"Bei Bayern bin ich unglücklich geworden"

Xherdan Shaqiri wechselte von Bayern München zu Inter Mailand
© getty
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SPOX: Sie blieben insgesamt zwölf Jahre lang in Basel, unter anderem gewannen Sie mit den Profis zwei Mal das Double. Wie war die erste Zeit mit den Profis?

Shaqiri: Als mich Trainer Christian Gross mit 16 das erste Mal zu einem Freundschaftsspiel mitnahm und spielen ließ, war er anschließend überhaupt nicht zufrieden mit mir. Ich habe für seinen Geschmack zu viele Tricks probiert. Damals war ich auch kurz davor, zur U21 von Grashopper Zürich zu wechseln. Dann aber wurde Gross entlassen und Thorsten Fink übernahm. Ab da lief es dann für mich. Man musste einfach länger auf seine Chance warten als heute.

SPOX: Wie lange haben Sie nach fast 20 Jahren in der Schweiz darüber nachgedacht, ob der Schritt zum FC Bayern München 2012 der richtige sein könnte?

Shaqiri: Die Entscheidung wurde mir abgenommen, weil es der FC Bayern war. Da gibt es dann eigentlich nur wenig zu entscheiden. Zumal mich Jupp Heynckes unbedingt haben wollte und mir eine gute Perspektive aufgezeigt hat.

SPOX: In München lebten Sie erstmals getrennt von Ihrer Familie. Wie sind Sie anfangs zu Recht gekommen?

Shaqiri: Ich hatte bereits im Januar für den Sommer unterschrieben und konnte mich daher ausreichend darauf vorbereiten. Manches Mal hatte ich ein bisschen Heimweh, andererseits war die Schweiz nur drei Stunden entfernt. Im ersten Jahr hat mein ältester Bruder Arianit bei mir gewohnt. Das hat vieles erleichtert. Eine Putzfrau brauchten wir trotzdem. Das war die erste Maßnahme, die ergriffen wurde. (lacht)

SPOX: Ihr Bruder Erdin berät Sie. Welche Rolle spielt er für Sie?

Shaqiri: Erdin war immer an meiner Seite. Früher haben wir sogar dieselben Kleider getragen. (lacht) Zwischen Erdin und mir liegt nur ein Jahr. Er ist für mich in erster Linie Bruder. Geschäftlich behandelt er mich nicht anders als die restlichen Spieler, die er betreut. Dank ihm kann ich mir sicher sein, dass mich niemand hintergeht.

SPOX: Ihre erste Saison in München lief hervorragend, der FC Bayern gewann erstmals in seiner Historie das Triple. Heynckes ließ Sie häufig von Beginn an spielen, das war ein Jahr später unter Pep Guardiola nicht mehr der Fall. Weshalb?

Shaqiri: Es stimmt, dass sich meine sportliche Situation unter Guardiola verändert hat. Ich hatte aber nie ein Problem mit ihm. Leider war ich auch einige Male verletzt. Ich bin unglücklich geworden, da ich zuvor sehr viele Spiele absolvieren durfte und somit meinen Beitrag zum Triple geleistet habe. Plötzlich aber wurden Spieler vor mir eingewechselt, die eigentlich ein geringeres Standing hatten. Das hat mich natürlich enttäuscht, auch wenn ich behaupten würde, dass ich den Konkurrenzkampf nie gescheut habe und dem Trainer immer zeigen wollte, weshalb er falsch lag.

SPOX: Was war das Beste an Guardiola?

Shaqiri: Seine Trainingseinheiten waren speziell, detailliert, anspruchsvoll - aber wirklich geil. Wir haben alles mit Ball gemacht. Unter Heynckes sind wir in der Vorbereitung noch drei Mal am Tag gerannt wie die Hasen. Dafür waren wir dann alle topfit.

SPOX: Guardiola war bekannt dafür, Spieler in der Öffentlichkeit über den grünen Klee zu loben. Auch auf Sie traf dies zu. Wie sind Sie damit umgegangen?

Shaqiri: Das war sehr schwierig und erging allen Bankdrückern so. Ich konnte ja aber nicht zu ihm sagen: Wenn du mich schon lobst, dann musst du mich auch spielen lassen.

SPOX: Wie hatte Heynckes den Umgang mit Ersatzspielern moderiert?

Shaqiri: Er war ganz anders. Unter ihm wussten alle, welche Position und welches Standing sie innerhalb der Mannschaft hatten. Mario Gomez, Rafinha und Luiz Gustavo saßen im Champions-League-Finale 2013 draußen und niemand hat je ein schlechtes Wort über den Trainer verloren. Heynckes hat mit jedem den direkten Austausch gesucht. Er hat allen immer klar und frühzeitig verdeutlicht, weshalb er im nächsten Spiel aufläuft oder nicht.

SPOX: Heynckes konnte aber genauso knallhart sein, oder?

Shaqiri: Klar. Er war ein Gentlemen, im Umgang jedoch gnadenlos. Das galt aber für alle und daher hat jeder diese Regeln akzeptiert. Wenn ein gestandener Spieler allein vor dem Tor stand und nicht abgespielt hat, dann hat er ihn ausgewechselt und beim nächsten Spiel saß er auf der Bank - weil Heynckes das im Vorfeld eben genauso angekündigt hatte.

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