"Red Bull agiert nun als normaler Hauptsponsor"

Von Interview: Robert Arndt
Jochen Sauer ist Geschäftsführer bei Red Bull Salzburg
© imago
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SPOX: Der Transfer von Bernardo kurz vor Transferschluss hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Wie sehen Sie die Berichterstattung dazu? Ist das nach Ihrem Geschmack zu kritisch?

Sauer: Ich kann die emotionale Reaktion der Öffentlichkeit und der Fans teilweise auch nachvollziehen. Nach außen hat es vielleicht nicht glücklich gewirkt. Allerdings sind die Meisten zu weit weg, um dies vernünftig zu beurteilen. Wenn man es aber ganz nüchtern betrachtet, ist es nicht ungewöhnlich, dass innerhalb der letzten drei, vier Transfertage viel passiert auf dem europäischen Spielermarkt. Wir haben auch Martin Hinteregger noch kurz vor Schluss abgegeben, was relativ spontan geschehen ist.

SPOX: Er sollte bleiben?

Sauer: Wir haben eigentlich mit ihm weiter gerechnet, weil der Spieler zunächst auch nichts Gegenteiliges verlautbart hatte. Das Gleiche ist dann auch bei Bernardo passiert. Nicht nur RB Leipzig war an ihm interessiert, sondern er hatte auch zwei andere Angebote. Er wollte aber die Chance wahrnehmen, in die deutsche Bundesliga zu wechseln. So etwas passiert immer wieder. Es ist unsere Philosophie, junge Spieler weiterzuentwickeln, und dann müssen wir uns auch darauf einstellen, dass sie den nächsten Schritt machen werden. Wir haben darauf dann reagiert. Es war im Prinzip der gleiche Ablauf, nur dass ein Spieler nach Leipzig und einer nach Augsburg gewechselt ist.

SPOX: Es waren nicht nur Medien, sondern Beteiligte wie Hinteregger, der behauptete, dass Salzburg systematisch kaputt gemacht wird.

Sauer: Die Aussagen von Hinteregger sind sicherlich aus einer Emotion getroffen worden, aber er kennt eben auch nicht die Details der Vereinsausrichtung. Jeder kann für sich die Entscheidung treffen, ob und wohin er wechseln möchte. Vor einer Entscheidung stehen aber auch wir, auch wenn der Spieler einen laufenden Vertrag hat. In den letzten Jahren haben wir gezeigt, dass wir Spielern keine Steine in den Weg legen wollen, wenn sie eine Entwicklungschance haben. In unserer Liga macht das keinen Sinn. Wir haben es einmal mit Mane versucht, ihn zu überzeugen, noch ein paar Wochen zu warten und das ist schief gegangen. Wenn wir also einen Spieler nicht überzeugen können, sich hier weiterzuentwickeln, dann lassen wir den Spieler unter angemessenen wirtschaftlichen Bedingungen gehen. Hinteregger kann auch nicht beurteilen, welche anderen Angebote verschiedene Spieler hatten.

SPOX: Dennoch wechselte zuletzt ein Großteil davon nach Leipzig.

Sauer: Ich glaube, das muss man ein wenig korrigieren. Seit 2012 haben uns circa 27 Spieler verlassen, die eine gewisse Rolle gespielt haben, und nur acht, neun Akteure sind nach Leipzig gewechselt. Vor allem Stammspieler wie Sadio Mane, Kevin Kampl, Martin Hinteregger oder Andre Ramalho sind zu anderen Vereinen gegangen.

SPOX: Aber das war zu einer Zeit, als es in Leipzig noch keinen Bundesliga-Fußball gab. Wären die Sachsen früher in die erste Liga aufgestiegen, wären diese Spieler dann auch in Leipzig?

Sauer: Das ist im Nachhinein nicht seriös zu beantworten. Die Spieler hatten zu diesem Zeitpunkt Angebote, die für sie attraktiver waren.

SPOX: Ihr ehemaliger Trainer Adi Hütter hatte im vergangenen Jahr gesagt, dass er kein Ausbildungstrainer sein möchte. Und selbst Ihr jetziger Coach Oscar Garcia sprach von Liefering A und B.

