Der Bösewicht und sein Ronaldinho

Von Andreas Lehner
Elano, Manchester, City
© Getty

München - Die Begeisterung hielt sich in Grenzen, als Sven-Göran Eriksson vor Beginn der Premier-League-Saison das Traineramt bei Manchester City übernahm.

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"Die Fans sind 70:30 gegen Eriksson", meinte der Vorsitzende der Fanvereinigung des Klubs. Der Schwede hatte nach seinem Engagement als englischer Nationaltrainer und diversen Eskapaden jeglichen Kredit bei den Fans und den Medien verspielt.

"Man kann all seine Fehler mit England nicht ignorieren. Man müsste sich auch fragen, ob er überhaupt für die Arbeit auf Vereinsebene geeignet ist, denn seine letzte Amtszeit als Vereinstrainer liegt bereits einige Jahre zurück. Die Sache hat den Beigeschmack der Verzweiflung", sagte der Fan weiter.

Wunschtrainer des neuen Besitzers

Doch der neue - ebensowenig unumstrittene - Besitzer Thaksin Shinawatra hatte in Eriksson seinen Wunschtrainer gefunden und ließ sich davon auch nicht mehr abbringen.

Der Thailänder und dessen Berater ließen sich von den Ressentiments gegenüber dem 59-Jährigen nicht blenden und vertrauten auf seine Erfolgsbilanz. Denn sowohl in Italien und Portugal als auch in seiner Heimat Schweden war Erikssons Arbeit von Erfolg gekrönt.

Bei den Citizens knüpft der Schwede nun an seine erfolgreiche Zeit als Vereinstrainer an. Zum ersten Mal seit dem Wiederaufstieg 2002 - der Klub war zwischenzeitlich sogar in die dritte Liga abgerutscht - konkurriert City mit den Teams im oberen Tabellendrittel und klopft sogar ans Tor zur Champions League. Im Moment liegen sie nur zwei Punkte hinter CL-Platz vier, den der FC Everton inne hat.

Offensive Ausrichtung

Eriksson hat ein Team zusammengestellt, das besonders durch eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern besticht. Dazu hat er seiner Truppe einen offensiven, zwanglosen Spielstil verordnet, der sich komplett vom biederen, uninspirierten Image, das Erikssons England anhaftete, abweicht.

"Er verströmt diese Aura eines erfolgreichen Menschen und das Gefühl, dass er gerade dabei ist, Manchester City zu einem erfolgreichen Klub zu machen. Wir glauben nun daran, dass wir andere Mannschaften attackieren können, anstatt nur dagegen zu halten und zu hoffen, dass uns der Zufallstreffer gelingt", schwärmt Kapitän Richard Dunne.

Wurde Eriksson während seiner Zeit als Nationalcoach noch als Bösewicht des englischen Fußballs gebrandmarkt, beweist er nun, welch guter und zugleich moderner Trainer er ist.

Geschickte Transferpolitik

Besonders auf dem Transfermarkt bewies der Schwede sein Geschick und holte sich Spieler, die seine Fußballphilosophie auf den Platz bringen und noch eine große Zukunft vor sich haben.

Mit Valeri Bojinow, Vedran Corluka und Nery Castillo verpflichtete er talentierte Spieler, die auf der Insel weitgehend unbekannt waren. Zusammen mit den erfahrenen Dunne, Martin Petrow und Dietmar Hamann entwickelte sich eine kompakte Mannschaft, die die Phalanx der Großen Vier auf Dauer brechen kann.

Der größte Coup auf dem Transfermarkt war allerdings die Verpflichtung des Brasilianers Elano. Der 26-Jährige wechselte für elf Millionen Euro von Schachtjor Donezk nach Manchester und hat sich dort zur Seele des Spiels entwickelt.

Elano ist Erikssons Ronaldinho 

Für Eriksson ist er so wertvoll wie Ronaldinho zu seiner besten Zeit für den FC Barcelona. "Man muss kein Barca-Fan sein, um Ronaldinho zu mögen. Man will Spieler mit dem gewissen Etwas sehen und Elano ist einer davon", meint der Schwede.

Brasiliens Nationalcoach Carlos Dunga bezeichnete Elano als das Symbol des neuen Brasiliens, ein Spieler, der seine technischen Fähigkeiten mit Disziplin und Teamarbeit verbindet.

Eriksson nutzte seinen guten Kontakt zu Dunga, den er noch aus seiner Zeit als Spieler beim AC Florenz kennt, um sich über Elano zu informieren. Und der Coach der Selecao hatte nur Gutes zu berichten.

Auf Augenhöhe mit Baggio und Mancini

"Er kann ein bisschen von allem. Er hat ein gutes Gespür für den Raum, kann seine Mitspieler einsetzen und selbst abschließen. Er hat eine unglaubliche Auffassungsgabe. Manchmal frage ich mich, ob er auch hinten Augen hat", beschreibt Eriksson seinen Spielmacher.

Der Coach schreckt selbst vor Vergleichen mit den ganz Großen nicht zurück: "Ich habe in der Vergangenheit mit mehreren Kreativspielern der Spitzenklasse gearbeitet - Spieler wie Baggio oder Mancini - und er ist mit ihnen auf Augenhöhe."

Auch Elano selbst ist von seiner neuen Umgebung absolut angetan. "Manchester City war die Antwort auf meine Gebete. Und Herr Eriksson ist sogar noch besser, als ich dachte", sagt der Brasilianer. Davon dürften mittlerweile auch die Fans überzeugt sein.

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