Balzen um die Herzdame

Von Florian Bogner
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© Getty

München - Zwei Wochen nach dem Fiasko von Wembley hat der englische Fußball-Verband FA immer noch keinen heißen Kandidaten auf den Trainerposten. Der Blätterwald raschelt unruhig, der ein oder andere Coach bringt sich ins Gespräch - ein klarer Favorit ist aber noch nicht gefunden.

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Jose Mourinho ist einer der ersten, der nun offen mit dem Job kokettiert - wenn auch nur über seinen Berater und das eher defensiv. Mourinho wäre laut seinem Berater Eladio Paremes "sehr geehrt", sollte die FA ihm die Nachfolge von Steve McClaren anvertrauen.

Steve McClarens Ex-Job ist für arbeitslose Trainer momentan ohne Zweifel die schönste Braut auf dem Markt. Mourinho wäre wohl gerne der Kavalier, der England wieder neuen Glanz verleiht. Aber einfach ansprechen und mitnehmen, ist nicht der Weg, wie man die Herzdame für sich gewinnt.

Der Vater der Braut, Fußball-Präsident Brian Barwick, hat nämlich angekündigt, sein liebstes Kind nicht ohne reifliche Überlegung neu zu versprechen. Deswegen lässt sich Mourinhos Balzen und Werben sehr vorsichtig an.

"Er liebt den englischen Fußball"

Parames verkündete am Montag, der Job des Nationalcoaches wäre "eine große Ehre" für seinen Klienten. "Er liebt den englischen Fußball, die Menschen, das Land und die Spieler", so Parames.

Auf der anderen Seite wolle sich Mourinho aber nicht plump anbieten - "die Hand heben und winken, um Aufmerksamkeit zu bekommen" wäre nicht Mourinhos Ding. Vielmehr habe der Portugiese laut Zeitungsberichten bereits im Stillen ein Portfolio zusammengestellt, das er der FA vorstellen will, sobald man sich bei ihm meldet.

Dieses Konzept soll unter anderem den Wunsch nach engerer Zusammenarbeit mit den Trainern der Premier-League-Klubs, sowie eine Neustrukturierung von Fußball-Schulen in England beinhalten. Die FA hat sich jedoch noch weitere Bedenkzeit erbeten und will erst in den nächsten Wochen, vielleicht aber auch erst im neuen Jahr, eine Entscheidung treffen.

FA holt sich Rat ein

Wie der "Guardian" berichtet, hat sich der Kreis der von der FA in Betracht gezogenen Anwärter auf vier reduziert. Die englische Zeitung benennt Jürgen Klinsmann und Ex-Real-Coach Fabio Capello weiterhin als Mourinhos ärgste Widersacher.

Nummer vier ist Aston-Villa-Coach Martin O'Neill, obwohl er schon zweimal sein Desinteresse an der Rolle des nationalen Retters bekundet hatte. Felipe Scolari und Marcello Lippi werden nur Außenseiterchancen eingeräumt.

Passt Mourinho zu England?

In der englischen Öffentlichkeit wird Mourinho derweil kontrovers diskutiert. Fachlich ist der 44-Jährige unumstritten, dafür schlägt er abseits des Platzes gerne mal verbal über die Stränge. Ob das zum konservativen England passt?

"Guardian"-Kolumnist Richard Williams schreibt stellvertretend: "Seine drei Jahre an der Stamford Bridge wurden dadurch gekennzeichnet, dass er die Angewohnheit hatte, immer wieder mit nur geringer oder gar keiner Rechtfertigung gegen irgendwen loszuschießen. Zieht man das in Betracht, könnten Barwick und die FA eine Liaison mit so einem explosiven Charakter sehr schnell bereuen."

Robson spricht sich für Mourinho aus

Die Verantwortlichen der FA tun derweil gut daran, nicht im stillen Kämmerlein zu grübeln, wer wohl der Richtige wäre, sondern sich Rat bei anderen Größen des britischen Fußballs einzuholen.

Trevor Brooking, Fußball-Direktor bei der FA, traf sich am Wochenende mit Manchester-Coach Alex Ferguson, um sich dessen Sicht der Dinge anzuhören. Mourinhos Problem: Ferguson gilt nicht als der allerbeste Freund des Portugiesen.

Dafür hat Mourinho in Sir Bobby Robson, der auch von der FA kontaktiert wurde, einen prominenten Fürsprecher. Der Ex-Nationalcoach, der England 1990 bis ins WM-Halbfinale führte, lobte den Portugiesen am Montag in einer Zeitungskolumne in den höchsten Tönen.

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