Nothing but Rüdiger

Von SPOX
Antonio Conte muss sich auf dem Transfermarkt bislang in Geduld üben
© getty

Während die Konkurrenz zuletzt fast täglich spektakuläre Millionen-Transfers bekanntgibt, herrscht beim FC Chelsea bislang auffallende Zurückhaltung auf dem Transfermarkt, lediglich für die Verpflichtung von Antonio Rüdiger wurde Geld in die Hand genommen. Um an die starke Vorsaison anzuknüpfen und für die zusätzliche internationale Belastung gewappnet zu sein, scheinen weitere Neuzugänge bei den Blues unumgänglich.

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Carlo Ancelotti ist im Laufe der Jahre viel herum gekommen, in jeder der fünf großen europäischen Ligen hat der Italiener während seiner Trainerlaufbahn deutliche Spuren hinterlassen. Auch beim FC Chelsea, den Ancelotti in der Saison 2009/10 zum nationalen Double aus Meisterschaft und FA-Cup führte. Trotz einer weniger erfolgreichen Folgesaison mit der daraus resultierenden Entlassung genießt der Trainer nach wie vor ein äußerst hohes Ansehen an der Stamford Bridge.

Als ehemaliger Coach der Blues wurde Ancelotti nun nach den bisherigen Transferaktivitäten der Blues gefragt: "Conte wird etwas verändern müssen, er hat die Premier League gewonnen, indem er eigentlich immer dieselben Spieler aufgestellt hat. Um in der Champions League zu bestehen, muss er noch einige gute Spieler holen."

Kein allzu gutes Zeugnis für den bisherigen Transfersommer des FC Chelsea, wenn sich ein Ex-Trainer aus der Ferne schon Sorgen um die Kadergestaltung macht.

Offensivstars für Konkurrenten, Rüdiger für Chelsea

Im Vergleich mit der nationalen Konkurrenz muten die bisherigen Transferaktivitäten des englischen Meisters in der Tat recht bescheiden an. Der FC Liverpool und der FC Arsenal sorgten mit Mohamed Salah (42 Millionen Euro) und Alexandre Lacazette (53 Millionen Euro) für neue Rekordtransfers in deren Vereinsgeschichte, Manchester United machte Romelu Lukaku mit 85 Millionen Euro (die erfolgsabhängig noch auf über 100 Millionen Euro ansteigen können) zu einem der teuersten Spieler aller Zeiten im Weltfußball. Nicht zu vergessen Manchester City, das sich in Summe für 90 Millionen Euro die Dienste von Ederson und Bernardo Silva gesichert hat.

Der englische Meister beschränkte sich hingegen bisher auf Ausgaben von 30 Millionen Euro, um Antonio Rüdiger vom AS Rom nach London zu lotsen. Neben dem deutschen Nationalspieler kam zuvor Willy Caballero ablösefrei von ManCity.

Chelsea verteidigt Rüdiger-Transfer

Vor allem bei der Bekanntgabe des Rüdiger-Deals war der englische Meister bemüht, sich den Transfer nicht kleinreden zu lassen. "Antonio ist immer noch jung, hat aber bereits einige Erfahrung im Klub und in der Nationalmannschaft gesammelt. Er besitzt alle notwendigen Eigenschaften, um in der Premier League erfolgreich zu sein", sagte der technische Direktor Michael Emenalo.

"Das ist ein großartiges Gefühl, denn nicht jeder bekommt die Chance, zu solch einem großen Verein zu wechseln. Ich bin sehr stolz, offiziell ein Chelsea-Spieler zu sein", ließ Rüdiger selbst verlauten.

Sowohl der deutsche Nationalspieler als auch Caballero haben zwar bereits auf internationalem Niveau nachgewiesen, dass sie wertvolle Verstärkungen für die Defensive darstellen können, stehen medial aber deutlich im Schatten der Offensivkünstler und Torjäger, die bislang den Weg zur Konkurrenz gefunden haben.

Chelseas Fabelsaison ohne Rotation

Mit ziemlicher Sicherheit wird es Antonio Conte aber nicht bei diesen beiden Neuzugängen belassen. Wie Ancelotti richtig anmerkte, marschierte Chelsea in der abgelaufenen Saison fast ohne Rotation zum englischen Meistertitel, Conte setzte auf einen Kreis von 14, 15 Spielern, aus denen er seine Mannschaft aufstellte.

Mit Vielspielern wie Azpilicueta, Cahill, Kante, Hazard und Costa, die allesamt über 3000 Ligaminuten sammelten, glückten Chelsea in der Premier League zwischendurch 13 Siege in Folge. Lediglich ein Sieg fehlte in der Endabrechnung, um mit 96 Zählern einen neuen Punkterekord aufzustellen. Spieler aus der zweiten Reihe wie Zouma, Kenedy oder Batshuayi waren im Laufe der Saison fast gänzlich außen vor.

Der Spielerpool, aus dem Conte schöpfte, konnte nur so klein gehalten werden, weil der englische Meister fast gänzlich von Verletzungsproblemen verschont blieb und international nicht vertreten war.

