Mit Talenten und einem Ex-Wolf an die Spitze

Von Tim Noller
Mateusz Klich (l.) und Guyon Fernandez (r.) ist mit der PEC Zwolle ein Traumstart gelungen
© getty

PEC Zwolle mischt derzeit die niederländische Eredivisie auf. Mit 13 Punkten aus fünf Spielen geht es am Wochenende als Tabellenführer gegen Rekordmeister Ajax Amsterdam. Experten trauen dem Überraschungsteam jedoch wenig zu.

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Ein kleiner Haken, eine Schussfinte und ab ins Glück! Guyon Fernandez trifft in der 92. Minute zum 2:1-Auftaktsieg gegen Feyenoord Rotterdam. 11.324 Zuschauer im IJsseldeltastadion liegen sich in den Armen und bejubeln ekstatisch den Überraschungserfolg ihres Teams. Es ist der Startschuss zu einem Monat voller Euphorie rund um den holländischen Erstligisten PEC Zwolle.

Vier Siege aus den ersten vier Spielen. Nicht nur die eigenen Anhänger, auch unzählige Experten reiben sich verwundert die Augen über den Klub, der in der vergangenen Saison noch auf Platz elf der niederländischen Eredivisie gelandet war. Auf der Suche nach den Gründen für die positive Entwicklung stößt man schnell auf einen Namen: Youness Mokhtar. Die Zahlen des 22-jährigen Linksaußen lesen sich recht ordentlich: drei Vorlagen und ein Tor aus vier Spielen. Kein Wunder, dass man das Talent nach dessen Wechsel zum FC Twente vermisst.

Abschied vom Spitzenreiter

Nach zwei Jahren bei PEC Zwolle entschied er sich, den nächsten Schritt in seiner Karriere zu wagen: "Das ist eine höhere Stufe für mich" sagte Mokhtar und freut sich auf seine neue Mannschaft: "Es ist schön für den FC Twente zu spielen." Im ersten Spiel ohne Mokhtar musste Zwolle dann auch gleich den ersten Punktverlust hinnehmen.

Vor dem Auswärtsspiel gegen Ajax Amsterdam am kommenden Samstag rechnen nun viele mit dem Einbruch des Teams von Trainer Ron Jans. In seiner langen Geschichte war es dem Klub aus der Provinz Overijssel jedoch nur selten vergönnt, als Tabellenführer zum niederländischen Rekordmeister zu reisen.

Bankrott wirft Verein aus der Bahn

Die Prins Hendrik Ende Desespereert Nimmer Combinatie Zwolle, kurz PEC Zwolle wurde 1910 gegründet und spielte als Verein der bürgerlichen Mittelschicht zunächst lange Jahre unterklassig. Erst nach der Fusion mit dem Arbeiterklub Zwollsche Boys, gelang 1978 der erste Aufstieg. Jedoch hatte Zwolle in der Folge häufig mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Als der Klub 1989 den Klassenerhalt verpasste, musste er 1990 in die Insolvenz gehen.

Von diesem Fiasko erholte sich der ehemalige Arbeitgeber von Jaap Stam nur sehr mühsam. Nach einem kurzen Intermezzo im holländischen Oberhaus zwischen 2002 und 2004 darf sich Zwolle erst seit der vergangenen Saison wieder erstklassig nennen. 2012 änderte man den Namen dann auch wieder zu PEC Zwolle. Denn nach dem Bankrott im Jahr 1990 trug der Verein zwölf Jahre lang den Namen FC Zwolle.

Mit dieser problembehafteten Vergangenheit hat sich der Verein aktuell die Rolle des Ausbildungsvereins auf die Fahne geschrieben. Stareinkäufe sind genauso illusorisch wie teure Vertragsverlängerungen von Eigengewächsen. Die Folge sind Verkäufe der Marke Mokhtar.

Mit Spaßfußball auf Platz 1

Die Aufgabe für den neuen Trainer Ron Jans lautete vor der Saison also, aus jungen, unbekannten Talenten und Spielern, die von den Ligagrößen aussortiert wurden, eine homogene Einheit zu formen. Spieler wie der holländische U-21-Nationalspieler Jesper Drost (20) oder der ehemalige Wolfsburger Mateusz Klich (23) machen Hoffnung, dass der Trainer diese gesunde Mischung gefunden hat. Nach dem Wahnsinnsauftakt blickt er ungläubig auf die Tabelle: "Wir sind selbst noch mit der Tatsache beschäftigt, dass wir da oben stehen."

In den ersten Spielen jedenfalls begeisterte Zwolle mit offensivem Spaßfußball. Voller Energie und Tatendrang erzielte das Team um Kapitän Bram van Polen beachtliche 13 Tore. Dabei hilft dem Klub möglicherweise auch der Untergrund, auf dem Zwolle seine Heimspiele austrägt. Da in Holland nur drei weitere Vereine auf einem Kunstrasen spielen, tun sich gegnerische Teams schwer, sich auf die ungewohnten Bedingungen einzustellen.

Kooperation mit Werder Bremen

Doch nicht nur die besonderen Platzverhältnisse, auch eine Kooperation mit Bundesligist Werder Bremen trägt zur guten Entwicklung in Zwolle bei. Bislang wurde zwar lediglich Denni Avcic von Robin Dutts Team ausgeliehen. In Zukunft sollen jedoch weitere Spieler folgen.

Sportdirektor Thomas Eichin sieht in der Kooperation eine große Chance für beide Seiten: "Wenn ein Spieler zu gut für unsere U23 und die vierte Liga, aber noch nicht reif genug für die Bundesliga ist, ist Zwolle eine gute Station, um diesen Spieler weiterzuentwickeln."

Derzeit dient Zwolle also lediglich talentierten Spielern als Durchlaufstation. Im Top-Spiel gegen Ajax wird sich am kommenden Samstag zeigen, ob die Experten Recht behalten werden oder ob aus dem Überraschungsteam mehr werden kann.

Trainer Jans hat sich jedenfalls viel für das Spiel vorgenommen: "Wir müssen dort mutigen Fußball zeigen und nach vorn spielen. In der vergangenen Saison hat sich die PEC dort keine Chance erarbeitet. Das wollen wir sicher diesmal ganz anders machen."

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