Reals Appell an die Fans: Brüllt die Bayern nieder!

SID
Zinedine Zidane appelliert vor dem Rückspiel gegen den FC Bayern an die Real-Fans
© Getty

In Spanien konzentriert sich kurz nach dem Clasico schon alles auf das Champions-League-Match gegen den FC Bayern. Real-Sportdirektor Zinedine Zidane fordert von den Real-Anhängern volle Unterstützung, Jose Mourinho hat derweil noch so gar keine Lust auf Party. City-Coach Roberto Mancini wettet im Meisterschaftsrennen lieber auf United, die Serie A wird von einem chaotischen Nachmittag in Genua überschattet.

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Premier League

von Raphael Honigstein

Mancini wettet auf United: "Wir machen uns mal wieder selbst das Leben schwer", sagte Man-United-Trainer Alex Ferguson nach dem irren 4:4 gegen Everton am Sonntag. Seine Elf hatte teilweise wie ein Absteiger verteidigt und muss nach dem souveränen 2:0-Sieg von Manchester City bei Absteiger Wolverhampton auf einmal wieder um den Titel bangen. "Die Initiative liegt nun bei City", sagte Ferguson, sichtlich bedient. Am nächsten Montag können die Hellblauen im "größten Derby aller Zeiten" (Sun) im Etihad mit einem Sieg die Tabellenspitze übernehmen. Wer hätte das gedacht? "Wir haben eine Chance", sagte Keeper Joe Hart. Coach Roberto Mancini aber wollte davon nichts wissen. "Nur eine Mannschaft kann Meister werden", sagte der Italiener. "Wir haben es nicht in der Hand, wir haben drei Punkte Rückstand, und danach noch zwei schwere Spiele (gegen Newcastle und QPR). Ich habe in meinem Leben noch nicht gewettet, aber man ruhig alles auf United setzen, 100 Prozent." Mancini gratulierte Sir Alex sogar "zu einer tollen Saison und zum Titel". Soviel Kleinmut ist dann doch verdächtig - und macht den Boulevard glücklich: ab sofort wird eine ganze Woche lang von Psychospielchen die Rede sein. United-Geschäftsführer David Gill machte am Montag schon mal den Anfang. "Es bringt nichts, sehr groß in Asien zu sein, wenn man nicht einmal in Manchester die Nummer eins ist", stellte der Manager richtig fest. Ob er damit seine Roten oder City meinte, ließ er allerdings offen.

Hodgsons "Royvenge": Eine peinliche Heim-Niederlage gegen einen schlechteren Gegner, Unruhe auf den Anfield-Rängen - für Roy Hodgson war es Sonntag "business as usual", aber nur fast. Denn anders als bei seinem unglücklichen 2010-2011-Intermezzo auf der Bank der Roten war der 64-Jährige dieses Mal der Trainer der Auswärtsmannschaft. Mit dem etwas glücklichen 1:0-Sieg an der Anfield Road, rückte West Brom (Platz zehn) bis auf einen Punkt an die in der Liga erschreckend schwache Elf (Platz acht) von Kenny Dalglish ran. Hodgson genoss seine "Royvenge" (Sun) und den ersten WBA-Sieg bei Liverpool seit 45 Jahren bescheiden, weil er die Reds-Fans nicht gegen sich aufbringen wollte. "Ich habe großen Respekt vor den Anhängern hier", sagte Hodgson, der in fünf Monaten immerhin mehr Liga-Heimspiele (sechs) als Dalglish in dieser Saison (fünf) gewinnen konnte.

Glückwunsch, Shane! Gratulieren darf man auch Everton-Youngster Shane Duffy. "Ich war noch nie so glücklich in meinem Leben", tweetete der 20-Jährige am Freitag. Die Freude hatte weder sportliche noch romantische Gründe, Duffy hatte sich nicht verlobt und war auch nicht Vater geworden. Nein, Duffys Glück war rein theoretischer Natur. Im elften (!) Versuch hatte er endlich seine theoretische Führerscheinprüfung bestanden. Die Straßen von Liverpool können sich also auf einen bestens ausgebildeten Fahrer mehr freuen.

Serie A

von Oliver Birkner

Pseudo-Tifosi in Genua: Der Calcio als Geisel von rund 80 Ultras, gedemütigte Spieler, peinliche Ohnmacht und ein neues abstruses Kapitel der jüngsten Serie-A-Geschichte - die Bilanz eines surrealen Nachmittages in Genua. Es war 16.12 Uhr, der abstiegsbedrohte CFC hatte soeben das 0:4 gegen Siena kassiert, da machten sich ein Haufen Pseudo-Tifosi aus der Kurve auf, um die Tribüne einzunehmen. Einige auf dem Dach des Spielertunnels, das Gros auf dem Absperrungszaun. Sie schleuderten Böller und bengalische Feuer auf den Platz - der Referee unterbrach die Partie in Minute 54. "Zieht eure Trikots aus, ihr seid derer nicht würdig", forderten die Ultras und nach minutenlangen Beratungen sammelte Kapitän Marco Rossi tatsächlich die Arbeitskleidung seiner Kollegen ein und schritt damit in Richtung der Delinquenten. Die unfassbare Kapitulation vor der unsäglichen Horde begutachtete das machtlose Aufgebot von zehn Polizisten. Nur Giuseppe Sculli (151 Partien für Genoa und Benjamin der Curva Nord) entschloss sich zum Widerstand und redete auf die Ultras ein: "Das ist mein Trikot, meins, das ziehe ich nicht aus!" Sculli, die offensichtlich einzig verbliebene Vernunft inmitten der kollektiven Aufgabe - gerade Sculli, der vor Jahren eine achtmonatige Sperre wegen erwiesener Spielmanipulation absitzen musste und sich regelmäßig damit auseinandersetzen muss, Enkel eines 'Ndrangheta-Bosses mit Rufnamen "Gut geschossen" zu sein. Die Verhandlungen brachten Erfolg und nach 44 Minuten wurde die Partie wieder aufgenommen - da hatten viele Besucher das Stadion bereits angewidert verlassen.

