Spanische Problemkinder

Von Fatih Demireli
Fernando Torres erhielt bei Chelsea den Vorzug vor Didier Drogba - traf aber nicht
© Getty

Ernüchterung nach dem 1. Spieltag in der Premier League: Chelsea, Arsenal und Liverpool patzen, aber auch Manchester United ist trotz Sieges noch nicht auf Betriebstemperatur. Beim Meister bereitet der Torwart Sorgen, bei Chelsea und Arsenal sind's ebenfalls die Spanier, die das Fußball-Glück ihrer Klubs auf dem Gewissen haben. Nur Liverpools Spanier trumpft auf.

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Manchester United

So lief der 1. Spieltag: Bei West Bromwich Albion gab's einen 2:1-Sieg. Wayne Rooney (13.) und Ashley Young (81.) schossen die Tore, für WBA traf Shane Long (37.). Alex Ferguson setzte in der Startelf auf Rückkehrer Danny Welbeck im Sturm neben Rooney im 4-4-2-System. Dafür saß Dimitar Berbatow zunächst auf der Bank. Mit dabei auch Young auf der linken Seite, der nach dem Ausfall von Chicarito und Luis Valencia gemeinsam mit Nani und Anderson die kreativen Aufgaben übernehmen sollte. Das gelang dem Ex-Villa-Spieler gut. Allerdings wurde der Sieg teuer verkauft: Mit Kapitän Nemanja Vidic, Rio Ferdinand und Rafael da Silva, der sich bereits im Training am Freitag eine Blessur zugezogen hatte, verletzten sich drei Stammspieler der Vierer-Abwehrkette. Vidic, der wie Ferdinand ausgewechselt wurde, zog sich eine Wadenverletzung zu und fällt wohl zwei Wochen aus. Ferdinand muss wegen einer Verletzung am Oberschenkel sechs, da Silva (Schulter) sogar zehn Wochen pausieren.

Wer fiel auf? David de Gea. Zweifelsfrei ist der Spanier eines der größten Torwart-Talente Europas, aber bei Manchester United ist er noch nicht angekommen. Dem unglücklichen Auftritt im Community Shield gegen Manchester City (3:2) ließ de Gea eine weitere durchwachsene Leistung beim Gastspiel gegen West Brom folgen. Das Gegentor geht auf die Kappe des Neuzugangs von Atletico Madrid - auch ansonsten gab es hier und da wieder ein paar Unsicherheiten beim Herauslaufen und in der Strafraumbeherrschung. Gut dagegen sein Durchsetzungsvermögen bei Rush Hour im United-Strafraum. De Gea braucht Zeit, die ihm Ferguson geben wird. Die Tabloid-Presse in England wird sich das hingegen mehr lange ansehen.

Das muss noch besser werden: Gegen Manchester City schien die Defensive zum Problemkind zu avancieren, bei WBA krankte das Offensivspiel. West Brom spielte zwar teils sehr dreckig in der eigenen Hälfte mit einer gesunden Portion Aggressivität in der Zweikampfführung. United fehlten aber trotz Anderson, Nani und Young phasenweise die Mittel, um das Bollwerk zu durchbrechen. Rooney ließ sich zurückfallen, um Überzahl zu schaffen und mehr in die Kombinationen zu gehen. Es kommt nicht von ungefähr, dass Ferguson einen Spieler wie Wesley Sneijder gesucht hat bzw. noch sucht, denn United fehlt noch der Drive im Spiel nach vorne.

FC Chelsea

So lief der 1. Spieltag: Der Einstand von Andre Villas Boas in der Premier League endete 0:0. Beim Gastspiel bei Stoke City ließ der Portugiese wie angekündigt im 4-3-3-System spielen. Die größte Überraschung war dabei die Nominierung von Fernando Torres, der nach überstandener Gehirnerschütterung den Vorzug vor Didier Drogba bekam. Mit dabei auch der wiedergenesene John Obi Mikel im Zentrum. Die Neuzugänge Romelu Lukaku und Oriol Romeu fehlten beim ersten Spiel der Saison, das vor allem aufgrund der Härte Stoke Citys nicht immer schön anzusehen war.

Wer fiel auf? Fernando Torres. Viele Chancen gab man dem Spanier nicht, einen Stammplatz zu ergattern, nachdem er in der Vorsaison schnell den Flop-Status erreichte. Villas Boas stärkt aber seinem Angreifer den Rücken, der mit einer ganz anderen Körpersprache agierte. Torres kämpfte, Torres ackerte und Torres war wieder einmal gefährlich. Besonders im ersten Durchgang war der Spanier kaum wiederzuerkennen und fand vor allem auf die harte Gangart seines Gegenspielers Shawcross die richtige Antwort. Aber Torres blieb trotz aller Bemühungen wieder torlos und ging nach 89 Minuten etwas genervt vom Platz. Ein Erfolgserlebnis würde ihm mal gut tun.

