Tabellenkeller? "Da gehören wir nicht hin!"

Von Jochen Rabe
Ein viel zu bekanntes Gefühl für die Rangers: Der Ball liegt im eigenen Tor
© Getty

Im Sommer schlugen die Queens Park Rangers auf dem Transfermarkt richtig zu. Das Ziel: Nichts mehr mit dem Abstiegskampf zu tun haben! Bislang läuft es aber in eine ganz andere Richtung: Nach zehn Spielen ist das Team ohne Sieg. Noch hat Trainer Mark Hughes die Rückendeckung der Vereinsführung. Doch die nächsten Aufgaben muss er erfolgreich bestreiten.

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Real Madrid, Inter, Chelsea, Manchester United - die Liste der Klubs, von denen die Queens Park Rangers im Sommer Spieler verpflichtet haben, liest sich wie eine Liste der Champions-League-Topfavoriten.

Insgesamt 25 Millionen Euro legte der Verein im Sommer für Spieler wie Esteban Granero, Ji-Sung Park oder Stephane Mbia auf den Tisch. Mit Julio Cesar oder Jose Bosingwa kamen international erfahrene Profis ablösefrei und auch David Hoilett, an dem Borussia Mönchengladbach Interesse gezeigt hatte, entschied sich für einen Wechsel zu den R's.

Nach dem Klassenerhalt in der Vorsaison war die Aufbruchstimmung im Londoner Stadtteil Shepherd's Bush deutlich zu spüren. In dieser Saison sollte der Abstieg kein Thema sein, stattdessen schielte die Vereinsführung sogar auf die obere Tabellenhälfte. Und auch für viele Experten hatten die Rangers das Potenzial, die Überraschungsmannschaft der Saison zu werden.

Zehn Spiele, kein Sieg

Die Realität allerdings ist nach zehn Spieltagen eine andere: Noch immer ist QPR ohne Saisonsieg und steht mit erst vier Zählern auf dem vorletzten Platz der Premier League - das Mittelfeld ist bereits weit enteilt.

Die Tabelle der Premier League

Passend dazu musste man am Wochenende den nächsten Rückschlag hinnehmen. Gegen den FC Reading, der das einzige andere Team ohne Saisonsieg ist, kam QPR nicht über ein enttäuschendes 1:1-Unentschieden hinaus.

Die Situation ist ernst. Das weiß auch Trainer Mark Hughes: "Wir dachten, dass es eine sehr erfolgreiche Saison werden würde. Je länger diese Pechsträhne dauert, desto mehr ist diese Zielsetzung in Gefahr. Wir könnten in die gleiche Situation geraten, in der wir letzte Saison waren. Wir glauben nach wie vor nicht, dass das passieren wird, aber es ist möglich und dessen sind wir uns alle bewusst."

"Nicht mit Namen, nicht mit großen Worten"

Stürmer Djibril Cisse will sich (noch) nicht damit abfinden, dass das auf dem Papier so gut aufgestellte Team den eigenen Ansprüchen hinterherhinkt: "Man sieht doch, welche Qualität wir in der Mannschaft haben. Nichts gegen die anderen Teams im Tabellenkeller, aber da gehören wir nicht hin."

Damit der Klub in die Tabellenregionen vorstößt, in die er laut dem Franzosen gehört, nimmt er die Mannschaft in die Pflicht: "Fußball wird auf dem Rasen gewonnen. Nicht mit Namen, nicht mit großen Worten. Es ist an uns, endlich mal in den Spielen unsere Leistungen abzuliefern."

Schlüsselspiel gegen Swansea

Doch wo liegen die Gründe für den schwachen Saisonstart? Julio Cesar, der im Tor der Rangers bislang enttäuscht, sieht den Hauptgrund im großen Umbruch des Sommers: "Ich mache mir keine Sorgen. Es ist nur eine Frage der Identitätsfindung. Und das braucht eben Zeit."

Dass sich aus dem fast komplett neu zusammengestellten Team schnell eine Einheit formen konnte, wurde durch die negativen Schlüsselerlebnisse zu Beginn der Saison erschwert: Direkt zum Auftakt bekam man gegen Swansea vor heimischem Publikum eine 0:5-Klatsche.

Als man es in der Woche darauf bei Norwich City verpasst hatte, den ersten Sieg einzufahren (1:1), standen mit Manchester City, Chelsea und Tottenham gleich drei Topklubs auf dem Programm - und mit jedem nicht gewonnen Spiel sank das Selbstvertrauen des Teams.

Granero: Spielerisches Update, kämpferischer Rückschritt?

Durch das Warten auf den ersten Saisonsieg erhöht sich der Druck auf das Team: "Je früher wir den einfahren, desto besser. Wir sind in einer Situation, die zu diesem Zeitpunkt niemand erwartet hätte", sagt Trainer Mark Hughes.

In eben dieser Situation fehlt dem Spiel der Rangers auch die Persönlichkeit des nach Marseille abgewanderten Joey Barton. Zwar ist Esteban Granero auf der Sechs spielerisch eine Verbesserung und der Klub wurde mit Barton auch einen ständigen Unruheherd los, vielleicht bräuchte QPR besonders in dieser Phase der Saison aber auch gerade diese Qualität: Einen Spieler mit unangenehmem Profil. Einen, der auch mal dazwischenhaut und ein Zeichen setzt.

