Ein Sommer mit Stallone

Von Carsten Germann
Paul Mariner (l.) und John Wark feiern den UEFA-Cup-Sieg 1981 mit Ipswich Town
© imago
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Gutes Coaching hat an der Portman Road Tradition. Alles beginnt im Jahr 1961 mit dem späteren englischen Weltmeistertrainer Sir Alf Ramsey.

Bei der Erstliga-Premiere 1961/62 holen die Blauweißen aus der englischen Grafschaft Suffolk mit Ramsey gleich den Meistertitel. Eine Sensation.

Und unter der Regie von Trainerlegende Sir Bobby Robson († 2009) bricht in Ipswich ab 1969 eine goldene Ära an.

Der charismatische Coach führt das Team ab 1972 gleich drei Mal in den UEFA-Pokal - und 1978 zum Sieg im FA-Cup. Robsons Spieler setzen Bestmarken, die bis heute in Ipswich gültig sind: Linksverteidiger Michael "Mick" Mills, der die Mannschaft 1978 als Kapitän gegen den FC Arsenal (1:0) ins Londoner Wembley-Stadion führte, ist mit 541 Pflichtspiel-Einsätzen immer noch Ipswichs Rekordspieler.

Wie Eier mit Speck

Auch Torhüter Paul Cooper, einer von Ipswichs späteren "Hollywoodstars", ist bei Town eine Kultfigur. Cooper macht bis 1987 insgesamt 447 Spiele.

Die Verteidiger Kevin Beattie, der ein paar Jahre später in "Flucht oder Sieg" den Deutschen auf die Eisen steigt, und sein Kollege Allan Hunter erwerben sich in England den charmanten Spitznamen "Bacon & Eggs" (Eier mit Speck), weil sie, so die einfache Erklärung der "BBC" "in der Defensive einfach gut harmonieren."

Siegtorschütze gegen Arsenal ist Roger Osborne. Von den Gefühlen übermannt, erleidet er nach dem Treffer im Finale einen Schwächeanfall und muss ausgewechselt werden.

Zu den wertvollsten Verpflichtungen gehört allerdings der Transfer des Schotten John Wark. Der damals 17-Jährige kommt 1975 vom FC Liverpool. Mit 94 Toren in 266 Spielen für Ipswich hat Wark großen Anteil an der Erfolgsstory von Town, die 1982 mit der erneuten Vizemeisterschaft weitergeht.

Der Anfang vom Ende

Nach Robsons Wechsel zur englischen Nationalmannschaft (1982) bricht das Team langsam, aber stetig auseinander. Wark wechselt 1984 für 450.000 Pfund zurück nach Liverpool und 1985/86 steigt Ipswich zum zweiten Mal nach 1964 aus der ersten Liga ab.

Im gleichen Jahr verlässt auch Warks kongenialer Sturmpartner Paul Mariner, der als Torjäger (135 Treffer in 339 Spielen) und als Vorlagengeber glänzt, den Verein. Er geht zum FC Arsenal. Über seine Zeit in Ipswich will er mit SPOX nicht sprechen.

Bei der Einführung der Premier League ist Ipswich 1992 als Aufsteiger aus der Second Division am Start. Der erste Abstieg folgt allerdings 1994. Mit Ex-Spieler George Burley als Coach gelingt im Jahr 2000 über die Playoffs gegen den FC Barnsley die Rückkehr.

Fast scheint es so, als würde mit dem Premier-League-Comeback eine ähnliche Erfolgsstory beginnen wie zwanzig Jahre zuvor, als aus Pokalhelden Leinwand-Kicker wurden. Burley führt das Team 2001 auf Rang fünf und damit in den UEFA-Pokal.

Willkommen in der Pleite

Für Experten wie den "BBC"-Autor Matt Majendie liegt genau hier der Knackpunkt: "Der Verein hatte sich gerade für den Europacup qualifiziert und es gab bereits Gespräche, um weitere Stars zu holen, aber im Prinzip begann in dieser Phase der Niedergang."

Stars wie der Nigerianer Finidi George, Matt Holland oder der vom FC Wimbledon verpflichtete isländische Stürmer Hermann Hreidarsson kosten den Klub eine Menge Geld.

Auch der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte, die Verpflichtung des italienischen Torhüters Matteo Sereni, der im Juli 2001 für rund sieben Millionen Euro von Sampdoria Genua geholt wird, fällt in diese Ära. Im Mai 2002 muss Ipswich erneut aus der Premier League absteigen. Es wird ein langer Abschied.

In der Saison 2002/2003 rutscht Town ans Tabellenende der Division One ab, im Oktober 2002 muss Burley gehen und im Februar 2003 stellt der Verein einen Insolvenzantrag. Burley-Nachfolger Joe Royle, so erzählt man sich in Ipswich, muss in dieser Phase sogar die Hotelrechnungen für die Auswärtsspiele über die eigene Kreditkarte zahlen.

"Der Verein war so pleite, dass sogar die Telefonleitungen an der Portman Road gekappt wurden, weil die Rechnungen nicht bezahlt wurden", berichtet Majendie. Die Spieler werden in der Ipswich-Krise quasi auf Tagesbasis entlohnt und die Stars wandern ab. Supertalent Darren Ambrose, damals 19, muss für 1,5 Millionen Euro deutlich unter Wert an Newcastle United verkauft werden.

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