28 neue Geldwäsche-Verdachtsfälle

SID
Gibt es neue Hinweise im FIFA-Skandal?
© getty

Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat im Zuge ihrer Korruptionsermittlungen beim Weltverband FIFA Hinweise auf 28 zusätzliche Verdachtsfälle von Geldwäsche erhalten.

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Das Netz um die korrupten Machenschaften beim Fußball-Weltverband FIFA zieht sich immer enger zusammen. Die Schweizer Bundesanwaltschaft verfolgt eigenen Angaben zufolge bei ihren Ermittlungen zu den umstrittenen WM-Vergaben 2018 an Russland und 2022 an Katar inzwischen 28 neue und damit insgesamt 81 Fälle mit Verdacht auf Geldwäsche.

Neue Erkenntnisse kann in Kürze auch die parallel ermittelnde US-Justiz erwarten: Medienberichten zufolge bereiten die US-Behörden die Abholung des früheren FIFA-Vizepräsidenten Jeffrey Webb (Kaimaninseln) aus Schweizer Auslieferungshaft vor, nachdem der 50-Jährige angeblich als erster der sieben Ende Mai vor dem FIFA-Kongress in Zürich verhafteten Fußball-Funktionäre seiner Überstellung an die US-Behörden zugestimmt haben soll.

Auch der politische Druck auf die FIFA wächst: Im US-Senat beschäftigt sich der für Sport zuständige Verbraucherschutz-Ausschuss am Mittwoch in Washington mit dem Korruptionsskandal und der allgemein für unwürdig erachteten Menschen- und Arbeitsrechtssituation im künftigen WM-Gastgeberland Katar.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft bestätigte nach neuen Hinweisen einheimischer Banken am Sonntag konkrete Fortschritte. "Alle Hinweise stehen in Zusammenhang mit unseren Ermittlungen zu den WM-Vergaben", sagte Behördensprecher Andre Marty der französischen Nachrichtenagentur AFP.

Anzeige gegen Unbekannt

Erst Mitte Juni hatte der zuständige Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber über die Untersuchung von 104 Bankverbindungen und 53 Fällen, bei denen Verdacht auf Geldwäsche besteht, berichtet. Seitdem, erläuterte Marty am Sonntag, habe die Bundesanwaltschaft "beinahe täglich" neue Hinweise erhalten.

Die Untersuchungen der Bundesanwaltschaft beruhen auf einer Anzeige der FIFA aus dem Herbst 2014 gegen Unbekannt. Der Vorgang war eine überraschende Reaktion auf den sogenannten Garcia-Report über die Abläufe der WM-Vergaben, der offiziell keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten gegeben haben soll und bis heute unveröffentlicht geblieben ist.

Erhellendes könnte Webb, der laut Informationen des US-Fernsehsenders Bloomberg der auslieferungswillige Topfunktionär sein soll, in seinen anstehenden Verhören durch die US-Fahnder liefern. Angeblich hat Webbs Anwalt Edward O'Callaghan mit den Ermittlern eine Vereinbarung getroffen, die auch eine Kooperation des früheren Chefs des Kontinentalverbandes CONCACAF (Nord- und Mittelamerika sowie Karibik) mit der Justiz beinhaltet.

Den Gepflogenheiten des US-Rechtssystems zufolge gilt die Zustimmung einer im Ausland inhaftierten Person zur Auslieferung in die USA als Zeichen zur Kooperationsbereitschaft - als Gegenleistung für eine Strafmilderung. Die Nachricht von der bevorstehenden Auslieferung eines mutmaßlichen Mitwissers lässt für jeden der übrigen Angeklagten die Zeit für eigene Deals mit der US-Justiz nunmehr knapp werden. Die zu erwartenden Aussagen des kooperationswilligen Angeklagten könnten zudem bislang noch nicht unmittelbar im Fokus der Ermittler stehende Funktionäre in Bedrängnis bringen.

Webb wird von der US-Justiz wie acht weitere Topfunktionäre aus Gremien der FIFA, der CONCACAF oder des CONMEBOL (Südamerika) und fünf Vermarkter wegen Verschwörung, Betrugs, Bestechung und Geldwäsche angeklagt. Der Ex-Bankier wäre im Falle seiner tatsächlichen Bereitschaft zur Mitarbeit bei der Aufklärung ein wertvoller Zeuge.

Auslieferung beantragt

Webb hatte 2012 in der CONCACAF seinen ebenfalls angeklagten Vorgänger Jack Warner (Trinidad und Tobago) als Präsident abgelöst und gehörte seit dem gleichen Jahr auch der FIFA-Exekutive an. Bis zu seiner Festnahme galt Webb auch als ein "Lieblingszögling" des Schweizer FIFA-Bosses Joseph S. Blatter.

Neben Webb hatte die Schweizer Polizei in Zürich auch FIFA-Vizepräsident Eugenio Figueredo (Uruguay), Costas Ricas Verbandschef Eduardo Li, Nicaraguas früheren Fußball-Boss Julio Rocha, Warners britischen Ex-Attaché Costas Takkas, den venezolanischen Verbandsboss Rafael Esquivel und Brasiliens früheren Verbandspräsidenten José Maria Marin auf US-Antrag festgenommen. Anfang Juli hatten die USA die Auslieferung der sieben Häftlinge beantragt.

Im Capitol wollen die US-Senatoren mitten während der laufenden Gold-Cup-Kontinentalmeisterschaft im eigenen Land und Kanada dem FIFA-Skandal auf den Grund gehen. "Die jüngsten Enthüllungen über Manipulationen und Missmanagement bei der FIFA sollten uns alle besorgt machen. Ihre Korruptions-Kultur hat die Organisation auf einem Auge blind gemacht für erhebliche Verletzungen der Menschenrechte und den tragischen Verlust von Menschenleben", sagte der Ausschuss-Vorsitzende Jerry Moran.

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