Mehr als nur ein Fußballer

Zwei der besten Stürmer der 90er Jahre: Weah (l.) und Ronaldo, damals noch bei Inter
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Weahs Heimat Liberia wird seit 1989 von einem blutigen Bürgerkrieg erschüttert, der über die Jahre hunderttausende Tote fordert. Aus der Entfernung muss er mitansehen, wie sich die westafrikanische Nation zerfleischt. Als er sich, als berühmtester Bürger des Landes, 1996 publikumswirksam an die Vereinten Nationen wendet, ist er für viele ein Verräter. "Sie haben meine Häuser niedergebrannt, meine Autos und alles andere gestohlen", sagt er. Familienangehörige werden vergewaltigt, der Krieg dauert an.

Doch der Angreifer zieht sich nicht zurück - im Gegenteil. In diesen Jahren ist er es, der das liberianische Nationalteam am Leben erhält. Aus eigener Tasche finanziert er die "Lone Stars", organisiert Trainingslager in der Elfenbeinküste, agiert als Spieler und Trainer. "Ich habe mehr als zwei Millionen Dollar für das Team ausgegeben", bestätigt er. "Aber das war meine Pflicht." Wenn das Team spielt, schweigen die Waffen: Der Sport kann das entzweite Land vereinen - wenn auch nur für 90 Minuten.

"Ich will kein Politiker sein"

Zweimal erreicht Liberia mit Weah, der insgesamt 60 Länderspiele macht, den Afrika-Cup. Seinen Traum von einer WM-Teilnahme kann er sich und seiner Nation jedoch nicht erfüllen. Doch in diesen Momenten steht Weah für Liberia, seine Stimme findet im Bürgerkrieg Gehör, ähnlich wie Didier Drogbas Jahre später in der Elfenbeinküste.

Nach dem Kapitel Milan spielt Weah für den FC Chelsea, Manchester City, schließlich noch ein Jahr in Marseille. Bei Al-Jazira lässt er 2003 seine Karriere ausklingen, nach 411 Spielen und 193 Toren.

Hat der Mann, der in seiner Heimat Fußballklubs gründet und Stipendien vergibt ("Ich will, dass sich die Leute an einen George Weah erinnern, der einem Kind zur Schulbildung verholfen hat. Nicht jemand, der ein paar Millionen Dollar auf dem Konto hat oder teure Autos fährt"), politische Ambitionen? "Ich will kein Politiker sein", widerspricht er 2001 gegenüber der "BBC". "Ich kann mein Volk auch auf einem anderen Weg vereinen."

Erster Anlauf scheitert

Sprach's - und tut es doch. 1999 bricht der zweite Bürgerkrieg in Liberia aus, nur drei Jahre nach Beendigung des ersten Kriegs. Als 2003 endlich ein Friedensvertrag ausgehandelt wird, ist Monrovia nach langer Belagerung fast zerstört, das Land erneut am Abgrund. Und Weah stellt sich zur Wahl. "Ich wollte meinem Land schon immer dienen, und als Präsident kann ich das tun."

Er gründet die Partei "Progress for Democratic Change", bei den Wahlen 2005 kommt er auf 40 Prozent der Stimmen. Seine fehlende Schul- und Ausbildung wird ihm zum Verhängnis, auch weil Siegerin Ellen Johnson Sirleaf auf einen Harvard-Abschluss verweisen kann. Also holt er seinen Abschluss in den kommenden Jahren nach, studiert in den USA und macht einen Master-Abschluss.

"Wir sind ein Volk"

Ein Fußballer als Präsident von knapp 4,3 Millionen Einwohnern? Weah wird es 2017 wohl erneut versuchen, in dem von Krisen geschüttelten Staat, der zuletzt tausende Ebola-Tote zu beklagen hatte.

Bei den Senatswahlen Ende Dezember bekommt er im Bezirk Montserraso 78 Prozent der Stimmen. "Fußball hat mir die Möglichkeit gegeben, anderen zu helfen", sagt der 48-Jährige, der sich mittlerweile zum protestantischen Glauben bekennt. "Christen und Moslems sollten nicht gegeneinander kämpfen, wir sind ein Volk."

Dass "King George" zum Präsidenten gewählt wird und es in Liberia zum neuen Aufbruch kommt, es wäre für viele seiner Landsleute ein kleines Wunder.

Andererseits vielleicht auch kein größeres Wunder, als dass ein kleiner Junge aus den Slums von Monrovia zum besten Spieler der Welt wird.

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