Sauer: Ich kann die emotionale Reaktion von Oscar Garcia verstehen, wenn er einen guten Spieler verliert. Zu diesem Zeitpunkt war dann auch schon recht wahrscheinlich, dass Martin Hinteregger uns auch verlassen wird. Da habe ich auch Verständnis. Aber er weiß von unserer Situation und den Rahmenbedingungen hier und dass wir in Österreich immer wieder Spieler verlieren werden. Wir versuchen uns weiterzuentwickeln und schauen, wie wir den Standort für junge Talente attraktiv gestalten. Wir können nicht mit den großen sechs, sieben Ligen mithalten. Daran wird sich auch nichts ändern, egal ob es RB Leipzig gibt oder nicht.

SPOX: Welche Rolle wollen Sie in Österreich spielen? Zuletzt hörte man Aussagen, dass selbst eine Meisterschaft nicht mehr Pflicht ist.

Sauer: Das haben wir bereits dementiert. Es gab eine Aussage von meinem Partner Christoph Freund bei einem Spiel, wo er sagte, dass man nicht davon ausgehen kann, in jedem Jahr den Titel zu holen. Er wollte damit sagen, dass es in der Öffentlichkeit nicht als Selbstverständlichkeit abgetan werden sollte, dass wir jedes Jahr Meister werden. Vor allem mit dem Hintergrund, dass uns Jahr für Jahr Spieler verlassen werden.

SPOX: Aber der Titel darf es schon sein?

Sauer: Natürlich. Wir wollen jedes Jahr Meister und Cupsieger werden, in Österreich dominieren und auch in der Europa League eine gute Rolle spielen. Die Champions League ist natürlich ein Traum, aber wir müssen realistisch bleiben. Wir geben natürlich alles, um das zu verwirklichen, aber dies als realistisches Ziel auszugeben, ist mehr als vermessen.

SPOX: In einem Interview erwähnten Sie, dass im vergangenen Sommer Satzungsänderungen durchgeführt und gewisse Sonderrechte des Sponsors gestrichen wurden. Was kann man sich darunter vorstellen?

Sauer: Früher hatte Red Bull verschiedene Privilegien, wenn es um die Besetzung und Benennung des Vorstandes ging. Sie konnten natürlich auch mitgestalten, wenn es um andere Sponsoren ging oder die Gestaltung der Trikotfarben oder des Vereinslogos. Mit der neuen Satzung agiert Red Bull nun als normaler Hauptsponsor.

SPOX: Geschah dies auch mit dem Hintergrund einer möglichen Europapokal-Teilnahme? Schließlich dürfen zwei Vereine mit gleicher Führung nicht im gleichen Wettbewerb spielen.

Sauer: Natürlich gibt es die Regelung der Wettbewerbs-Integrität seitens der UEFA und natürlich ging es da auch um den Einfluss des Sponsors.

SPOX: Dürften Sie denn Stand jetzt spielen?

Sauer: Aus unserer Sicht auf jeden Fall. Red Bull ist bei uns Sponsor und hat keinen Einfluss auf unser Tagesgeschäft. Deswegen machen wir uns da keine Sorgen.

SPOX: Im Mai wurden Sie mit dem VfB Stuttgart als neuer Sportdirektor in Verbindung gebracht. Inwieweit war da etwas dran?

Sauer: Ich war da selber überrascht und konnte mir gar nicht erklären, woher dieses Gerücht überhaupt kam, vor allem in dieser Vehemenz. Ich kann da auch nur spekulieren und glaube, dass das nicht aus der Luft gegriffen war und mein Name vielleicht da und dort diskutiert wurde.

SPOX: Könnten Sie sich prinzipiell vorstellen, noch einmal in die Bundesliga in einer führenden Position zurückzukehren? Zum Beispiel als Nachfolger von Ralf Rangnick?

Sauer: Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich bin jetzt seit vier Jahren in Salzburg und fühle mich hier unglaublich wohl. Ich habe hier auch noch einen laufenden Vertrag. Im Fußball kann aber viel passieren. Ich habe lange in der deutschen Bundesliga gearbeitet. Deswegen ist das immer eine Option. Allerdings lebt meine Familie hier gerne und ich arbeite für einen Verein, der ähnlich gut strukturiert ist wie ein Klub in der deutschen Bundesliga und wir spielen regelmäßig europäisch, aber was in der Zukunft kommt, kann ich nicht sagen.

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