"Werde meinen Dialekt nie wegkriegen"

Carsten Jancker arbeitet seit 2010 als Trainer beim SK Rapid
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SPOX: Durch die irrwitzigen Transfersummen rückte die chinesische Liga zuletzt in den medialen Fokus. Zum Ende Ihrer aktiven Karriere haben Sie auch dort gespielt. Wie haben Sie das Land und den Fußball in China erlebt?

Jancker: Das ist eine andere Welt. Ich habe in Shanghai gespielt, einer 20-Millionen-Metropole. Im Rückblick würde ich aber sagen: Ich weiß nicht, ob ich das nochmal machen würde. Das war keine gute Zeit für mich. Ich war dort alleine, weil ich die Familie nicht für sechs Monate aus dem gewohnten Umfeld reißen wollte. Es ging mir auch nicht darum, die Kultur kennenzulernen; ich war 32 Jahre alt und wollte noch einmal einen gutdotierten Vertrag wahrnehmen.

SPOX: Würden Sie einem Spieler heute zu einem Wechsel nach China raten?

Jancker: Das muss jeder für sich entscheiden. Anscheinend haben die dort Großes vor, aber sportlich ist das mit den europäischen Ligen natürlich nicht vergleichbar. Jetzt im Winter sind aber viele sehr gute und vor allem verhältnismäßig junge Spieler hingegangen. Sie hatten aber wahrscheinlich auch Angebote, die sie einfach nicht ausschlagen konnten.

SPOX: Sie waren ein klassischer Stoßstürmer. In den vergangenen Jahren wurde die falsche Neun immer beliebter. Denken Sie, der Stürmertyp, den Sie einst verkörperten, stirbt bald aus?

Jancker: Wenn man ein guter Spieler ist, dann spielt man - egal welche Statur man hat. Ich würde Leistung nie von Größe abhängig machen, und übrigens auch nicht vom Alter. Es kommt aber immer auch auf die Philosophie des Trainers an. Wenn der auf eine falsche Neun setzt, dann wird er natürlich keinen großen Stürmer holen. Es wird aber auch immer Trainer geben, die auf solche Spielertypen zurückgreifen wollen.

SPOX: Österreich hat sich erstmals für eine Europameisterschaft qualifiziert, die Euphorie um das Nationalteam ist enorm. Woher kommt dieser Aufschwung?

Jancker: Wir haben hier eine sehr gute Nachwuchsarbeit, die sich auch international gesehen auf hohem Niveau bewegt. Und langsam trägt das Früchte. Viele Österreicher haben sich in ausländischen Topligen durchgesetzt und sind Stammspieler.

SPOX: Reicht die österreichische Liga nicht aus, um sich für die Nationalmannschaft zu empfehlen?

Jancker: Das sieht im Moment so aus, aber ich denke, dass man sich auch mit sehr guten und konstanten Leistungen in der österreichischen Liga empfehlen kann. Das Ziel eines jeden ambitionierten, jungen Österreichers ist es aber natürlich, einmal in einer großen, europäischen Liga zu spielen.

SPOX: Inwieweit strahlt die Euphorie um das Nationalteam auf die österreichischen Vereine ab?

Jancker: Die Erfolge des Nationalteams bringen natürlich auch die Vereinsmannschaften mehr in den Fokus; für Begeisterung müssen die Klubs mit guten Leistungen aber selbst sorgen. Ich denke aber schon, dass sich Leute, die eigentlich nicht so fußballaffin sind, von der Euphorie ums Nationalteam anstecken lassen und deshalb womöglich auch zu Ligaspielen gehen. Wir bei Rapid haben diesbezüglich aber am wenigsten Sorgen, weil wir ohnehin immer die höchsten Zuschauerzahlen haben.

SPOX: Zum Abschluss: Wie schneiden Österreich und Deutschland bei der Europameisterschaft ab?

Jancker: Ich hoffe, dass Österreich die Vorrunde übersteht. Bei Deutschland glaube ich an eine Finalteilnahme.

SPOX: Und wenn dann Österreich auf Deutschland trifft...

Jancker: ... dann drücke ich Deutschland die Daumen.

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