138 Augen auf Alex

Von Felix Keil
Alexander Isak steht im Fokus von Borussia Dortmund
© imago

Alexander Isak vom AIK Solna ist Schwedens größte Nachwuchshoffnung. Den meisten ist der 17-Jährige mit eritreischen Eltern nur unter "der neue Ibrahimovic" bekannt. Tatsächlich ist halb Europa hinter dem Mittelstürmer her. Am liebsten würde er wohl für immer in Stockholm bleiben - doch ein Wechsel ist bloß eine Frage der Zeit.

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In der heutigen Zeit bleibt kaum ein Talent unentdeckt. Den immer moderner werdenden Scouting-Systemen ist zu verdanken, dass vielversprechende Youngster entdeckt werden, auch wenn sie auf der anderen Seite der Weltkugel kicken. Das Positive daran ist, dass den großen Vereinen so gut wie kein Hochbegabter durch die Lappen geht.

Doch dieses Schwert ist zweischneidig: Fast täglich gibt es Meldungen zu vermeintlichen Wunderkindern. Die Werdegänge der neuen Lionel Messis oder Cristiano Ronaldos sehen oft gleich aus: Man wird entdeckt, zu einem großen Verein transferiert und verschmort dann auf der Bank. Die Gründe sind absurd hohe Ablösesummen und damit verbundene Erwartungshaltungen, die niemand erfüllen kann. Das bekannteste Beispiel dafür kommt aus Norwegen und heißt Martin Ödegaard. Als damals 16-Jähriger wechselte er zu Real Madrid, spielt mittlerweile nur bei der Reserve und soll demnächst wohl abgegeben werden.

Dass es auch anders geht, zeigt ein junger Mann, der ebenfalls Skandinavier ist. Alexander Isak ist 17 Jahre alt und spielt beim Stockholmer Klub AIK Solna - noch. Denn wie der Expressen berichtet, hat der Verein bereits ein Angebot der Königlichen in Höhe von acht Millionen Euro abgelehnt. Angeblich verlangt AIK das Doppelte für ihn.

"Es wird momentan viel über Alexander Isak spekuliert. Wir können zusammenfassen, dass das Interesse groß ist. Mehr können wir dazu aktuell nicht sagen", weiß Sportdirektor Björn Wesström um den Isak-Hype. Und weiter: "Wir hätten Isak schon im Sommer verkaufen können, aber bei uns kann er sich am besten entwickeln. Nur das ist wichtig." Beim Spiel von Solna gegen Göteborg sollen 69 Scouts von verschiedenen Vereinen im Stadion gewesen sein. Andere berichten sogar von 90.

Mt 16 zum ersten Mal im Profi-Kader

Würde man eine Liste mit allen Interessenten führen, man wäre eine Zeit lang beschäftigt. Zu den bekanntesten gehören neben Real auch Paris Saint-Germain, Chelsea, Everton - und der FC Bayern. Chefscout Michael Reschke hat Isak seit Längerem auf dem Zettel. Beim Spiel der schwedischen U17 gegen Polen setzte er seine Kollegen auf den Mittelstürmer an.

Doch wie kommt es überhaupt, dass Isak im großen Trubel um Nachwuchsspieler, der aktuell allgegenwärtig ist, so heraus sticht? Teamkollege und Ex-Bundesliga-Profi Chinedu Obasi gibt einen Erklärungsansatz: "Wenn er nicht abhebt, könnte er der neue Zlatan Ibrahimovic werden."Da ist es wieder, dieses "der neue XY".

Beim 17-Jährigen ist man sich in Stockholm aber besonders sicher. Diese Überzeugung kommt nicht von ungefähr: seitdem er sechs Jahre alt ist, spielt er beim AIK. Er durchlief alle Jugendstationen des Vereins. Besser gesagt: er durchflog sie. Immer wieder übersprang er Jahrgänge und stand schon mit 16 Jahren das erste Mal im Profi-Aufgebot.

