"Habe ein paar Leuten das Maul gestopft"

SID
Angel Di Maria wechselte 2010 von Benfica zu Real Madrid
© Imago

Real Madrids Angel Di Maria wehrt sich vehement gegen Kritk, Napoli-Torhüter De Sanctis kassiert ein Tor aus 50 Metern und Sir Alex Ferguson schimpft mal wieder auf einen Schiedsrichter. Die Blitzlichter aus Europa, zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.

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Serie A

Von Oliver Birkner

Spiel des Spieltags: Der Antrag besitzt zwar kaum Chancen, doch zur Sicherheit fragte Giampaolo Pazzini mal nach, ab jetzt nur noch gegen Bologna anzutreten. Der Milan-Stürmer schoss bislang zehn Saisontore, fünf davon in den beiden Duellen mit dem Team aus der Emilia. Ansonsten redete man in Mailand allerdings weniger über den mäßigen Kick.

Der kalte Nachmittag geriet dennoch zum charmanten Zeitvertreib, da intensiv über Kaka, Mario Balotelli und das liebe Geld palavert wurde. Der AC möchte Kaka gern in einer Art Leihgeschäft von Real Madrid übernehmen, aber nicht das volle Gehalt zahlen. Beide Klubs sind sich so gut wie einig, doch der Brasilianer würde in Madrid bis 2016 knapp zehn Millionen Euro per annum erhalten, Milan bietet fünf, der Spieler würde 7,5 Millionen Euro akzeptieren - wie großzügig. Womöglich lässt er sich ja durch Mailänder Pathos erweichen. "Es ist eine Liebe, die nie zu Ende gegangen ist", säuselte Manager Adriano Galliani, während Stadthalter Silvio Berlusconi schwärmte: "Kaka ist ein großartiger Mensch - er war stets in meinem Herzen." Dort schien eigentlich kein Platz für Balotelli, den Berlusconi kürzlich noch als "faulen Apfel" dekoriert hatte. Man munkelt, wegen Marios flegelhaftem Verhalten gegenüber Raffaella Fico, die als eine der "Papi Girls" während der Bunga Bunga Extravaganzen durch knappe Kleidung in Silvios Gunst getänzelt war. Jetzt, wo Balotelli scheinbar auf dem Markt ist, hat Berlusconi das mit dem Apfel ja gar nicht so gemeint. Wenn der Preis auf 25 Millionen Euro sinke, würde er sich augenblicklich auf Manchester stürzen, sagte Galliani - na da steht Nordengland ja Ungeheuerliches bevor. Und wo wir schon beim Apfel sind, passte Mino Raiolas Aussage ausgezeichnet in die wirre Balotelli-Bonanza. Der Manager des Spielers gab zu Protokoll: "Mario ein Rossonero? Das ist ein Märchen der Gebrüder Grimm." Raiola hatte dessen Wert aber auch schon mit der Mona Lisa verglichen, was schließlich ebenfalls in die Grimm'sche Sammlung einzog.

Mann des Spieltags: Am Sonntagabend fand die Telenovela um Wesley Sneijder endlich ein Ende. "Das ist ein Traum. Die türkischen Fans sind fantastisch, ich kann meine Ankunft in Istanbul kaum erwarten. Mit Gala werden wir große Jahre erleben", posaunte der 28-Jährige nach dem definitiven Wechsel zu Galatasaray. Am Vormittag hieß es noch: "Die Inter-Tifosi sind die allergrößten überhaupt." Da wollte Sneijder nämlich noch das Mailänder Angebot samt Gehaltskürzung annehmen, doch Patron Massimo Moratti grummelte: "Dazu ist es jetzt zu spät." So mobbte man den Spieler letztlich erfolgreich aus dem Kader, spart dessen Salär ein und bekommt obendrauf 7,5 Millionen Euro Ablöse. Vor allem transferierte Mailand endlich die pubertären Twitter-Einträge von Frau Yolanthe aus der Stadt, was in Geld gar nicht aufzuwiegen ist.

