Der bestgetarnte Kopfstoß ever

Von SPOX
Der bestgetarnte Kopfstoß ever: Evertons Marouane Fellaini (l.) gegen Ryan Shawcross
© Getty

Marouane Fellaini mimt den Weihnachtsmann und verteilt "Nüsse", Andrea Pirlo zaubert wie zu besten Tagen und Lionel Messi ist besser als 16 Teams der Liga. Die Blitzlichter aus Europa, zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort und SPOX.

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Premier League

Von Raphael Honigstein

Spiel des Spieltags: Den ganz großen Knüller gab es nicht an diesem Wochenende, dafür eine echte Überraschung: Aston Villa gewann 3:1 in Liverpool. "Keine Ahnung, wo diese Leistung herkam", wunderte sich Coach Brendan Rogers über die schwache Vorstellung der Reds, die zuletzt deutlich besser gespielt hatten. Rogers führte Müdigkeit als Grund an, dabei hatte er in den vergangenen Wochen kräftig rotiert und unter der Woche kein Engagement im Ligapokal gehabt. Villa-Trainer Paul Lambert durfte sich dagegen über einen clever herausgespielten Sieg freuen. Der Belgier Christian Benteke, 22, war im Sturm mit zwei Toren der Star der Show. "Er ist brillant, er kann alles sein,was er will", lobte Lambert seinen 10-Millionen-Euro-Mann vom KRC Genk. Benteke war im Sommer von vielen anderen Klubs umworben worden, und der Birminghamer Verein hatte Glück, dass der Angreifer anscheinend keine "Google Maps"-App im Smartphone hat. "Als ich unterschrieb, wusste ich nicht, wo Villa spielt", hat Benteke kürzlich zugegeben, "ich dachte, die wären ein Londoner Verein".

Mann des Spieltags: Adel Taraabt machte QPR-Eigentümer Tony Fernandes ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk. "Alles, was ich mir wünsche, sind drei Punkte", hatte der Rangers-Boss vor dem 2:1 gegen Fulham gesagt. Taarabt machte beide Tore und fegte die Truppe von Martin Jol fast in Eigenregie aus dem Stadion. Harry Redknapp wusste, bei wem er sich nach seinem ersten Sieg im Amt bedanken musste: bei Taarabt, den er vor einem Jahr als Trainer der Spurs verkauft hatte. "Ich wollte ihn nie loswerden, obwohl er sehr temperamentvoll und ein kompletter Spinner ('fruitcake') war", erzählte Harry. "Jetzt ist er reifer. Er kann wie Paolo Di Canio sein, einer der besten Spieler, die West Ham je hatte - er kann die Dinge machen, die niemand machen kann." Vom Früchtekuchen zum selbst-erklärten Faschisten-Sympathisant und Druiden-Fan also. Da wo Harry ist, ist alles möglich.

Und sonst? Das mit den "Nüssen zu Weihnachten" muss Marouane Fellaini irgendwie falsch verstanden haben. Der Afro-Belgier von Everton schlug beim 1:1 gegen Stoke Ryan Shawcross mit dem Schädel ins Gesicht. Da der Schiedsrichter die Szene übersehen hatte, wird die FA Fallaini wohl zu drei Spielen Sperre verurteilen.

Lukas Podolski tritt mit dem FC Arsenal erst am Montagabend (gegen Reading) an, war aber schon zuvor in Aktion: in den Straßen Hampsteads im Nordwesten Londons rief er mit einem roten Eimer in der Hand die Passanten zu Spenden für Arsenals Wohltätigkeitsprogramm auf. Alle Spieler des Klubs hatten zuvor ein Tagesgehalt gespendet. "Als Spieler sind wir in der Position, Leuten zu helfen, die weniger Glück haben", sagte der Ex-Kölner.

Während bei Poldi auf die geschätzten 10 000 Pfund noch geschätzte 68,78 Pfund von den Passanten dazu kamen, lässt Mario Balotelli mal wieder unfreiwillig etwas mehr springen. Manchester City verknackte den wie Kollege Benteke nicht ganz orientierungsstarken Stürmer - er ließ vergangene Woche ein Taxi von Manchester nach London 300km vor sich hinfahren, um den Weg zu finden - zu einer Geldstrafe von 418 000 Euro für diverse Disziplinlosigkeiten. Wie immer in solchen Fällen wird das Geld für einen guten Zweck verwendet, aber Balotellis Spendierhosen sind dann doch nicht so groß. Der Italiener will gegen die Entscheidung vor einem Tribunal klagen.

