Chile schlägt Argentinien nach Krimi

Die Chilenen dürfen erstmals den Titel bejubeln - dazu noch im eigenen Land
© getty

Das Finale der Copa America 2015 zwischen Argentinien und Chile verkommt zum Krimi. Die Teams trennen sich nach 120 Minuten torlos, im Elfmeterschießen behalten die Gastgeber die Nerven und siegen mit 4:1.

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Vor 48.665 Zuschauern im Estadio Nacional Santiago sahen die Fans eine intensive Partie, aber keine Tore. Nach 90 Minuten musste die Verlängerung her, um einen Sieger zu ermitteln.

Als auch die zusätzlichen 30 Minuten keine Erkenntnis lieferten, ging das Spiel ins Elfmeterschießen. Dort behielt Chile die Nerven. Claudio Bravo hielt gegen Ever Banega, Alexis Sanchez versenkte zum 4:1-Endergebnis. Chile feiert damit den ersten Copa-Triumph seiner Geschichte.

Spanischen Medienberichten zufolge musste die Familie von Lionel Messi das Stadion im Laufe der Partie verlassen. Demnach wurden seine Eltern, Freundin Antonella und seine Brüder Rodrigo und Matias tätlich angegriffen und bedroht.

Reaktionen:

Jorge Sampaoli (Trainer Chile): "Das Spiel von Chile war besser als das von Argentinien. Wir hatten die Möglichkeit, eine starke Mannschaft wie sie mit dem Ball zu dominieren, kollektiv anzugreifen und aus einer soliden Abwehr nach vorne zu spielen. Das war eine großartige Partie, wir hätten auch innerhalb der 90 Minuten gewinnen können."

Gerardo Martino (Trainer Argentinien): "Es waren eben zwei Ergebnisse möglich, heute hatten wir es nicht verdient, zu verlieren. Wir müssen selbstbewusst bleiben. Ich sehe nach vorne, diese Spieler haben es auch nach dem WM-Finale gemacht. Wir hatten klare Chancen, die alles hätten verändern können."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Die Chilenen stellen nach dem knappen 2:1-Erfolg über Peru in der Abwehr um. Albornoz und Rojas bleiben auf der Bank, dafür spielen Silva und Beausejour. Bereits im Halbfinale hatte Trainer Jorge Sampaoli diese beiden Positionen neu besetzt, zufrieden war er offenbar nicht.

Gerardo Martino hat bei Argentinien nach dem 6:1-Sieg über Paraguay keinen einzigen Grund gefunden, um seine Startelf zu verändern. Er geht mit den gleichen elf Mann in die Partie, wie schon im Halbfinale.

12.: Chile ist hier die bessere Mannschaft, Romero greift nicht zum ersten Mal ein. Diesmal mit einer Glanztat gegen einen Nachschuss von Vidal aus gut 15 Metern.

20.: Das Spiel ist inzwischen rauer. Ein Freistoß für Argentinien findet fast den Weg ins Tor. Messi zieht aus spitzer, halbrechter Position auf den kurzen Pfosten, Agüero hält den Kopf rein. Bravo ist zur Stelle und verhindert den Rückstand.

23.: Vargas ist nach einem langen Ball an Rojo vorbei. Der Linksverteidiger ist schon mehrfach überspielt worden, wieder spielt es Chile aber zu hektisch. Versuch aus 20 Metern, zentral über das Tor.

29.: Bitter für Argentinien: Di Maria muss vom Platz, seine Verletzung bringt Ezequiel Lavezzi einen Finaleinsatz ein.

33.: Eine flache Flanke von Beausejour landet brandgefährlich am Fünfer. Vidal und Sanchez behindern sich aber gegenseitig, sonst wäre das wohl die Führung gewesen.

45.: Sanchez probiert es im Strafraum aus halblinker Position mit viel Effet auf das lange Eck, Romero packt aber eiskalt zu.

45.: Im Gegenzug hat Lavezzi die vielleicht beste Chance der ersten Halbzeit. Völlig frei scheitert der Mann von PSG aber mit einem enttäuschenden Abschluss an Bravo.

70.: Das Spiel sammelt nun einige Halbchancen, Chile hat in der Intensität merklich nachgelassen, Argentinien ist aber bei weitem nicht zwingend genug. Vidal hat sich derweil weh getan, bzw. Demichelis hat ihm weh getan. Er kann aber nach langer Behandlungspause weiter machen.

