"Krebs hat sich nicht so schlimm angefühlt"

Von Interview: Alexander Hagl
Stefan Thesker erzielte einen Doppelpack bei seinem Comeback
© imago

Krebs-Diagnose, märchenhaftes Comeback und Ausraster im Nürnberger Nachtleben. Im letzten Jahr ging Stefan Thesker durch ein Wechselbad der Gefühle. Nach Stationen bei Hannover 96, 1899 Hoffenheim und Greuther Fürth schaffte er nun bei Twente Enschede den Durchbruch, obwohl ihn zu Beginn des Jahres ein schwerer Schicksalsschlag zurückwarf. Im Interview mit SPOX spricht er über seine Krebserkrankung, seine neue und zugleich auch alte sportlichen Heimat und die Discoaffäre.

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SPOX: Herr Thesker, in der laufenden Saison standen Sie in allen vier Ligaspielen für Twente auf dem Platz. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn im Januar wurde bei Ihnen Hodenkrebs diagnostiziert. Daher die wichtigste Frage vorneweg: Wie geht es Ihnen?

Stefan Thesker: Man kann noch nicht sagen, dass ich die Krankheit komplett überwunden habe. In den ersten zwei Jahren besteht noch die Gefahr, dass sie zurückkehrt. Aber die Ergebnisse der Kontrolluntersuchungen sind alle positiv und ich merke auch nichts mehr.

SPOX: Die Diagnose kam aus dem Nichts. Wie sind Sie mit dieser Hiobsbotschaft umgegangen?

Thesker: Es ging alles so schnell, dass ich eigentlich gar keine Zeit hatte zu hadern. Zwischen der Diagnose und der OP lagen auch nur zwei Tage. Da ich keine Chemotherapie machen musste und nach sieben Wochen schon wieder Fußball spielen durfte, war mein Leben nicht so eingeschränkt, wie man das vielleicht von außen annehmen würde. Aber natürlich war der Schock groß, hinzu kommt die Unsicherheit, wie schlimm es denn tatsächlich ist - das ist schon enorm belastend. Diese Erfahrung will ich nicht noch mal durchmachen. Während meiner Krankheit hat mir der Fußball mental den Rücken gestärkt und mich aufgebaut. Zum Glück musste ich keine monatelange sportliche Pause überbrücken, dadurch hat es sich nicht so schlimm angefühlt, wie es eigentlich war.

SPOX: Die Anteilnahme an Ihrem Schicksal in Ihrem Umfeld war groß und auch Ihre Mitspieler haben sich solidarisch gezeigt. Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie gesehen haben, dass sie extra für Sie T-Shirts anfertigen ließen?

Thesker: Diese T-Shirts haben mir bei meiner Genesung geholfen. Ich bin ein positiver Mensch und versuche immer, optimistisch zu denken. Solche Gesten helfen dabei ungemein und haben mir neue Kraft gegeben. Mich hat es besonders gefreut, dass auch meine ehemaligen Weggefährten aus Fürth, wo ich gerade weggegangen war, an mich gedacht haben. Sie haben die Aktion selbst organisiert und die Aktion war komplett ehrlich gemeint.

SPOX: Ihr Comeback kurze Zeit später mutet fast wie ein Märchen an. Nach Ihrer Einwechslung erzielten Sie zwei Tore und sicherten damit das Unentschieden...

Thesker: ...das kann man wirklich nicht beschreiben. Ich bin ohne Erwartungen zum Spiel gefahren, weil ich wusste, dass ich nicht von Anfang an spielen werde. Und auf einmal passiert so etwas schier Unglaubliches. Wir haben zu Hause gespielt, fast ausverkauft, meine Familie saß auf den Rängen. Super Gegner. Flutlicht. Comeback nach so einer Krankheitsgeschichte. Es war alles angerichtet und dann schieße ich auch noch zwei Tore, die ich so wahrscheinlich nie wieder machen werde. Die Reaktion der Fans war überragend und hat mich tief bewegt. Die Emotionen, die ich an diesem Tag gespürt habe, waren uferlos. Als ich nach der Partie vom Stadion nach Hause gefahren bin, habe ich nur gedacht: 'Das war einfach der krasseste Abend, den ich in meinem fußballerischen Leben bis jetzt hatte.'

SPOX: Wie wichtig ist so ein positives Erlebnis nach so einem gesundheitlichen Rückschlag?

Thesker: Dass nach dieser negativen Erfahrung so schnell wieder etwas Positives kommt, macht diese die Leidenszeit zumindest ein bisschen wieder wett.

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