Wilhelmshaven siegt vor Gericht

SID
Der SV Wilhelmshaven trägt seine Heimspiele im Jadestadion aus
© getty

1:0 für "David" Wilhelmshaven gegen "Goliath" FIFA: Im Streit um seinen vom Fußball-Weltverband angeordneten Zwangsabstieg aus der Regionalliga Nord hat der SV Wilhelmshaven einen möglicherweise auch international bahnbrechenden juristischen Sieg errungen. Das Oberlandesgericht Bremen gab einer Klage des mittlerweile sechstklassigen Vereins gegen den Norddeutschen Fußball-Verband und indirekt auch die FIFA statt. Allerdings wurde eine Revision beim Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen. Der Verband kündigte bereits am Dienstag an, diese Option zu nutzen.

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In der schriftlichen Begründung des Vorsitzenden Richters heißt es, eine derartige Zwangsmaßnahme sei nicht durch das europäische Arbeitsrecht gedeckt. Streitpunkt ist die Höhe einer Ausbildungsentschädigung für den ehemaligen Wilhelmshavener Spieler Sergio Sagarzazu. Für den Argentinier, der auch einen italienischen Pass besitzt, sollten die Niedersachsen rund 150.000 Euro an zwei argentinische Klubs zahlen, bei denen Sagarzazu als Jugendlicher aktiv war.

"Die Höhe dieser Summe für einen Spieler, der gerade einmal 18 Monate bei uns war, haben wir immer für unverhältnismäßig gehalten. Wir sind dem Gericht dankbar dafür, dass es sich mit der nötigen Tiefe mit dieser Problematik beschäftigt hat", sagte Wilhelmshavens Vereinsjurist Harald Naraschewski dem "SID".

Zahlungen diskriminierend

In der Urteilsbegründung heißt es dazu: "Solche Entschädigungen sind bislang durch Eventualitäts- und Zufallscharakter gekennzeichnet. Sie müssen sich an den tatsächlich angefallenen Ausbildungskosten und nicht am Marktwert des fertigen Spielers orientieren." Zudem, so wird weiter ausgeführt, seien entsprechende Zahlungen diskriminierend: "Auch Arbeitgeber müssen ein Recht darauf haben, Arbeitnehmer nach Maßgabe der Bestimmungen über die Freizügigkeit einzustellen."

"Wir nehmen diese Entscheidung mit Unverständnis zur Kenntnis", sagte NFV-Präsident Eugen Gehlenborg: "Das Urteil des Oberlandesgerichts steht im Gegensatz zu der bisherigen Rechtsprechung der zuständigen Sportgerichte und des Landgerichtes Bremen."

Der Tabellendritte der Landesliga Weser-Ems hatte vor den Verbandsgerichten und auch vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS zuvor eine ganze Serie von Niederlagen einstecken müssen, sich danach aber an das Landgericht Bremen gewandt. Auch dort unterlagen die Norddeutschen in erster Instanz.

Dass nun das OLG die erstinstanzliche Entscheidung entscheidend abänderte, erfüllte Klubanwalt Naraschewski mit Genugtuung: "Die FIFA und auch der CAS haben uns als kleinen Verein aus Deutschland nie wirklich ernst genommen. Und der Deutsche Fußball-Bund hat alles, was aus der Schweiz kam, einfach nur durchgereicht."

Unterstützung vom DFB

Der norddeutsche Regionalverband hat nach Zustellung des schriftlichen Urteils einen Monat Zeit, in Revision zu gehen und wird dies nach Einschätzung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auch tun. "Wir unterstützen den Norddeutschen Fußball-Verband bei seinem Gang vor den Bundesgerichtshof, denn wir sehen das Urteil sehr kritisch", erklärte der zuständige DFB-Vizepräsident Rainer Koch. Mit einem letztinstanzlichen Urteil ist aber frühestens Ende kommenden Jahres zu rechnen.

Allerdings war der einstige Zweitligist am Ende der vergangenen Saison auch sportlich aus der Regionalliga Nord abgestiegen, für Naraschewski jedoch kein Grund, auf mögliche Schadenersatzforderungen zu verzichten: "Es war sehr knapp, am Ende fehlte nur ein Punkt. Zudem wussten die Spieler seit Monaten vom Zwangsabstieg, da war die letzte Motivation nicht immer da."

Aus wirtschaftlichen Gründen erhielt der SVW in der Folge keine Lizenz für die Oberliga Niedersachsen und wurde stattdessen in die Landesliga Weser-Ems eingestuft.

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