82.: Argentinien rückt schlecht raus nach einem Befreiungsschlag. Fernandez überlupft die Abwehr, Sanchez versucht die Direktabnahme völlig frei vor dem Tor. Sein Schuss geht um Haaresbreite am linken Pfosten vorbei.

90+2.: Mann-o-Mann! Messi spielt links auf Lavezzi, der legt quer für Higuain. Für Pipita wird der Winkel zu spitz, mit einer Grätsche schiebt er den Ball Zentimeter am Tor vorbei.

98.: Schöne Kombination über Sanchez und Diaz. Der Hamburger bekommt den Ball aber nicht gleich unter Kontrolle und verzieht dann unter Druck deutlich.

104.: Sanchez geht nach einem Fehler von Mascherano alleine in den argentinischen Strafraum. Weil Jefecito im Vollsprint ankommt, zieht er überhastet ab und schießt über das Tor. Anschließend trifft ihn sein Ex-Teamkollege und verletzt sich dabei selbst.

118.: Mit der Kraft der Verzweiflung hämmert Fernandez einen Ball aus gut 40 Metern Entfernung auf das Tor. Romero kommt raus und faustet die Kugel auf direktem Wege zurück.

Elfmeterschießen:

1:0 Fernandez

1:1 Messi

2:1 Vidal

Higuain schießt über das Tor

3:1 Aranguiz

Bravo hält gegen Banega

4:1 Sanchez

Fazit: Letztlich ein verdienter Sieg für ein starkes Chile. Spielerisch stark, herausragend in der gemeinsamen Arbeit gegen den Ball präsentierten sich die Gastgeber gegen ein auf Messi beschränktes Argentinien.

Der Star des Spiels: Claudio Bravo hatte nicht so viele Aktionen wie sein Gegenüber. Wenn er aber gefordert war, dann reagierte der Barca-Keeper sensationell. Er verhinderte so zum Beispiel den frühen Rückstand durch Agüero. Dazu hielt er gegen Banega und sicherte damit den Copa-Triumph.

Der Flop des Spiels: Gonzalo Higuain klebt das Pech weiter an. Erst versemmelte der eingewechselte Stürmer die riesige Chance, das Spiel doch noch in der regulären Spielzeit zu entscheiden, dann drosch er seinen Elfmeter in den Nachthimmel von Santiago.

Der Schiedsrichter: Wilmar Roldan (Kolumbien) hatte es wie erwartet alles andere als leicht. Zeigte sich dementsprechend großzügig und zeigte die gelben Karten nur langsam - wenn, dann aber richtig. Wurde auch von seinen Assistent in Sachen Abseits gut unterstützt. Die ein oder andere Gelb-Rote Karte wäre jedoch sicher zu rechtfertigen gewesen, vor dem Schlusspfiff hätte Rojo einen Elfmeter bekommen können.

Das fiel auf:

  • Chile übernahm mit dem Anpfiff das Kommando. Die Spieler von Sampaoli ließen den Ball gut in der Defensive zirkulieren und versuchten über einen freien Verteidiger in das Mittelfeld vorzustoßen. Argentinien stand dem etwas ungeordnet gegenüber und zog sich immer weiter zurück.
  • Hervorragend zeigten sich die WM-Gastgeber nach Ballverlusten. Mit drei, vier, bisweilen sogar fünf Spielern wurde sofort Druck hergestellt und meist sofort wieder alles ins Lot gebracht. Bei Ballbesitz Argentinien attackierten Vargas und Sanchez dazu aggressiv - Argentinien hatte nur selten Zeit, um sich zu ordnen.
  • Die Chilenen versuchten und schafften es, immer wieder über die rechte Seite durchzubrechen. Die Schnittstelle zwischen Innenverteidiger Otamendi und Linksverteidiger Rojo ließ sich von Valdivia und Vargas ideal bespielen.
  • Als Argentinien besser in die Partie fand, scheute sich Chile nicht davor, ordentlich hinzulangen. Die Innenverteidiger Medel und Silva sicherten sich nach einer halben Stunde jeweils eine gelbe Karte und mussten fortan die Füße stillhalten. Die Intensität erhöhte sich, was der Albiceleste entgegen kam.
  • Die Gäste enttäuschten in vielerlei Hinsicht. Wie schon in den letzten Partien fehlte oft die Kompaktheit, die Umschaltbewegung in beide Richtungen wirkte unabgestimmt. Messi war einmal mehr der Motor einer von Einzelaktionen abhängigen Mannschaft.

Copa Finale, Chile - Argentinien: Die Statistik zum Spiel

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