Und sonst? Das Tor des Tages geht an Napoli-Keeper Morgan De Sanctis. Der lief bei einem langen Schlag von Fiorentinas Roncaglia in grotesker Umnachtung aus seinem Kasten und kassierte ein Tor aus über 50 Metern. Man darf sich das leisten, wenn Edinson Cavani im eigenen Kader steht. Der Matador besorgte Neapels Ausgleich, erzielte sein 100. Serie-A Tor und Treffer Nummer 25 im 26. Pflichtspiel dieser Saison. Man erahnt ungefähr, warum der Schlacks aus Uruguay eine Ausstiegsklausel über 63 Millionen Euro besitzt, die Klubchef Aurelio de Laurentiis auf 95 Millionen hochsetzen möchte. Da sollten die Interessenten langsam beginnen, größere Beträge sukzessive vom Festgeldkonto abzuheben.

Premier League

Von Raphael Honigstein

Spiel des Spieltags: Spätestens seit dem 1:1 von ManUtd bei Tottenham weiß man: Trainer-Dino Alex Ferguson hat ein Elefantengedächtnis. Der 71-Jährige beschwerte sich bitter über Schiedsrichter-Assistent Simon Beck. "Es war ein schockierende Vorstellung von ihm", sagte Sir Alex, "ich bin sehr enttäuscht von ihm."

Beck hatte in der Tat ein Foul an Wayne Rooney im Strafraum übersehen, aber das war bei weitem nicht sein einziges Verbrechen. "Wir kennen Beck gut, er hat damals ein Tor gegeben als Didier Drogba vier Meter im Abseits stand", fügte Ferguson an. Besagte Szene ereignete sich übrigens im April 2010, und Chelsea gewann mit dem Sieg mehr oder weniger die Meisterschaft. Der Punktverlust an der White Hart Lane wird wohl eher nicht so dramatisch ausfallen, aber Uniteds Coach konnte Becks Fehler trotzdem nicht verwinden. Fazit: ein Fergie vergisst nie.

Mann des Spieltags: Loic Remy. Der Neuzugang von Marseille traf bei seinem Premier-League-Debüt nach nur 13 Minuten zum 1:0 für QPR gegen West Ham (Endstand 1:1). Eigentlich hätte der 26-Jährige ja bei Newcastle United unterschreiben sollen. Die Magpies hatten ihn vor einer Woche nach London geflogen, in ein feines Hotel an der Park Lane gesteckt und ihm und seiner Freundin zwei Tickets für ein Musical spendiert. Am nächsten Morgen verschlief der 10-Millionen-Euro-Stürmer jedoch prompt seinen Flug in den Nordosten. QPR rief bei ihm an und bot mehr Geld (gut 4 Millionen Euro im Jahr) - schon änderte Remy seine Meinung. "Geld ist nicht die Motivation für diesen Wechsel, Loic hat den leidenschaftlichen Wunsch, etwas zu erreichen", meinte QPR-Geschäftsführer Philip Beard. Sure! Trainer Redknapp war naturgemäß auch begeistert. "Der Besitzer (Tony Fernandes) hat unheimlich hart gearbeitet, um diesen Transfer möglich zu machen", sagte der 65-Jährige. Einen Monat zuvor hatte er noch versichert, keine überteuerten Verpflichtungen tätigen zu wollen. "Ich möchte nicht, dass man dem Eigentümer die Hosen auszieht, wie es in der Vergangenheit passiert ist", sagte Redknapp. Multimillionär Fernandes wird sich daran gewöhnen müssen, dass es unten rum auch in Zukunft ziehen wird.

Und sonst? Aufsteiger Southampton hat sich nach nur einer Niederlage in den vergangenen sechs Spielen ein gutes Polster auf die Abstiegsplätze erarbeitet. Trainer Nigel Adkins, der mit den Saints seit 2010 zwei Mal aufgestiegen war, wurde am Donnerstag trotzdem gefeuert. Warum, weiß kein Mensch. Der Vorstandsvorsitzende Nicola Cortese äußerte sich vorsichtshalber überhaupt nicht zu der Personalie, Adkins' Nachfolger Mauricio Pochettino musste sich am Freitag quasi selbst vor der Presse vorstellen. Die Fans im St. Mary's planen für das Spiel gegen Everton am Montagabend eine Protestaktion mit weißen Handtüchern. Ob das den früheren Bankier Cortese stört, darf bezweifelt werden. Er schmiss erst kürzlich die Programmheft-Verkäufer raus, um sich die immens hohe Verkaufsgebühr für jedes Heft zu sparen: 6 Pence für jedes Exemplar (insgesamt 3 Pfund).

