"Stolz, nicht daran zerbrochen zu sein"

Von Interview: Andreas Inama
Marc Janko hat den Sprung von Australien nach Europa zurück geschafft
© getty
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SPOX: Wie kam es, dass Sie schon nach einem halben Jahr den Schritt in die Türkei gewählt haben?

Janko: Ganz einfach: Der FC Porto hatte Jackson Martinez verpflichtet. Ich war damals schon 29 Jahre alt und die Philosophie des Klubs ist ganz klar: Man kauft keine "alten" Spieler, sondern versucht junge Spieler billig zu holen und die dann für große Summen weiterzugeben. Ich war eigentlich eine atypische Verpflichtung. Mir wurde mitgeteilt, dass man mir für meine Leistung sehr dankbar war und dass alle sehr zufrieden mit mir waren. Aber man wollte Martinez aufbauen. Der FC Porto hat immer mit offenen Karten gespielt, was ich dem Klub hoch anrechne. Ich wollte aber nicht die zweite Geige spielen und habe mich auf dem Markt umgeschaut.

SPOX: Wo Sie dann von Trabzonsporkontaktiert wurden...

Janko: Dort wurde mir das Blaue vom Himmel versprochen. Sie haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit sie mich bekommen. Außerdem war es für das Nationalteam wichtig, dass ich regelmäßig spielte. Wir waren mitten in der WM-Qualifikation mit Österreich und ich brauchte Spielpraxis, wenn auch nicht auf einem so hohen Niveau wie bei Porto.

SPOX: Wie wurden Sie in der Türkei aufgenommen?

Janko: Ich habe den Trainer getroffen, der mich erst einmal fragte, wer ich bin und wo ich spielen kann. Das war schon ein erster Vorgeschmack. Ich dachte mir nur: 'Wo bist du hier nur gelandet? Was hast du mit dem FC Porto nur aufgegeben?'

SPOX: Später wurde ein ehemaliger Mitspieler bei Admira Wacker Mödling, Tolunay Kafkas, Trainer bei Trabzon und Sie wurden nicht mehr berücksichtigt. Sie mussten sogar abseits der Mannschaft trainieren. Wurde Ihnen diese Entscheidung jemals erklärt?

Janko: Es wurde lange nicht mit mir gesprochen. Ich wurde nie offiziell aus der Mannschaft verbannt. Ich durfte nur dann trainieren, wenn keiner von der Mannschaft da war. Trainierten sie am Vormittag, musste ich am Nachmittag kommen und mit einem Jugendtrainer arbeiten. Eine Erklärung bekam ich nicht. Vielleicht wollte man mich mental zermürben. Ich war tatsächlich am Rande der Verzweiflung, doch irgendwann habe ich dann doch ein Gespräch mit Kafkas bekommen. Er sagte mir, dass es nicht seine Entscheidung sei, sondern die des Präsidiums. Dort war man der Meinung, dass ein Spieler meines Kalibers Spiele alleine entscheiden müsste.

SPOX: Etwas überzogene Ansprüche...

Janko: Wir hatten gegen Fenerbahce 0:3 verloren, was mir angekreidet wurde. Man muss wissen, dass das Spiel das Highlight des Jahres für Trabzonspor ist. Zwei Siege gegen Fener kämen einem Meistertitel gleich - und ich hätte das Spiel alleine gewinnen müssen. Das war die Erklärung, die ich bekommen habe. Egal, wie ernst das gemeint war, von Seiten des Vereins gab es dazu nicht mehr zu sagen.

SPOX: Wie haben denn die Mitspieler reagiert?

Janko: Es wurde vom Verein bewusst so gelenkt, dass sie keinen Kontakt mehr zu mir haben konnten. Ich habe keine Chance bekommen, sie zu sehen. Ich musste immer dann erscheinen, wenn die Jungs schon wieder zuhause waren.

SPOX: Aber sie hatten immer wieder Kontakt zum österreichischen Nationaltrainer Marcel Koller. Was sagte er zu den Vorfällen in der Türkei?

