Menotti kritisiert argentinischen Fußball

SID
Cesar Luis Menotti äußert sich zum Fußball in Argentinien
© getty

Weltmeistertrainer Cesar Luis Menotti hat die Strukturen des argentinischen Fußballs scharf kritisiert. "Wir stecken in einer sehr tiefen Krise", sagte der 78-Jährige im Gespräch mit dem Deutschlandfunk: "Hier herrscht das Chaos, die wirtschaftliche Situation ist sehr schwierig und komplex. Der junge Fußballer hat hier nicht die Möglichkeit, sich zu entwickeln wie noch in anderen Zeiten."

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Menotti, der Argentinien 1978 im eigenen Land zum Weltmeistertitel geführt hatte, kritisierte vor allem die tiefgreifende Dekulturalisierung: "Heute träumt der junge Fußballer hier nicht mehr davon, in seinem Verein Karriere zu machen, sondern er träumt eher davon, nach Europa zu gehen." Dabei würde die Mehrheit der Spieler ihren Stil verlieren und in ihrem Spiel "mehr europäisch wirken".

Außerdem stellte Menotti dem nationalen Verband AFA ein vernichtendes Zeugnis aus: "Wenn es so weiter geht wie bisher, dann geht die AFA weiter unter. Denn es gibt keine ernsthafte Debatte, und das Engagement des Staates war immer politisch, nie kulturell orientiert." Nach dem Tod des ehemaligen Präsidenten Julio Grondona gebe es überhaupt keine Grundlage mehr: "Sie haben nicht mal den Mut, wenigstens eine ehrenamtliche Führung zu installieren", sagte Menotti.

Nach dem Tod Grondonas wurde im Dezember 2015 die Wahl des Nachfolgers für ungültig erklärt, weil es mehr abgegebene Stimmen als wahlberechtigte Delegierte gegeben hatte. Im Juni 2016 setzte der Weltverband FIFA ein Normalisierungskomitee ein, das seitdem die Geschäfte des AFA führt, die Verbandsstatuten überarbeitet und an die geltenden FIFA-Standards angleicht. Das Mandat des Komitees endet am 30. Juni. Ein neuer AFA-Präsident wird bereits zuvor am 28. April gewählt.

Grondona war während seiner Amtszeit als Präsident der AFA von 1979 bis zu seinem Tod im Jahre 2014 mehrfach mit Korruptionsaffären und anderen Skandalen in Verbindung gebracht worden. "Er hat überhaupt nichts hinterlassen", sagte Menotti, "seine Führung war derart individualistisch, er hat gemacht, was er wollte, sehr fähig, aber natürlich in Komplizenschaft mit einer korrupten FIFA, mit Havelange und all seinen großen Geschäften, und jenseits von all jenen Sektoren, die wirklich irgendwelche Werte gehabt hätten."

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