Zu einem Prozess könnte es übrigens auch gegen Teamkamerad Aleksandar "Jingle Bells" Kolarov kommen. Der Serbe legte sich vor Citys 3:1 bei Newcastle United mit einem Fan an, der eine albanische Fahne in den St. James' Park geschleppt hatte. Es sollen rassistische Bemerkungen gefallen sein, die Polizei sucht (albanisch-serbo-kroatisch versierte) Zeugen.

Serie A

Von Oliver Birkner

Spiel des Spieltags: Standesgemäß zum 103. Geburtstag des AC Mailand erlebte San Siro nicht nur ein 4:1 über Pescara, sondern auch den 60.000. Serie-A-Treffer seit Bestehen der eingleisigen Liga 1929. Und was für eine Bude! Der Baum von einem Brasilianer mit dem charmanten Namen Jonathas Cristian de Jesus Mauricio, für seine Kumpels zur Einfachheit Jona, stieg am kurzen Pfosten hoch und verlängerte die Kugel listig per Hinterkopf in den Winkel der langen Ecke. Wir wollen beim Jubiläum mal nicht so pingelig sein und verschweigen, dass es der Winkel des eigenen Tores war. Und überhaupt hatte Sturm-Kollege Elvis Abbruscato zuvor per formidablem Flugkopfball schließlich ebenfalls im eigenen Tor eingenetzt. Wollten sich beide allerdings für den AC empfehlen, mussten sie enttäuscht vernehmen, dass sie leider zu alt sind.

Patron Silvio Berlusconi deklarierte nämlich, demnächst nur noch U-22-Kicker zu holen. "Wir beobachten die 100 besten Youngster weltweit", verriet er und kündigte an: "In zwei, drei Jahren wird Milan wieder an die Spitze Italiens, Europas und der Welt zurückkehren." Im momentanen Wahlkampfstress hatte er das Universum noch vergessen. Einen Over 22 würde er jedoch zulassen, und zwar sich selbst: "Wenn die Tifosi es forderten, würde ich aus Liebe zum Klub auch auflaufen - natürlich mit der Nummer 9." Jetzt versteht man endlich, warum es Robinho im Januar zurück nach Brasilien zieht. Besser am Strand liegen, als den Turbo-Cavaliere mit Steilpässen zu füttern.

Mann des Spieltags: Wirklich dreist benahm sich unter der Woche Guglielmo Stendardo. Im Hauptberuf Verteidiger bei Atalanta, reiste der 31-Jährige doch tatsächlich pflichtgemäß nach Salerno, um von Dienstag bis Donnerstag die Staatsexamen zum Anwalt abzulegen. Dienstag musste Bergamo in der Coppa allerdings bei der Roma ran und Atalanta-Coach Stefano Colantuono grollte: "So etwas geht gar nicht. Ich habe davon erst sechs Tage vorher erfahren. Die Profis verdienen genug und das Examen gibt es schließlich auch noch im nächsten Jahr. Guglielmo werde ich eine interne Sperre aufbrummen." Stendardo wurde gegen Juve also auf die Bank strafversetzt und kam lediglich, weil ein Verteidiger Gelb-Rot sah. Also ehrlich, Fußball und Studieren, wo kommen wir denn dahin?

Und sonst? Ein Meisterwerk gelang mal wieder Andrea Pirlo, der am Sonntag einen Freistoß aus fast 30 Metern versenkte. Man kann sich Coach Antonio Conte nur anschließen, Mr. Freeze müsste endlich mal zu Europas Fußballer des Jahres gekürt werden: "Auch wenn es da ja jemanden in Spanien gibt, der jährlich was weiß ich wieviel tausende Tore schießt, hätte eigentlich Andrea die Trophäe verdient."

Die grandioseste Spielabsage der Saison gab es am Wochenende in der Serie B. Varese gegen Grosseto wurde beim Stand von 3:0 in der 82. Minute wegen Nebels abgebrochen. Beide Klubs wollten die Partie unbedingt zu Ende bringen, da man die paar Minütchen trotz Nebels durchaus noch hätte herunterspielen können. Doch der junge Referee blieb Paragraphenreiter. So wird Grosseto demnächst mit Hin- und Rückfahrt 1000 Kilometer abgrasen, um beim Stand von 0:3 acht Minuten herumzukicken. Ein fabelhafter Anwärter zum Duell des Jahres.

