Steven Gerrard bei den Rangers: Chance und Risiko auf dem Weg zu Klopps Nachfolge

Von Christoph Franz
Der Trainerjob bei den Glasgow Rangers scheint der logische nächste Schritt in der Karriere von Steven Gerrard zu sein.
© getty

Der Trainerjob bei den Glasgow Rangers scheint der logische nächste Schritt in der Karriere von Liverpool-Legende Steven Gerrard zu sein. Bei den Reds wünscht sich jeder, dass "Captain Fantastic" früher oder später das Traineramt übernimmt - sogar der aktuelle Amtsinhaber Jürgen Klopp selbst. Auf dem Weg dorthin ist der Posten in Schottland eine Chance, die allerdings auch Risiken birgt.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

703 Spiele, elf Titel, einmal Fußballer des Jahres in England und einmal sogar in Europa. Die Geschichte von Steven Gerrard beim FC Liverpool ist die eines Engländers, der bei einem großen Traditionsverein Erfolge über fast zwei Jahrzehnte feierte und einen Legendenstatus einnimmt.

Doch die Geschichte Gerrards an der Anfield Road scheint noch längst nicht zu Ende erzählt. Dafür gibt es zu viele Perspektiven. Und Träume.

Jürgen Klopp über Gerrard als möglichen Nachfolger: "Würde es lieben"

In Liverpool träumt jeder Fan davon, dass "Captain Fantastic" eines Tages den Trainerposten übernimmt. Dabei könnte vor allem das Verhältnis zum aktuellen Coach Jürgen Klopp eine ganz entscheidende Rolle spielen.

Denn selbst der ehemalige BVB-Trainer selbst wünscht sich den 37-Jährigen als Liverpool-Trainer, wie er der Times vor gut einem Jahr verriet: "Ich würde es lieben, wenn er mein Nachfolger wird."

Klopp hatte schon damals absolutes Vertrauen in Gerrard: "Ich habe ihm gesagt, wenn ich gehe oder der Klub mich rausschmeißt, geht es mich natürlich nichts an, wer mein Nachfolger wird, aber ich würde es lieben, wenn er es wäre." Und weiter sagte Klopp: "Die Zukunft dieses Klubs braucht Legenden wie Steven Gerrard in verantwortlichen Positionen." Ein klares Plädoyer.

Nach seinem Karriereende Ende 2016 hatte Gerrard einige Job-Angebote als Trainer eines Premier-League-Klubs. Doch Gerrard als Coach eines englischen Vereins, der nicht Liverpool heißt? Unvorstellbar. Auch für ihn: "Ich denke, es wäre ziemlich blöd und unreif gewesen, wenn ich einen Job angenommen hätte, für den ich gar nicht bereit war. Ich bin noch nicht bereit für den Job, den ich unbedingt will", sagte er in einem Interview mit BT Sport.

Dass dieser Job der Trainerposten beim FC Liverpool sein soll, stand nie zur Diskussion.

Steven Gerrard: Klopp ist wie Goldstaub

Es war also der logische nächste Schritt, als Gerrard im Januar 2017 einen Trainerjob in der Jugendakademie der Reds übernahm. Nur wenige Monate später coachte er die U18, brachte sie in der aktuellen Saison bis ins Viertelfinale der UEFA Youth League und führte das Team auf Platz drei der U18-Premier-League. "Es war von Anfang an die richtige Entscheidung", sagte Gerrard in einem Interview mit dem Klub-TV der Reds.

Doch das war nicht allein sein Verdienst. Klopp stand dem neuen Jugendcoach mit Rat und Tat zur Seite. "Ich habe oft zum Telefon gegriffen oder ihm im Trainingszentrum in Melwood Fragen gestellt. Für mich ist das wie Goldstaub - ein absoluter Glücksfall", sagte Gerrard über seinen Mentor.

Klopp zeigte sich ebenfalls begeistert: "Ich bin wirklich froh, dass Steven Spaß an der Sache hat. Denn es passiert nicht oft, dass ein Spieler seiner Klasse auf diesem Level beginnt."