Das muss noch besser werden: Andre Villas Boas beschwerte sich nach dem Spiel über die Härte des Gegners und die Vorgehensweise von Ref Mark Halsey, der aus der Sicht des Portugiesen zu viele Szenen laufen ließ. In den englischen Medien gab es dafür Häme: "Jetzt hat AVB gelernt, was englische Härte ist!" Die "Sun" ließ selbstredend den Seitenhieb auf das Alter des Trainers (Villas Boas ist erst 33) nicht aus - nach nur einer gespielten Runde. Aber das Gastspiel in Stoke war durchaus eine Art Lehrbeispiel dafür, dass Villas Boas seine Art von Fußball modifizieren muss, um nicht als Prügelknabe unterzugehen.

FC Arsenal

So lief der 1. Spieltag: Im St. James' Park trennte man sich von Newcastle United mit 0:0. Arsene Wenger ließ lediglich einen Neuzugang spielen: Doch Angreifer Gervinho, der vom OSC Lille verpflichtet wurde, sah nach 76 Minuten aufgrund einer Tätlichkeit gegen Joey Barton die Rote Karte. Arsenal war wie gewohnt um hohe Spielkunst bemüht, fand aber zu selten den Weg vor das Tor der Gastgeber, die defensiv gut arbeiteten. Nach der Roten Karte lief nicht mehr viel zusammen und beide Seiten mussten sich mit dem torlosen Remis begnügen.

Wer fiel auf? Gervinho. Der Ivorer soll nach dem anstehenden Weggang von Nicklas Bentdner und dem Fast-Weggang von Samri Nasri das neue Gesicht der Arsenal-Offensive werden. Gervinho machte seine Sache phasenweise sehr ansprechend, versprühte Spiellaune, aber sein vielversprechendes Debüt hat mit der Roten Karte einen fetten Kratzer abbekommen. Mit Gervinho darf aber in dieser Saison gerechnet werden.

Das muss noch besser werden: Neben Cesc Fabregas wird auch noch Samir Nasri den Klub verlassen. Die Mannschaft hat zwar immer noch viele gute Einzelspieler, aber mit Fabregas geht ein Mann, der dem Gunners-Gebilde eine Ordnung gab und Struktur verschaffte. So auch in Newcastle. Wer die Lücke, die der Spanier hinterlässt, schließen soll, ist noch unklar. Es läuft erst einmal auf eine interne Lösung (Ramsey) hinaus, aber eigentlich ist längst ein Transfer fällig, der die Lethargie im Klub-Umfeld wegfegt.

FC Liverpool

So lief der 1. Spieltag: Beim Heimspiel gegen den AFC Sunderland kamen die Reds nicht über ein 1:1 hinaus. Suarez traf nach zwölf Minuten zur Führung für Liverpool, nachdem er fünf Minuten zuvor noch einen Foulelfmeter verballert hatte. Liverpool verpasste es trotz guter Chancen durch Andy Carroll und Co., nachzulegen. Die Bestrafung erfolgte nach 57 Minuten: Nach einer Flanke von Ahmed El Mohamady von der rechten Seite legte sich Sebastian Larsson quer in die Luft und knallte das Leder per Seitfallzieher volley in die Maschen. Kenny Dalglish brachte im ersten Heimspiel mit Downing, Henderson, Adam und Jose Enrique alle vier Top-Transfers in der Startelf.

Wer fiel auf? Jose Enrique. Nicht einmal 24 Stunden nach Verkündung seines Transfers stand der Spanier in der Startelf der Reds. "Ganz ehrlich, ich war selbst überrascht", so der Linksverteidiger, der eine gute Figur abgab. Dalglish blieb fast keine andere Wahl, nachdem Fabio Aurelio verletzt ausfiel. Besonders defensiv wusste der Neuzugang von Newcastle United zu überzeugen, spielte die Jubelarie aber runter: "Das ist mein Job!"

Das muss noch besser werden: Es sah lange Zeit richtig gut aus, was Liverpool auf die Beine stellte: Die Dalglish-Truppe war lange Zeit drückend überlegen und hätte den ersten Saisonsieg früh unter Dach und Fach bringen müssen. Aber Liverpool ließ wie schon phasenweise in der Vorsaison zu viele Chancen aus. Liverpool fehlt der Killerinstinkt, den vor allem der noch verletzte Kapitän Steven Gerrard verkörpert. Das Potenzial ist nach den Neuverpflichtungen, die fast allesamt überzeugten, da, um eine merklich bessere Saison zu spielen als zuletzt: Liverpool muss es aber auch zeigen.

Premier League: Der 1. Spieltag im Überblick

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