Aus der zweiten Reihe

Von Alex Truica
Steve Clarke verfügt über jahrelange Erfahrung als Co-Trainer - aber es ist sein erster Job als Coach
© Getty

West Bromwich Albion ist so gut wie seit fast hundert Jahren nicht mehr in die Saison gestartet. Vier Siege aus sieben Spielen - bei nur einer Niederlage - bedeuten 14 Punkte und Platz sechs in England. Maßgeblichen Anteil daran hat ein neuer, unbekannter Coach.

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Der Name Steve Clarke war vielen Premier-League-Kennern ein Begriff. Nur eben nicht als Cheftrainer einer Mannschaft. Denn: Überall wo Clarke bisher gearbeitet hat, war er Co-Trainer. Zehn Jahre assistierte er beim FC Chelsea, unter anderem unter Jose Mourinho, Claudio Ranieri und Gianluca Vialli. Anschließend zog es ihn über die Station West Ham zum FC Liverpool, wo er unter Rafa Benitez, seinem West-Brom-Vorgänger Roy Hodgson und zuletzt Kenny Dalglish arbeitete.

Eben jenen Hodgson beerbte der Schotte Clarke bei West Brom, als dieser im Mai den Posten des englischen Nationaltrainers annahm. Mancher im Umfeld der Baggies fragte sich, wieso man nicht einen gestandenen Trainer mit Premier League-Erfahrung anheuerte. Zum jetzigen Zeitpunkt, fünf Monate später, lässt sich sagen: Das Management von West Brom hat mit dem mutigen Schritt alles richtig gemacht.

Nur ein Punkt trennt WBA von City und United

Mit dem vierten Heimsieg in Serie, dem knappen 3:2-Erfolg gegen die Queens Park Rangers, hat West Brom den besten Saisonstart seit fast hundert Jahren hingelegt. Damals, in der einzigen Meistersaison des Vereins 1919/20, war der Verein noch besser gestartet.

Die Baggies belegen aktuell den sechsten Platz, besser als die deutlich reicheren und mit Stars gespickten Teams Arsenal, Newcastle oder Liverpool. Punktgleich mit den Tottenham Hotspur und Everton liegt man nur einen Punkt hinter den beiden Klubs aus Manchester.

Der aktuelle Höhenflug ist eng mit dem Namen Clarke verbunden. West Broms Coach ist allerdings nicht der einzige Grund. Auf dem Platz ragen bislang die beiden Innenverteidiger Jonas Olsson und Gareth McAuley samt der Doppelsechs um Youssuf Mulumbu und dem argentinischen Neuzugang Claudio Yacob (vormals Racing Club de Avellaneda) heraus.

Vor allem dieses Quartett sorgt dafür, dass West Brom hinter Chelsea (4), Arsenal und Stoke (beide 5) mit nur sieben Gegentoren die viertbeste Verteidigung der Premier League stellt.

Sparsame Transferpolitik

Ein weiterer Pluspunkt für den unverhofften Aufschwung: Die Baggies haben bereits sieben verschiedene Torschützen, sind also nur schwer auszurechnen. Dies liegt auch daran, dass man Superstars vergeblich in den Reihen des Teams sucht. Bekannte Namen gibt es aber allemal.

So wurde vor der Saison der Ex-Bremer Markus Rosenberg (noch ohne Tor) verpflichtet, genauso wie Sturmtalent Romelu Lukaku, der für ein Jahr vom FC Chelsea ausgeliehen wurde und immerhin schon zwei Mal traf.

Die kluge und sparsame Vereinspolitik macht sich bezahlt: Zwei Spieler (Rosenberg, Yacob) wurden ablösefrei erworben, drei ausgeliehen (Lukaku, El Ghanassy, Popow). Man vermied ein finanzielles Risiko und bekam dennoch Qualität. Lediglich für Torwart Ben Foster, den Stammtorhüter der Olympiaauswahl Großbritanniens, zahlte man fünf Millionen Euro Ablöse.

Trotz des derzeitigen Höhenflugs wird man im Großraum Birmingham aber nicht gleich übermütig. Mittelfeldspieler James Morrison ist der Meinung, sie dürfen beim Klub aus den West Midlands nicht selbstgefällig werden.

Der Verbleib in der Liga hat weiterhin Priorität, alles was danach käme sei ein Bonus: "Gemessen an der Größe des Vereins ändern wir nicht wirklich unsere Ambitionen", so der schottische Nationalspieler. West Bromwich stieg zur Saison 2010/11 in die Premier League auf und belegte in den letzten beiden Jahren die Plätze elf und zehn.

Kein Platz für Träumereien

Auch der Trainer bleibt bescheiden: "Jeder hat Geld ausgegeben, es ist eine harte Liga. Wir wollen die 40-Punkte-Marke erreichen, dann schauen wir ob wir uns verbessern können. Aber es ist immer noch ein weiter Weg dahin", so der 49-Jährige.

Freilich lässt sich Clarke von der derzeitigen Platzierung nicht blenden: "Vor ein paar Jahren startete Hull City sehr gut in die Saison, am Ende wären sie aber beinahe abgestiegen." Jenes Hull City spielt mittlerweile, nach einem anfänglich famosen Jahr in der PL, wieder in der zweiten englischen Liga. Ein mahnendes Beispiel für West Bromwich Albion und Coach Clarke.

Am Samstag empfängt West Bromwich Albion den amtierenden Meister Manchester City. Hält der Höhenflug der Baggies auch danach noch an, kennt den Namen Steve Clarke auf der Insel wohl bald jeder.

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