Primera Division

Von SPOX

Spiel des Spieltags: Ohne Frage, es war neben dem über allem stehenden Clasico sicherlich einer der Highlights dieser Saison. Erster gegen Zweiter, Barcelona gegen Atletico, Favorit gegen Außenseiter. Und man lehnt sich mit der spielerischen Analyse sicher nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man sagt, dass der Underdog aus Madrid vor allem in der ersten Halbzeit den Katalanen ordentlich auf der Nase herumgetanzt ist. Gleich drei riesige Torchancen hatte Atletico in Person von Radamel Falcao. Letztlich können die Katalanen sich bei Fortuna und dem Pfosten bedanken, dass "El Tigre" ungewöhnlicherweise zwei Möglichkeiten liegen ließ.

Es passt zur Storyline des Spiels, dass Barcelona noch vor dem Seitenwechsel zwei selten dagewesene Mittel des Toreschießens aus der Tiqui-Taca-Trickkiste zaubert. Zunächst traf Adriano mit einem sehenswerten Distanzschuss, schon kurz danach musste gar ein Eckball herhalten. Sergio Busquets war es schließlich, der das komplette Chaos in der Atletico-Hintermannschaft ausnutzte.

Mann des Spieltags: Juan Albin hat bisher - gelinde gesagt - eine recht stressfreie Profikarriere hinter sich. Zwar holte er in jungen Jahren drei Mal die Meisterschaft in seiner Heimat Uruguay, in Spanien riss der 27-Jährige allerdings noch keine großen Bäume aus. Von 2006 bis 2011 machte er ordentliche Partien beim Madrid-Vorstadtklub Getafe, seit dem Wechsel zu Espanyol vor einem Jahr wollte es allerdings nicht wirklich klappen. So kam Albin in dieser Saison ebenfalls erst auf 219 Minuten Einsatzzeit. Doch in Barcelona hat er seit dem Wochenende sowohl bei den Espanyol- als auch bei den Barca-Fans ein Stein im Brett. Denn nur 18 Zeigerumdrehungen nach seiner Einwechslung im Spiel gegen Real Madrid - in der 88. Minute - fiel dem Mittelfeldspieler im Strafraum die Kugel vor die Füße. Eiskalt wie Pippo Inzaghi zur besten Zeit klopfte er das Leder in den Real-Kasten und sorgte somit für das umjubelte Remis bei den Königlichen. In den neun Partien zuvor traf die komplette Espanyol-Elf nur fünf Mal, gegen Real klingelte es gleich doppelt - auch wegen Juan Albin. Bei 13 Punkten Rückstand in Sachen Meisterschaft also alles aus für Real? Barca-Abwehrchef Carles Puyol muntert den Erzfeind auf: "Wenn es ein Team gibt, welches nie den Kopf hängen lässt, ist es Madrid."

Und sonst? Was wird in Deutschland nicht alles über den FC Bayern geschrieben und wie häufig fallen in Verbindung mit dem Klub nicht die Worte "eigene Liga". Nach dem letzten Spieltag werfen die spanischen Medien ebenfalls mit Superlativen um sich und übergeben den Katalanen schon ein Spiel vor der Winterpause den Titel - 13 Punkte auf Madrid, das geben die nicht mehr her. Atletico-Coach Diego Simeone ging sogar einen Schritt weiter und sprach der kompletten Liga die Spannung ab: "Dieser Wettbewerb ist langweilig. Barcelona spielt in einer komplett anderen Liga". Da ist es also wieder, diese "eigene Liga".

Aber wer soll es Cholo Simeone auch verdenken, Messi turnt ja weiter fröhlich über die spanischen Sportplätze. La Pulga machte gegen Atletico kein wirklich gutes Spiel und blieb über - sagen wir - 85 Minuten eigentlich blass. So war der einzige "Höhepunkt" von Messi in Durchgang eins ein Ballverlust in der gegnerischen Hälfte, der zu einem Gegentor führte. Doch selbst in einem gebrauchten Spiel mit recht wenigen Aktionen macht der Floh wieder zwei Buden - das 89. sowie das 90. in diesem Kalenderjahr. Mit seinen 25 Saisontoren hat Messi alleine mehr Tore erzielt als 16 andere Klubs der Primera Division. 16!!

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