Primera Division

Von Paula Villamarin Temperan

Spiel des Spieltags: Nach 25 Minuten schien alles gelaufen zu sein. Barca führte in San Sebastian mit 2:0, Lionel Messi hatte mit seinem Tor im zehnten Spiel in Folge einen Rekord von Mariano Martin (1942/43 und 1943/44) sowie Ronaldo (1996/97) eingestellt und Barca war auf dem Weg zum elften Auswärtssieg in Folge, was ebenfalls Ligabestmarke gewesen wäre.

Aber irgendwie scheint in letzter Zeit ein Fluch für Barca auf dem Anoeta zu liegen. In den letzten drei Spielen reichte es für die Katalanen nur zu einem Remis (2:2). Auch am Samstag liefen die Dinge nicht so, wie man sie nach der frühen Führung erwarten konnte. Messi traf nur den Pfosten, während Chori Castro praktisch im Gegenzug den Anschluss schaffte. Nach der Pause flog Pique vom Platz und Real Sociedad drehte das Spiel schließlich vollkommen. Eine 2:0-Führung hatte Barca seit dem 1. März 2009 (3:4 bei Atletico Madrid) nicht mehr verspielt. "Hut ab vor Real Sociedad", sagte Barca-Trainer Tito Vilanova. "Sie haben uns das Spiel nie leicht gemacht und verdient gewonnen." Sociedads Trainer Philippe Montanier forderte für seine Spieler im Überschwang der Gefühle gleich die "Tambor de Oro" (Die Goldene Trommel), die höchste Auszeichnung, die die Stadt San Sebastian zu vergeben hat. Und das ausgerechnet am 20. Januar. So kurzfristig konnte die Jury aber dann noch nicht mehr reagieren.

Mann des Spieltags: Jose Mourinho hat ja in den letzten Wochen mächtig Kritik für seine Personalentscheidungen einstecken müssen. Aktuell scheint er damit aber nicht so schlecht gefahren zu sein. Der vor einigen Wochen degradierte Iker Casillas steht mittlerweile wieder im Kasten und blieb die letzten vier Pflichtspiele (Liga und Pokal) ohne Gegentor. 375 Minuten klingelte es nicht mehr im Real-Tor. Am Sonntagabend zeigte dann auch Angel Di Maria, warum die Königlichen den Argentinier bis 2018 an sich gebunden haben. El Fideo wirbelte gegen ein zugegeben konfuses Valencia wie zu besten Zeiten, erzielte zwei Tore und bereitete ein weiteres vor. Zuletzt soll es zwischen Di Maria und Mourinho ordentlich gekracht haben. Der Trainer soll Di Marias Auftritte als "wertlos" bezeichnet haben. Im Mestalla war der Argentinier ebenso wertvoll wie Cristiano Ronaldo und Mesut Özil. Di Marias Kommentar: "Es lief gut für mich und ich habe ein paar Leuten das Maul gestopft." Den Trainer wollte er ausdrücklich nicht damit gemeint haben.

Und sonst? Letzte Woche wandelte Patrick Ebert noch auf den Spuren von Lionel Messi. In dieser Ausgabe ruft der ehemalige Hertha-Spieler Vergleiche mit Arjen Robben hervor. Den nannten sie zu seiner Zeit in England "Mann aus Glas", weil er so oft verletzt war. In Spanien zählten sie jetzt die Verletzungen von Ebert seit der Saison 2007/08 zusammen und kamen auf satte 20 Stück. Beim 2:0 über Saragossa zog sich Ebert einen Muskelfaserriss zu. Grund genug, Ebert mit dem Spitznamen "Mann aus Kristall" zu verpassen.

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