Seitdem ist ein Jahr vergangen. Und der 37-Jährige fühlt sich bereit für seinen ersten Job als Cheftrainer einer Profimannschaft. Der Engländer unterschrieb einen Vierjahresvertrag bei den Glasgow Rangers, wo er ab Sommer das Ziel verfolgt, die große Lücke zum Stadtrivalen Celtic zu verkleinern. Der Trainerposten in Schottland ist für "Captain Fantastic" Chance und Risiko zugleich.

Glasgow Rangers: Zuschauerrekord in der vierten Liga

Die Rangers sind - ähnlich wie Liverpool - ein traditionsreicher Verein mit einer enormen Fanbase. Ein Umfeld, auf das sich jemand wie Gerrard einlassen kann. Mit dem er sich identifizieren kann.

Auf den ersten Blick ergibt die Ehe für beide Seiten Sinn. Gerrard kann in einem Klub mit hohem Identifikationspotenzial Erfahrungen sammeln und sich die Sporen für größere Aufgaben verdienen. Im Gegenzug bringt er Glamour und Persönlichkeit in den Ibrox Park. Für den schottischen Fußball ist die Verpflichtung ein dickes Ausrufezeichen.

Sogar der ehemalige Celtic-Stürmer Chris Sutton freut sich über das neue Gesicht bei den Rangers. In einem Interview mit BBC sagte er: "Es ist großartig für den Schottland, um das Profil noch mehr zu erhöhen. Der schottische Fußball ist ohnehin auf dem Vormarsch und Steven ist für diese Entwicklung ein Motor."

Gerrards Strahlkraft alleine verschafft ihm großen Respekt bei seinen Spielern, den Fans und natürlich auch bei den gegnerischen Teams.

Steven Gerrards Titel beim FC Liverpool

TitelSaison
Englischer Pokalsieger2001, 2006
Englischer Ligapokalsieger2001, 2003, 2012
Englischer Superpokalsieger2002, 2007
Champions-League-Sieger2005
UEFA-Cup-Sieger2001
UEFA-Supercup-Sieger2002, 2006
Europas Fußballer des Jahres2005
Englands Fußballer des Jahres2009

Gerrard muss mit hohen Erwartungen kämpfen

Doch der Engländer bremst die Erwartungen: "Der Name auf deinem Trikot kann auch zu einem Problem werden. Nur weil du ein guter Spieler warst, heißt es nicht automatisch, dass du auch ein guter Trainer wirst", sagte er BT Sport.

Das Problem: Da machen die Fans nicht mit. Die Erwartungshaltung bei den Schotten ist groß, was auch am Stadtrivalen Celtic liegt. Die Grün-Weißen sind nun zum siebten Mal in Folge Meister geworden, gewannen das jüngste Old Firm mit 5:0 und sind seit sechs Jahren gegen die Rangers ungeschlagen. Dennoch wollen die Rangers endlich wieder Meister werden.

"Es ist in Ordnung, dass die Leute sagen, er kommt und verbessert die Rangers. Er mag das gut machen, aber die Fans wollen um jeden Preis vor Celtic landen. Die Entwicklung ist da zweitrangig. Zweiter zu sein, ist nicht gut genug und das ist das größte Problem", sagte Sutton.

Die Aufgabe ist riesig und ein Scheitern angesichts dessen, dass bereits der zweite Platz als ein solches angesehen würde, nicht unwahrscheinlich. Zumal bei den Rangers in den vergangenen Jahren nicht selten Unruhe herrschte.

Klopp und Gerrard haben beide Vertrag bis 2022

Doch gutes Abschneiden hin oder her - ändert das überhaupt etwas an Gerrards Jobaussichten an der Anfield Road? Mark Lawrenson, einst Innenverteidiger bei Liverpool, sagte zu BBC: "Es gibt keinen perfekten Job. Selbst wenn man der beste Trainer der Welt ist, besteht ein gewisses Risiko." Und weiter: "Die Leute werden natürlich in Zukunft über den Job in Liverpool reden. Wenn er irgendwohin geht und es nicht klappt, wird man sich das schon zurechtbiegen."

Heißt: Egal was Gerrard bei den Rangers macht, der Trainerposten bei den Reds wird immer für ihn reserviert sein. Klopps Vertrag in Liverpool läuft noch bis 2022 - genauso lang wie der von Gerrard in Schottland.

Vielleicht geht dann der Traum des Deutschen vom perfekten Nachfolger in Erfüllung...

Artikel und Videos zum Thema