Adam Lallana: In der Prinzen-Rolle

Von Uli Hebel
Adam Lallana wechselte 2014 für 31 Millionen Euro vom FC Southampton zum FC Liverpool
© getty

Liverpool ist unter Jürgen Klopp auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft. Bisher lag das Hauptaugenmerk auf der mit knackigen Vokabeln beschriebenen Idee. Aber die Reds zeichnet mehr aus als nur laufen und pressen. Heavy-Metal-Fußball made in Liverpool: Und der Lauteste ist dabei einer der Leisesten.

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"Full-Throttle-Football" oder "The Gegenpressing". Englands Presse hatte von Beginn an eingängige Labels für Liverpools Fußballidee. Sie erzählen die Erfolgsstory vom Charismatiker und Industrie-Stadt-Eroberer Jürgen Klopp.

Nach etwas mehr als einem Jahr im Amt hat der Pöhler aus einem mittelmäßigen Team, bestehend aus zusammengekauften Ich-AGs, eine Einheit gebaut. Eine hart arbeitende, mehr als der Gegner laufende, emotionale und erfolgreiche Mannschaft. Eine, die mit "Full Throttle" und "Gegenpressing" im Winter 2016 als ernstzunehmender Titelkandidat gilt.

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Lallana ist Klopps Alter Ego

Wann immer eine Überschrift gebraucht wird, scheinen sich beide Begriffe bestens zu eignen. Bald werden die Neologismen wohl im Wörterbuch auftauchen, im Fußballlexikon sind sie längst fest verankert. TV-Experten und Trainer loben Klopp, sein Vollgasfußball mit dem aggressiven Gegner-nie-in-Ruhe-lassen findet größten Anklang auf der Insel.

In der Regel aber weisen sämtliche Klopphudeleien eine Fußballidee aus, die auf der Arbeit gegen den Ball beruht. Mit Verteidigen verlierst du keine Spiele. Gewinnen tust du sie aber nur, wenn du angreifst. Und der Tabellenzweite hat eine Menge Spiele gewonnen. Die Mannschaftsleistung sorgt für Angriffssituationen, die zahlreicher denn je wirken. Klopp vereint Abwehrbewegungen mit Ballzirkulation - letzteres (und nur letzteres) war Brendan Rodgers Idee.

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Jordan Henderson als Passmonster ist ein Schlüsselspieler. Roberto Firmino als richtigste "falsche Neun" Europas ein anderer. Philippe Coutinhos Genius macht häufig den Unterschied. Sadio Manes Athletik terrorisiert jede Abwehr.

Der wahre Schlüssel aber ist Klopps Alter Ego auf dem Platz. Einer, der beide Aspekte maximal gut vereint: Als erster Verteidiger unaufhörlich gegen den Ball arbeiten, aber vor allen Dingen unermüdlich mit dem Ball kreieren. King Klopp scheint einen Lieblingsspieler zu haben. Und der liefert erst so richtig, seit der Trainer die richtige Position für ihn gefunden hat: Adam Lallana ist in der Prinzen-Rolle.

Ein bisschen wie Gerrard einst

Als Klopp in Liverpool anheuerte, war Lallana eines der Sorgenkinder. Der Außen war der Wunschspieler von Klopps Vorgänger. Doch weder unter Rodgers noch anfangs unter Klopp - auch nicht unter Hodgson in der Nationalmannschaft - gelang es dem 30-Millionen-Mann Lallana, konstant Leistung abzurufen. Doch zum Ende der ersten Klopp-Saison und während seiner ersten vollen Vorbereitung mit der Mannschaft, war erkennbar, dass der Chef Lallana eine neue Rolle zuteilen wird.

Lallana sollte die Position der Nummer zehn einnehmen. Mit allen Vorzügen. Und allen Verpflichtungen. Ein bisschen wie Steven Gerrard einst. Ruhig und umsichtig am Ball, gedankenschnell und passsicher.

In der Mitte des Feldes agiert Lallana vorrausschauend, als Anspielstation und Designer. Seine Aufgabe ist es, die Freigeister Coutinho und Mane zu finden. Ob Firmino oder Origi im Sturm - Lallana reißt den drei Offensivsten mit klugen Läufen immer Räume gegen engstehende Gegner.

Er schätzt Situationen klug ein, erahnt sie, seine Technik erlaubt ihm den schnellen, vertikalen Pass. Im mehrdimensionalen Spiel nutzt der 28-Jährige eine weitere seiner Stärken, die ihn über 14 Jahre zum Schlüssel von Southamptons Erfolgsgeschichte machte: Im Wechsel mit seinem Nebenmann im Zentrum besetzt er geschickt den Flügel - ob mit eigenem Abschluss oder Verwertungsangebot für den Mitspieler.

Hier wird Lallana zum Scorer, sein enges Dribbling und seine hervorragende Schusstechnik ermöglichen das. Sieben Tore und sechs Vorlagen nach 16 Spielen - ein Top-Wert.

Noch lange nicht perfekt

Lallana ist zum "box-to-box-Spieler" geworden. Ein Wandel vom schnellen, technisch versierten, athletischen Außen zum schnellen, technisch versierten, athletischen Spielgestalter. Die offensiven Vorzüge hatte Klopp schon vor Amtsbeginn gelobt.

Aber der Grund, warum der Engländer wirklich zum Schlüssel-Dienstleister bei den Reds geworden ist, ist die Kombination aus dem Spiel mit und gegen den Ball: Lallana attackiert spätestens den zweiten auslösenden Gegner, erobert Bälle und Räume. Nach Ballgewinn erlaubt seine Schnelligkeit mit Kopf und Körper den schnellen Konter. Löcher läuft er an, hat Gefühl für den Mitspieler und kennt den Gegner und seine Angewohnheiten beim Aufbau bestens.

Liverpool ist auf dem Erfolgspfad, kontinuierlich und Schritt für Schritt. Aus der Basis Defensive entspringt mehr und mehr ein attraktiver Plan in der Offensive. Lallana ist dabei eine wichtige Personalie.

Er fühlt sich wohl in der neuen Rolle, ist aber noch lange nicht perfekt - oder Gerrard. Für seinen Körperbau kann er nichts. Die Entscheidungsfindung und seine dribblerische Verspieltheit kreuzen noch die Evolution zum Elite-Zehner englischer Vorstellung.

Sein Arbeitseifer aber führte Lallana aus der 3. Liga in die Schaltzentrale des FC Liverpool. Und wenn er nicht gerade mit seinen Nationalmannschaftskollegen im Strip-Club weilt, ist er ein Vorzeigeprofi. Fußball von morgens bis abends. Zwangsweise: Der Nachbar der Lallanas in einem Vorort Liverpools heißt Jürgen Klopp.

Uli Hebel, geboren 1988 in Burghausen, studierte Journalistik an der Macromedia, Hochschule der angewandten Wissenschaften, in München. Neben diversen Tätigkeiten als freier Journalist, gründete er 2014 - gemeinsam mit Bruder Joachim - den ersten deutschsprachigen Premier-League-Podcast klick & rush. Seit dem ersten Tag ist er als Kommentator und Filmemacher bei DAZN - u.a. für die Premier League und die Championship.

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