Chaos, Chaos, Chaos: Im traditionellen Schuldzuweisungs-Ringelrein will nun freilich niemand Verantwortung übernehmen. Genoa-Präsident Enrico Preziosi polterte: "Warum waren so wenig Polizisten angesetzt? Und die Ultras? Sie sind das eigentliche Übel - die Delinquenten gehören alle ins Gefängnis. Ich gehe vor denen nicht auf die Knie." Komisch bloß, dass Preziosi (vom Gericht eigentlich noch mit Berufsverbot belegt) auf dem Rasen angeordnet hatte, die Trikots auszuziehen. Jener Preziosi, der im Juni 2005 für 250.000 Euro eine Zweitliga-Partie gegen Venedig gekauft und dem Klub den Zwangsabstieg in die dritte Liga beschert hatte. Indes wusch sich der Polizeichef in Genua die Hände rein und kommentierte, man habe das Geschehen bedächtig kontrolliert. Das Innenministerium rügte die überzogene Tolleranz, es sei ein sofortiger Abbruch ohne Kompromisse fällig gewesen. Der Verband sprach von einer "unerhörten Schande" und wird am Montag eine Stadionsperre über zwei bis drei Spiele verhängen. Parallel wird es für die randalierenden Ultras Stadionverbote hageln, die in der Regel allerdings keine große Hürde zum italienischen Stadionbesuch darstellen. Um das Chaos abzurunden entließ Preziosi übrigens zur Sicherheit noch am Abend Coach Alberto Malesani (zum zweiten Mal in der laufenden Saison) und engagierte Gigi De Canio. Das suggeriert zweifelsohne besonnene Kontinuität.

Engagierter Referee: Tags zuvor musste auch die Partie zwischen Napoli und Cesena unterbrochen werden - allerdings aus weniger dramatischen Gründen. Referee Daniele Doveri zeigte in der ersten Minute dermaßen ungestüm einen Freistoß an, dass er sich die rechte Schulter verrenkte. So machte es sich Doveri also auf der Trage bequem und ließ sich 18 Minuten von den Napoli-Ärzten durchmassieren. Dann konnte er weiterleiten und pfiff erfrischend sanft ohne überzogenes Gestikulieren. Sollte ihm eine Lehre sein.

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Trotz Clasico-Sieg - für Real zählt nur Bayern: Kaum stand der 2:1-Sieg im Clasico beim FC Barcelona fest, da belagerten die Fans von Real Madrid auch schon den Plaza de Cibeles in der spanischen Hauptstadt. Normalerweise werden dort Titel der Königlichen von den Anhängern eifrig gefeiert. Nach Bier- und Cubra libre-Duschen geht's ab in die Fluten des Brunnens Fuente de Cibeles. So passiert auch letzten Samstag, obwohl es ja streng genommen noch nichts zu feiern gibt. Jose Mourinho hat auch überhaupt keine Lust, die Euphorie zu teilen. "Ich verbiete irgendwelche Partys. Wir haben noch überhaupt nichts gewonnen", mahnte der Real-Coach. Die Real-nahen Zeitungen, die sich nach einem Clasico-Sieg normalerweise tagelang ergötzen, fahren in der gleichen Spur. Keine Barca-gehässigen Schlagzeilen, in dieser Woche zählt nur "la Decima". Endlich soll der zehnte Triumph im Landesmeisterpokal her. Vorletzte Hürde: der FC Bayern München. Real scheint total fokussiert auf los Alemanes. In einer Videobotschaft ruft Zinedine Zidane die Real-Fans zur Unterstützung auf. "Real vs. Bayern - das ist euer Spiel. Das müsst ihr gewinnen", spricht Sportdirektor Zizou in Erwartung eines Infernos im Bernabeu. Die Real-Spieler waren beeindruckt von der Stimmung im Hinspiel und erwarten Ähnliches am Mittwoch. "Die Bayern wurden 90 Minuten nach vorne gepeitscht. Aber unsere Fans können das noch besser", prophezeite Iker Casillas.

Balsam für die Madrider Seele: Nicht nur das Duell der Duelle ging am Wochenende an Real, auch im "kleinen Clasico" ging Barcelona leer aus. Dank eines Turan-Doppelpacks binnen 120 Sekunden bezwang Atletico Espanyol mit 3:1. Damit in Sachen Madrid-Feierlichkeiten nicht genug, wackelt nach Reals 2:1 jetzt auch noch der Barca-Punkte-Rekord aus der Saison 2009/2010. 99 Zähler sammelten die Blaugrana damals auf dem Weg zum Titel - eine Marke, die die Königlichen in dieser Spielzeit noch knacken könnten. Allgemeines Credo: Die letzten vier Partien gewinnen und mit 100 Punkten Meister werden.

Wo bleibt die Kohle? Der FC Getafe hat es als Madrider Vorortklub ja ohnehin schwer gegen das übermächtige Real und das so emotionale Atletico. Dennoch spielt das Unterhaching Madrids seit Jahren eine gute Rolle im spanischen Vereinsfußball. