Zwischen Traktoren und Getreidesilos

Von Fabian Swidrak
Die Kulisse beim Auswärtsspiel der Glasgow Rangers im Shielfield Park von Berwick-upon-Tweed
© Getty
Cookie-Einstellungen

Angesichts dieser Vorwürfe also eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung, die Rangers zum Neustart in der vierten Liga zu zwingen. Leicht dürfte den Vertretern der Scottish Football League die Entscheidung dennoch nicht gefallen sein. Dazu sind ihre Konsequenzen für den gesamten Fußball in Schottland zu weitreichend.

David Longmuir, Vorsitzender der schottischen Fußball Liga (SFL), steht trotzdem voll und ganz hinter der Entscheidung: "Die heutige Entscheidung war eine der schwersten für alle Beteiligten, aber sie wurde im Interesse der sportlichen Fairness getroffen. Diese bildet das Fundament des schottischen Fußballs", sagte er nach der Abstimmung.

"Diese Entscheidung wahrt die sportliche Integrität des schottischen Fußballs, wie sie die Fans im ganzen Land gefordert haben", so Klubeigner Charles Greeen. "Aber sie wird auch große Auswirkungen auf den gesamten schottischen Fußball haben. Welche das genau sind, wird sich mit der Zeit heraus stellen."

TV-Sender schwören Liga die Treue

Was jetzt schon fest steht: Vor allem finanziell wird das schottische Oberhaus in Zukunft größere Abstriche machen müssen. Lange ging sogar die Angst davor um, der TV-Sender "Sky" könnte seine Übertragungen einstellen und die bestehenden Verträge aufgrund einer Ausstiegsklausel kündigen.

Immerhin, dieses Katastrophenszenario konnte verhindert werden. Ende Juli verlängerten "Sky" und Zweitrechteverwerter "ESPN" ihre Verträge um weitere fünf Jahre. Sogar fünf Spiele der Rangers aus der vierten Liga sollen pro Jahr live gezeigt werden.

"Wir unterstützen den schottischen Fußball seit über 20 Jahren und wollten immer, dass dieses Engagement bestehen bleibt", erklärte "SkySports"-Geschäftsführer Barney Francis. 100 Millionen Euro war "Sky" vor dem Absturz der Rangers angeblich bereit, in den nächsten fünf Jahren zu bezahlen. Davon dürfte man jetzt allerdings ein gutes Stück weit entfernt sein.

Liga droht "schleichender Tod"

Und auch wenn für die finanzielle Grundsicherung gesorgt ist, hat die Liga mit dem Rangers-Aus deutlich an Attraktivität verloren. Das gilt sowohl für Sponsoren als auch für die Fans. Denn das Aufeinandertreffen der beiden Glasgow-Klubs im Old Firm und deren spannenden und gut zu vermarktenden Titelkampf wird vorerst nicht mehr stattfinden.

Auch international gibt es mit Celtic Glasgow jetzt nur noch einen Klub, der in den europäischen Klubwettbewerben ernsthaft mithalten und Punkte für die Fünfjahreswertung sammeln kann.

Mittelfristig kann Schottland seinen 15. Platz im Ranking wohl nicht halten und wird einen der beiden Qualifikationsplätze für die Champions League einbüßen. "Im schlimmsten Fall droht der langsame und schleichende Tod des schottischen Fußballs", mutmaßt Verbandschef Stewart Regan.

Weltrekord im ersten Heimspiel

Die Rangers selbst stehen finanziell ebenfalls nach wie vor unter Druck. Denn trotz Insolvenz und Zwangsabstieg wurden keinerlei Mitarbeiter entlassen. Auch Trainer Ally McCoist lässt sich der neue Rangers-Boss Charles Green einiges kosten. Mit rund 1,2 Millionen Euro pro Jahr verdient er genauso viel, wie sein Vorgänger Walter Smith in der Scottish Premier League.

Um diese Last stemmen zu können, benötigen die "Gers" zumindest bei ihren Heimspielen einen Zuschauerschnitt von 30.000 Fans. Zumindest bisher liegen die Rangers dabei auf Kurs. Zum ersten Heimspiel der neuen Saison gegen East Stirlingshire kamen unglaubliche 49.118 Zuschauer in den Ibrox Park von Glasgow. Damit stellte der Klub sogar einen neuen Weltrekord auf. Noch nie kamen so viele Menschen in ein Stadion, um ein Fußballspiel in der vierten Liga zu sehen.

Startet der Nachwuchs in eine neue Ära?

Der lange Weg zurück in die Premier League ist gleichzeitig auch eine große Chance. Eine Chance, vor allem für die jungen Spieler im Kader, die vor der Saison aus den Jugendmannschaften zu den Profis gestoßen sind.

Die beiden schottischen U-19-Nationalspieler Lewis MacLeod (18) und Barrie McKay (17), die in allen bisherigen sechs Ligaspielen zum Einsatz kamen, beispielsweise. Oder der beidfüßig starke Mittelfeldspieler Robbie Crawford (19). Alle drei besitzen langfristige Verträge bis Juni 2017 bei den Rangers und könnten sich, wie der Klub selbst, langsam an das Niveau der ersten Liga heran tasten.

"Alle sprechen immer von der großen Zeit, als Manchester United Spieler wie Giggs, Neville, Butt oder Beckham hervor gebracht hat. Ich will nicht sagen, dass sie so gut sind wie die. Aber wir haben tolle Jungs, die durch die besonderen Umstände die Möglichkeit bekommen, in der ersten Mannschaft zu spielen. Gerade jetzt ist der beste Moment in der Vereinsgeschichte, um ein Nachwuchsspieler zu sein", verdeutlicht Kapitän McCulloch.

Giggs und Co. prägten bei den Red Devils bekanntlich eine ganze Ära. Gelingt dies auch MacLeod, McKay und Crawford, finden die Spiele der Glasgow Rangers auf englischem Boden in einigen Jahren wieder in der Europa Champions League statt und nicht auf dem Sportplatz der Berwick Rangers.

Die Glasgow Rangers in der Übersicht

Artikel und Videos zum Thema