Conte unzufrieden mit Chelseas Transferaktivitäten

Angesichts der lange ausbleibenden Neuverpflichtungen wurde zwischendurch bereits über aufkeimenden Unmut bei Conte und einen möglichen Abgang spekuliert. Laut italienischen Medien sei der Trainer frustriert über die Zurückhaltung auf dem Transfermarkt und den seiner Meinung nach zu geringen Einfluss im Verein.

Bereits bei Juventus stellte Conte sein konsequentes Handeln unter Beweis, als er aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen bei der Kadergestaltung vom Traineramt zurücktrat. Mögliche Ausrufezeichen auf dem Transfermarkt, wie sie der Konkurrenz bislang gelangen, könnten dabei behilflich sein die Frustration des Trainers zu lindern. Als ein solches Ausrufezeichen war eigentlich Romelu Lukaku vorgesehen.

Chelsea geht im Lukaku-Poker leer aus

Der belgische Stoßstürmer stand bereits von 2011 bis 2014 bei den Blues unter Vertrag, konnte sich dort aber nicht durchsetzen und wurde zur Weiterbildung an West Bromwich und den FC Everton verliehen. Zur Saison 2014/15 wechselte Lukaku schließlich fest zu den Toffees und avancierte dort zu einem der besten Stürmer der Premier League. Beim FC Chelsea war der Belgier eigentlich als Ersatz für Diego Costa vorgesehen, dem Conte per Textmitteilung einen Abschied vom englischen Meister nahegelegt hatte.

Auch aufgrund der Vergangenheit Lukakus im Westen Londons wähnte man sich im Werben um den bulligen Torjäger eigentlich in der Pole Position, Conte soll über mehrere Wochen hinweg bereits aussichtsreiche Gespräche mit dem Stürmer geführt haben. Doch beim FC Chelsea hatte man die Rechnung wohl ohne Manchester United und Lukakus Berater Mino Raiola gemacht.

Raiola macht Chelsea Strich durch die Rechnung

Der Agent gilt als einer der gefürchtesten Spielerberater in der Szene und besitzt spätestens seit der Transferperiode 2015/16 exzellente Verbindungen zu den Red Devils, als er mit Henrikh Mkhitaryan, Paul Pogba und Zlatan Ibrahimovic gleich drei seiner Klienten unter großem Aufsehen beim englischen Rekordmeister unterbrachte.

Raiola soll nun auch eine entscheidende Rolle bei Lukakus Entscheidung pro ManUnited gespielt haben. Auch die gleichzeitige Rückkehr von Wayne Rooney zu den Toffees hat die Waage wohl zu Gunsten von United kippen lassen.

Unabhängig von den tatsächlichen Wechselmodalitäten steht jedenfalls eine empfindliche Niederlage für den englischen Meister und Conte auf dem sommerlichen Transfermarkt. Wie der Daily Star berichtet, könnte gleich der nächste Rückschlag bei der Suche nach Neuverpflichtungen erfolgen.

Als Wunschspieler für das zentrale Mittelfeld war eigentlich Tiemoue Bakayoko vom französischen Meister AS Monaco auserkoren, doch auch bei dem 22-jährigen Franzosen scheint Jose Mourinho seinen Ex-Arbeitgeber auszustechen.

Zahlreiche Spieler bei Chelsea im Gespräch

Neben Lukaku und Bakayoko werden im Dickicht der Transfergerüchte fast täglich neue Spieler mit dem FC Chelsea in Verbindung gebracht. Für die Position der laufintensiven Außenverteidiger, denen in Contes 3-4-3-Sytsem eine entscheidende Rolle zukommt, sind nach Medieninformationen Alex Sandro von Juventus und Danilo von Real Madrid im Gespräch. Als Ersatz für Diego Costa sollen nach dem Lukaku-Rückschlag Alavaro Morata und auch Pierre-Emerick Aubameyang auf dem Wunschzettel stehen.

Die Planungen in der Innenverteidigung scheinen hingegen mit dem Transfer von Rüdiger und der Rückkehr von Andreas Christensen abgeschlossen. Auf allen anderen Positionen sind weitere Neuzugänge aber nahezu unumgänglich, um für die Herausforderungen der kommenden Saison gerüstet zu sein. Außer Christensen, der als gereifter Bundesligaspieler aus Mönchengladbach an die Stamford Bridge zurückkehrt, dürften die zahlreichen anderen Leihspieler nur eine Nebenrolle bei der Kaderplanung spielen.

Bis zum 31. August haben die Vereinsverantwortlichen des FC Chelsea noch Zeit, auf dem überhitzten Transfermarkt zurückzuschlagen. Die Fans der Londoner müssten dann nicht länger mit großen Augen auf die Rekordinvestitionen der direkten Konkurrenz schauen und Conte müsste sich nicht länger über fehlende Verstärkungen ärgern. Und nicht zuletzt müsste Chelseas Ex-Trainer in München keine Fragen zur Transferpolitik der Blues mehr beantworten.

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