"Und du sei still, du spielst Karten"

Von Oliver Birkner / Florian Schimak
Ziemlich beste Freunde: Kartenspieler Totti (l.) und Ex-patholigsicher Spieler Spalletti
© getty

Während sich in Italien eine Fortsetzung der Independent-Film-Sensation "Ziemlich beste Freunde" abzeichnete und sich zudem Gennaro Gattuso selbst vom Platz stellte, hatten die Engländer ganz andere Probleme. Im Spiel von Leicester gegen West Ham hielt der europäische Fußball Einzug in die Premier League. Und in LaLiga? Das ist schlichtweg der Fiskus an der größten Krise des FC Barcelona seit Menschengedenken verantwortlich.

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Serie A

von Oliver Birkner

Kartenspiel des Spieltags: Zum Vorspiel ein bisschen Flipper im Sechzehner, dann eine rechte Klebe und ab zum Daumenlutscher. So sah Francesco Tottis Karrieretor Nummer 301 im 753. Einsatz für die Roma im Zeitraffer aus. Der Capitano hockte zunächst mal wieder 78 Minuten auf der Bank, ehe er zum 3:3-Ausgleich bei Atalanta traf (85.). Zuvor hatte der 39-Jährige die 2:0-Führung seines Teams erlebt, dann drei Gegentreffer und zur Beilage gefühlte 24 Großchancen, die Edin Dzeko vergab. Auf der Reise von Manchester nach Rom muss sich der Bosnier offensichtlich irgendwo rüde den Kopf gestoßen haben, anders lässt sich seine fatale Strafraum-Amnesie nicht mehr erklären.

Coach Luciano Spalletti hätte wegen des dürftigen Remis am liebsten alle seiner Untertanen durchgeschüttelt und fauchte in der Kabine: "Ihr gewinnt nie einen Titel, weil ihr seit zehn Jahren einen absoluten Scheiß zusammenkickt." Totti wagte zu widersprechen und erfuhr prompt den nächsten Donnerhagel: "Und du sei still - spielst bis 2 Uhr morgens dämlich auf dem Zimmer Karten..." Vielleicht Quartett mit Dzeko. In jedem Fall degradierte der Zwist beinahe zum Nahkampf, hätten die Mitspieler nicht eingegriffen. Später notierte Spalletti in die Blöcke: "Totti hat gar nichts gerettet, die Mannschaft hat sich gerettet. Wir haben neun Spiele ohne ihn gewonnen und dieses Tor macht Francesco selbst mit 43 noch. Natürlich hat er in der letzten Partie auch ein Tor vorbereitet - doch mit vier weiteren guten Zuspielen wären es fünf gewesen."

Nein, beide werden künftig sicher keine Humoresken beim Kartenspielen austauschen. Freilich kann man Tottis Einsätze dosieren oder über seinen Wunsch des Weitermachens diskutieren - ihn despektierlich zu behandeln, ist hingegen absolut überflüssig.

TV-Beweis des Spieltags: Da ist er also endlich, der lang ersehnte TV-Beweis. Italien wollte ihn experimentell eigentlich erst in der nächsten Saison bei drei Sonntagkicks einführen, doch Referee Nicola Rizzoli dachte sich offenbar: Na komm, die paar Monate... Den verdutzten Genoa-Coach Gian Piero Gasperini schickte er zum Start der zweiten Hälfte auf die Tribüne, da ja auch die Kameras Gasperinis zu heftiges Protestieren über die Nachspielzeit der ersten Hälfte bewiesen hätten. Solch akribische Aufklärungsarbeit kniffliger Szenen wird uns also bald erfreuen. Man könnte es gewiss auch wie Gennaro Gattuso halten. Der aktuelle Pisa-Trainer hüpfte im toskanischen Derby gegen Pontedera (1:1) über einen nicht gegebenen Elfer dermaßen im Dreieck, dass er nach der Beschwerdetirade mit den Worten "Und jetzt stelle ich mich auch gleich selbst vom Platz, leck mich!" grußlos auf die Tribüne wanderte. Wohl die erste eigenhändig verhängte Rote Karte eines Coaches. Grande Gennaro!

Und sonst? Einige fantastische Tore fielen an diesem 33. Spieltag, doch niemand reichte Andrea Consigli das Wasser. Mit einem Eintrag fürs Fußball-Lehrbuch sah der Sassuolo-Keeper am milden Florenz-Nachmittag verzückt einen Rückpass auf sich zurollen, um ihn dann imposant versiert ins eigene Tor zu schieben. Da behaupte noch jemand, Manuel Neuers Philosophie sei die Zukunft.