Die defensive Anfälligkeit (mit 19 Gegentoren die zweitmeisten der Liga) nur mit dem Abgang Bartons zu erklären, würde allerdings zu kurz greifen.

Große Verletzungssorgen

Vielmehr plagten den walisischen Trainer vor allem in der Viererkette bislang große Verletzungssorgen. Mitte September fielen Anton Ferdinand, Fabio da Silva, Armand Traore und Stephen Mbia zur gleichen Zeit aus.

Immer wieder muss Hughes in der Viererkette improvisieren, was dazu führt, dass sich auch keine feste Formation einspielen kann: In den ersten zehn Saisonspielen begann QPR mit acht unterschiedlichen Varianten in der Viererkette. Die einzige Konstante ist der Neuseeländer Ryan Nelsen, der nun bereits acht Spiele in Folge als rechter Innenverteidiger auflief.

Kommt Carvalho im Winter?

Angesichts der großen Defensivprobleme sichtet Hughes bereits den Transfermarkt für den Winter. Allen voran soll Ricardo Carvalho von Real Madrid kommen. Der mittlerweile 34 Jahre alte Portugiese war bereits in der abgelaufenen Transferperiode Thema an der Loftus Road, doch auf der Zielgeraden platzte der Deal und QPR nahm stattdessen Stephane Mbia unter Vertrag.

Im Winter erscheint ein Wechsel aber durchaus realistisch: Der Vertrag des Innenverteidigers läuft im Sommer aus. Jose Mourinho will ihm aber auch in der kommenden Transferphase schon keine Steine in den Weg legen, da er ohnehin nicht mit seinem Landsmann plant.

Noch Rückendeckung für Hughes

Ob Hughes in der kommenden Transferperiode jedoch überhaupt noch im Amt ist, um den Umbau des Kaders weiter voranzutreiben, ist nicht gewiss. Schon seit Wochen wird der 49-Jährige in den englischen Medien angezählt. Sogar ein Nachfolger soll schon bereit stehen. Wie die "Daily Mail" berichtet, ist der aktuell vereinslose Ex-Tottenham-Coach Harry Redknapp der große Favorit, Hughes als QPR-Coach zu beerben.

Persönlich ist Hughes überzeugt von seiner Arbeit: "Ich bin noch der Richtige. Wir stecken nicht den Kopf in den Sand. Wir wissen ganz genau, wo wir stehen und werden versuchen, da rauszukommen."

Auch Klubchef Tony Fernandes steht nach wie vor hinter seinem Coach und hält an seinen langfristigen Plänen fest: "Wir streben hier an der Loftus Road nach langfristiger Stabilität und Mark ist mit seinem gesamten Stab ein integraler Bestandteil dessen, was wir erreichen wollen."

Die Zweifel an Hughes seien einzig ein Phänomen der Medien: "Die bringen eine negative Schlagzeile nach der anderen über Marks Position. Er ist der Beste für den Job und er hat die volle Rückendeckung des Vereins."

Hughes' Vorteil: sein großer Name

Dass Fernandes bei Hughes von Kontinuität spricht und eine Entlassung bislang so definitiv ausschließt, ist verwunderlich. Im Fall des Aufstiegstrainers Neil Warnock hat er gezeigt, dass er auch nicht davor zurückschreckt, einen erfolglosen Coach - trotz all seiner Verdienste um den Klub - zu entlassen.

Aber: Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat Mark Hughes einen großen Namen. Immerhin hat er die Blackburn Rovers einst vom Abstiegskandidaten zum Europapokal-Teilnehmer geformt. Genau deswegen traut Fernandes dem 49-Jährigen auch in London zu, den Verein langfristig nach oben zu führen.

Darüber hinaus weiß der Hauptanteilseigner, dass ein erneuter Wechsel der sportlichen Leitung mit weiteren Großinvestitionen und einem erneuten Umbau des Kaders - gemäß der Vorstellungen beispielsweise Redknapps - verbunden wäre. Eine Situation, die er gerne umgehen würde.

November: Siege sind Pflicht

Doch bei allem Vertrauensvorschuss für Hughes: Nach den großen Investitionen des Sommers will die Klubführung langsam Ergebnisse sehen.

Im November müssen Siege her. Beginnen könnten die Rangers bereits am Samstag bei Stoke City. Gegen den Klub des ehemaligen deutschen Nationalspielers Robert Huth gewannen die R's in der Vorsaison beide direkten Vergleiche (3:2 in Stoke-on-Trent, 1:0 zu Hause). Anschließend kommt das Tabellenschlusslicht Southampton an die Loftus Road.

Sollte die Mannschaft von Mark Hughes dann immer noch auf den ersten Saisonsieg warten, wird wohl auch Klubeigener Tony Fernandes mit der Geduld am Ende sein.

Queens Park Rangers: Der Kader in der Übersicht

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