Es folgte das Traum-Debüt in der Allsvenskan, bei dem er gegen Östersunds FK direkt traf. Im Pokal-Wettbewerb schrieb er sogar Geschichte: mit 16 Jahren, fünf Monaten und sieben Tagen ist er der jüngste Torschütze des Vereins. Unlängst wurde er zum besten Nachwuchsspieler des Landes gewählt.

Derbysieg als Geburtstagsgeschenk

Sein weiterer Aufstieg hätte auch problemlos die Vorlage für einen Hollywood-Film bilden können. Im Stadtduell gegen Djurgardens IF am 21. September wurde er mit zwei Treffern zum gefeierten Derby-Helden. Und das alles an seinem Geburtstag. Nach dem Spiel sangen ihm die Fans, bei denen er einen guten Stand hat, im Stadion noch ein Ständchen.

Aber reicht all das, um der Nachfolger des größten Fußballers Schwedens zu werden? Sieht man Isak spielen, kommt man schnell in die Verlegenheit, die Frage zu bejahen. Mit 1,90 Meter ist er ähnlich groß wie Zlatan. Auch das Auftreten auf dem Platz lässt Vergleiche zwischen den beiden zu. Auch eine Torgefahr ist unbestritten: bei 24 Spielen in der letzten Saison traf er zehn Mal.

Trotz seiner Größe ist er technisch unglaublich stark. Er zieht gerne drei bis vier Gegenspieler auf sich, nur um sie dann mit einer einzigen Finte stehen und wie Anfänger aussehen zu lassen. Obwohl er im Sturm beheimatet ist, lässt er sich gerne in die eigene Hälfte zurückfallen und setzt seine Mannschaftskollegen mit Übersicht clever in Szene. Man darf dabei nie vergessen, dass die Rede von einem 17-Jährigen ist.

Wie wahrscheinlich jeder junge Schwede, verehrt auch er Ibrahimovic. Sein Idol ist aber ein Anderer: Henok Goitom. Die Randdaten von ihm und Isak sind nahezu identisch: Geboren in Solna, eritreische Abstammung, (Ex-)Profi bei AIK. Mittlerweile verdient er sein Geld in den USA. Als er in Solna bei den Profis spielte, war Isak noch in der Ausbildung. Durch die vielen Gemeinsamkeiten entwickelte er sich schnell zum Vorbild des heute 17-Jährigen.

"Es ist schwer, das nicht mitzubekommen"

Neben der Verbundenheit zu seinen familiären Wurzeln, ist er bei seinen Kollegen für seine Bescheidenheit bekannt. "Er ist eine nette Person. Ich hoffe, er bleibt so cool", sagt auch Obasi. Das Aftonbladet beschrieb seine Antworten in einem Interview als "nachdenklich". Zum Trubel um seine Person sagte er nur: "Es ist schwer, das nicht mitzubekommen." Alles Weitere lässt er unkommentiert. Arrogant geht anders.

Ob er auch seinem Verein weiter verbunden bleiben wird, darf bezweifelt werden. "Am liebsten würde ich bei AIK spielen, aber es kann alles passieren", weiß er um das schnelllebige Geschäft. An Transfer-Möglichkeiten mangelt es jedenfalls nicht.

Würde AIK so viel Geld für Isak bekommen, wie es fordert, wäre er der teuerste Spieler der Allsvenskan aller Zeiten. Sein Vorgänger: Zlatan Ibrahimovic, der ihn bei Juventus und PSG empfohlen haben soll.

Seit Neuestem ist Isak neben Sport-Stars wie Gareth Bale, James Harden oder Simona Halep Gesicht einer Adidas-Werbekampagne. Am Ende eines Werbevideos steht er an einem Flughafen vor einem "Departure"-Schild. Wann und wohin er den Abflug macht - er kann es sich im Prinzip aussuchen.

Alexander Isak im Steckbrief