Janko: Wir waren in regem Austausch. Er ist ein Trainer, der sehr viel mit seinen Spielern spricht und telefoniert. Ich habe ihm dann erklärt, wie der Hase läuft und gesagt, dass ich es verstehen würde, wenn er mich nicht mehr fürs Nationalteam berücksichtigen würde. Warum auch immer, er hat genau das Gegenteil getan. Er hat mir Mut zugesprochen. Ich sollte halt alles im Einzeltraining geben und ich konnte mit seiner Unterstützung und der des ÖFB rechnen.

SPOX: Die haben Sie auch bekommen.

Janko: Sie schickten mir Trainingspläne. Ich sollte mich strikt daran halten und sie konsequent durchziehen, denn wir hatten ein wichtiges WM-Quali-Spiel gegen Schweden vor uns. Koller betonte immer wieder, dass er mich bräuchte, das hat mir sehr geholfen und Kraft gegeben. Er hat mir ein Ziel vor Augen gegeben und so bin ich selbst im Einzeltraining über meine Grenzen hinausgegangen. Dummerweise verletzte ich mich bei der Nationalmannschaft.

SPOX: Wo findet man nach so vielen Rückschlägen in so kurzer Zeit die Kraft, sich immer wieder aufzubauen?

Janko: Zum einen hat mir der Rückhalt in der Nationalmannschaft sehr geholfen. Ich war allen Widrigkeiten zum Trotz ein fester Bestandteil davon. Ich hatte eine Verantwortung gegenüber meinem Land. Zum anderen half mir natürlich meine Familie. Die Unterstützung hat mir immer den Ansporn gegeben, mich durchzubeißen. Ich muss sagen, ich bin stolz darauf, wie ich die Situation gemeistert habe und dass ich nicht daran zerbrochen bin. Aber es ist für meine Karriere bezeichnend, dass ich mehrere Rückschläge erlitten, daraus aber noch mehr Kraft gewonnen habe.

SPOX: War der Rückhalt bei den Spielern in der Nationalmannschaft auch so groß oder sahen die der Sache eher misstrauisch entgegen? Sie hatten immerhin lange nicht mehr gespielt.

Janko: Nein. Wir haben einen überragenden Zusammenhalt, seit Koller am Ruder ist. Wir entsprechen fast diesem Mythos der elf Freunde. Wir tauschen uns regelmäßig untereinander aus, ob per Anruf oder WhatsApp. Es gab nie kritische Stimmen innerhalb des Teams, die kamen eher von der Öffentlichkeit. Marcel Koller hat sich mit meiner Einberufung auch viel Druck auferlegt, denn in Österreich wurde das nicht so gut aufgenommen. 'Wie kann man das nur machen?' hieß es durch die Bank. Außerdem war ich gegen Schweden für die Stammformation eingeplant. Es war eine Poker-Partie von Koller. Aber er hat mir vertraut und ich bin froh, dieses Vertrauen durch meinen Treffer zurückgezahlt zu haben. Mittlerweile tritt man mir insgesamt versöhnlicher entgegen und die Leute bringen mir sehr viel Respekt entgegen.

SPOX: Das österreichische Nationalteam zeigt momentan beeindruckende Leistungen. Die Teilnahme an der EM 2016 ist schon so gut wie fix. Was trauen Sie dieser Truppe noch alles zu?

Janko: Wir setzen uns momentan keine Grenzen. Wir haben riesige Qualität in unseren Reihen, Spieler, die den Unterschied ausmachen können. Außerdem ist unser starker Teamgeist sicher auch ein Faktor. Wir sind uns dennoch sehr wohl bewusst, dass wir noch Luft nach oben haben. Ich traue uns sehr viel zu, aber jetzt müssen wir erst die Quali schaffen. Uns fehlen noch vier Punkte aus vier Spielen. Sobald wir fix dabei sind, machen wir uns Gedanken um die Europameisterschaft.

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