPOX: Wie schätzen Sie die Chancen von Chelsea in der Champions League ein?

Hazard: Alle Teams in der Champions League sind stark. Natürlich ist Real Madrid momentan der beste Klub der Welt, sie sind auf jeden Fall wieder Favorit. Aber beispielsweise ist auch Bayern München immer bei den besten Mannschaften - und es gibt noch viele andere Mitfavoriten. Wir freuen uns einfach darauf, wieder in der Champions League zu spielen, nachdem wir sie letzte Saison verpasst hatten. Die Königsklasse ist für einen Spieler etwas ganz Besonderes.

SPOX: Sie haben Ihre Verletzungsproblematik angesprochen: Wie gehen Sie mit Verletzungen um, beeinflusst das Ihre Spielweise?

Hazard: Das war jetzt das erste Mal, dass ich mit einer längeren Verletzung zu kämpfen hatte. Natürlich denkt man noch ein bisschen daran, wenn man auf den Platz zurückkehrt. Aber wenn du bereit sein willst, musst du versuchen, das zu vergessen.

SPOX: Ihr Bruder Thorgan spielt in Deutschland bei Borussia Mönchengladbach. Was sagen Sie zu seiner Entwicklung?

Hazard: Wenn ich die Zeit habe, schaue ich mir jedes Spiel von Thorgan an. Ich habe nun auch einen Fernsehsender, dank dem ich seine Spiele sehen kann. Deutschland ist etwas Besonderes, die Stadien sind immer voll, Thorgan schwärmt von den Fans. Es ist wunderbar für ihn, dort zu spielen. Er spielt in einem guten Verein. Er ist glücklich und spielt jedes Spiel. Ich weiß nicht, ob ich eines Tages in der Bundesliga spielen werde...

SPOX: Das wäre die nächste Frage gewesen.

Hazard: Vielleicht. Man weiß nie, was im Fußball passiert.

SPOX: Was erzählt er Ihnen über sein Leben in Deutschland, sprechen Sie vielleicht sogar schon ein wenig Deutsch?

Hazard: Nein, keine Chance. Mein Fokus liegt eher darauf, vernünftig Englisch zu sprechen. (lacht) Deutsch ist eine sehr schwierige Sprache, aber ich glaube, jetzt nach drei Jahren spricht Thorgan schon ganz gut.

Eden Hazards Statistiken in der Saison 2016/17

SPOX: Worin bestehen die größten Unterschiede zwischen Thorgan und Ihnen, sowohl auf als auch neben dem Platz?

Hazard: Wir sind ziemlich ähnlich. Wir sind Brüder. Ich habe nicht nur mit Thorgan ein gutes Verhältnis, sondern auch mit Kylian und Ethan telefoniere ich regelmäßig. Er hat seine Familie, ich habe meine. Wir können am Telefon über alles reden, über Kinder, über Fußball. Ich denke, der größte Unterschied ist, dass ich mehr Erfahrung habe als er. Ich habe schon beinahe 80 Länderspiele. Und ich bin besser als er. (lacht) Ich hoffe, dass er sich weiter so gut entwickelt, denn ich habe Lust, häufiger mit ihm zu spielen. Wenn wir zur Nationalmannschaft fahren, ist immer entweder jemand verletzt oder er sitzt auf der Bank, sodass wir nicht häufig zusammenspielen.

SPOX: Ihr dritter Bruder Kylian ist ebenfalls Fußballer. Wie war Ihr Verhältnis in Jugendjahren, herrschte da auch eine gewisse Rivalität?

Hazard: Nein. Wir haben nicht nur Fußball gespielt, um zu gewinnen, sondern um es zu genießen. Wir haben viel mit unserem Vater gespielt, mit Cousins, mit der ganzen Familie. Es ging nie darum zu gewinnen. Bis heute ist das Gewinnen nicht mein Hauptantrieb. Ich will spielen und Spaß haben. Wenn ich gewinne, bin ich glücklich. Wenn ich verliere, weiß ich, dass ich das nächste Spiel gewinnen kann. Wir versuchen, so zu denken. Nicht nur ich, auch Thorgan, Kylian und Ethan.

SPOX: Die Summe, die Paris Saint-Germain für Neymar gezahlt hat, hat den Fußball im Sommer durchgewirbelt. Wie ist es unter diesen Umständen für Sie als Spieler möglich, sich nur auf das Spiel zu konzentrieren und Spaß zu haben?

Hazard: Für mich ist es einfach. Wenn das Spiel beginnt, vergesse ich alles andere. Ich spiele einfach und genieße. Die Leute kommen ins Stadion, um mich zu sehen, also muss ich alles geben, um jeden glücklich zu machen.

SPOX: Wer war der beste Abwehrspieler, gegen den Sie je gespielt haben?

Hazard: (überlegt lange) Im Spiel habe ich gar keine Probleme. (lacht) Aber im Training spiele ich immer gegen Cesar Azpilicueta. Manchmal komme ich vorbei, manchmal nimmt er mir den Ball ab. Ich habe auch vor einigen Jahren in Frankreich ein oder zweimal gegen ihn gespielt. Für mich ist er einer der Besten.

SPOX: Was wäre aus Ihnen geworden, wenn Sie keine Karriere als Fußballer begonnen hätten?

Hazard: Ich weiß es nicht genau. Vielleicht Sportlehrer oder irgendetwas anderes mit Fußball, denn das ist meine Leidenschaft. Außerdem mag ich es, jungen Spielern etwas beizubringen.

SPOX: Wer ist Ihr Lieblingsspieler aller Zeiten?

Hazard: Zinedine Zidane. Er war der Beste, das weiß jeder. Wenn Sie etwas von Fußball verstehen, wissen Sie, dass Zidane der beste Spieler war.

SPOX: Gibt es einen Spieler, mit dem Sie in Zukunft gerne zusammenspielen möchten?

Hazard: Da gibt es viele. Jeder will mit Spielern wie Messi, Ronaldo, Neymar oder Suarez in einer Mannschaft spielen. Und natürlich wäre es ein Traum, mit allen Brüdern zusammenzuspielen.

SPOX: In einem Jahr steht die WM in Russland an. Ist in einer Saison vor einer Weltmeisterschaft der Druck immer besonders hoch?

Hazard: Im Moment denken wir nicht wirklich viel über die WM nach. Jetzt denken alle nur an ihren Klub. Aber natürlich wird es in zwei, drei Monaten langsam losgehen, dass man häufiger an die WM denkt und hofft, sich nicht noch zu verletzen. Aber momentan spielt das nur eine untergeordnete Rolle. Mir geht es nach meiner Verletzung erst einmal darum, wieder zu spielen, zu spielen, zu spielen. Ich will in Form kommen und meiner Mannschaft helfen. An die WM kann man dann immer noch denken.

SPOX: Wie schätzen Sie die Chancen für Belgien in Russland ein?

Hazard: Wir haben in den letzten vier Jahren eine gute Mannschaft aufgebaut, haben viele gute Spieler und einen guten Trainer. Wir haben manchmal ein bisschen Probleme, wenn wir gegen große Mannschaften wie Spanien oder Italien spielen. Doch wir sind eine junge Mannschaft und müssen noch einiges lernen.

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