Seuchen-Jahr mit Krönung

Von Daniel Reimann
Fernando Torres spielte bei der WM 2010 nicht ein einziges Mal über 90 Minuten
© Getty

Zwei Knieoperationen, ein Formtief, das seinesgleichen sucht und eine schwere Verletzung beim historischen Finalsieg Spaniens. Fernando Torres erlebte eine unglückliche Saison - und die Hiobsbotschaften reißen nicht ab. Doch ausgerechnet für den FC Liverpool könnten sich Torres' Rückschläge noch auszahlen.

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"Erst nachdem Torres ausgewechselt wurde, war das Spiel perfekt." So klingt Spott im Lande des Weltmeisters. Ziel dieser höhnischen Bemerkung der Sportzeitung "Marca" war Fernando Torres nach seinem schwachen Achtelfinal-Auftritt gegen Portugal.

Vom Goalgetter zum Chancentod. Vom Stammspieler zum Bankdrücker. Von Spaniens Liebling zum Sorgenkind der Nation. Was sich in den Gruppenspielen der WM 2010 schon andeutete, bestätigte sich im Lauf der K.o.-Phase: Torres hinkt seiner Form meilenweit hinterher und macht einen Rückschritt nach dem anderen.

Gegen die Schweiz konnte er dem spanischen Spiel nach seiner Einwechslung überhaupt keine Impulse geben, im Duell mit Honduras vergab er Großchancen auf laufenden Band. So ging es weiter, bis Coach Vicente Del Bosque im Halbfinale gegen Deutschland die Reißleine zog - und Torres auf die Ersatzbank verbannte.

Zwei Monate Pause? Fortsetzung der Seuchen-Saison

Die doppelte Krönung der tragischen WM-Akte Torres folgte im Finale. In positiver Hinsicht, weil Spanien Weltmeister wurde. Doch der negative Beigeschmack ist enorm. Erst zur zweiten Hälfte der Verlängerung wird er eingewechselt. Wenige Sekunden vor dem Abpfiff - Torres setzt ein letztes Mal zum Sprint an - greift er sich plötzlich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Oberschenkel.

Eine genaue Diagnose steht noch aus, doch in den englischen Medien ist bereits von einer zweimonatigen Verletzungspause die Rede. Dabei wollte Torres bei dieser WM doch gerade die von Rückschlägen geprägte Seuchen-Saison vergessen machen.

Zwar traf der Spanier in der vergangenen Spielzeit 18 Mal in 22 Liga-Spielen, doch immer neue Verletzungen machten dem 26-Jährigen zu schaffen. Zwei Knieoperationen zwangen ihn zu längeren Pausen. Nach einer Meniskus-OP im April musste Torres sogar um die WM bangen.

Wechsel aus sportlicher Sicht hilfreich

Doch trotz einer unterirdischen Weltmeisterschaft weckt Torres noch immer reges Interesse bei Europas Top-Klubs. Besonders der FC Chelsea liebäugelt mit einer Verpflichtung des Spaniers. Auch wenn Torres während der WM konkrete Verhandlungen dementierte: "Außer den Gerüchten gibt es nichts Konkretes."

Ein Wechsel erscheint aufgrund der sportlichen Perspektive hilfreich. Mit Liverpool schaffte er nur mit Ach und Krach die Qualifikation für die Europa League. Der FC Chelsea hingegen ist Double-Gewinner.

Zwar hängt Torres' Herz an den Reds, doch die zurückliegende sportliche Talfahrt dürfte ihn ins Grübeln bringen. Besonders schwerwiegend: Im Europa-League-Halbfinale gegen seinen Ex-Klub Atletico Madrid war er verletzungsbedingt zum Zuschauen verdammt - und musste ohnmächtig das Ausscheiden von Liverpool beobachten.

Pleiten-WM und Verletzung gut für Liverpool

Dennoch besteht an der Anfield Road die Hoffnung auf einen Torres-Verbleib. Bei der WM verpasste er die Chance, sich auf großer Ebene für höhere Aufgaben zu empfehlen. Stattdessen wurde er sogar zur Zielscheibe, sobald jemand über die Chancenverwertung der Furia Roja zu schimpfen begann.

Paradoxer Weise stimmt auch seine neuerliche Verletzung die treuen Pool-Anhänger optimistisch. Denn Torres droht die Saisonvorbereitung komplett zu verpassen. Als Neuzugang bei einem Top-Klub würde das die sportliche Integration ins Team erheblich erschweren. Sein Wechsel zum FC Chelsea verkompliziert sich dadurch.

Soweit soll es jedoch gar nicht erst kommen. Deswegen wird Neu-Coach Roy Hogdson noch in dieser Woche nach Spanien fliegen, um Torres seine Rückendeckung zuzusichern und ihn von einem Verbleib bei den Reds zu überzeugen.

Mit im Gepäck hat Hodgson eine Hand voll Liverpooler Mannschaftsärzte, die die Behandlung von Torres' Verletzung in die Hand nehmen sollen. Dadurch wird auch gegenüber anderen Vereinen klargestellt: Wir kümmern uns um Torres, weil er unser Aushängeschild ist und das auch bleiben soll. Und die symbolische Fürsorge kommt auch beim Spanier sicherlich gut an.

Fernando Torres: Seine Torquote im Spanien-Dress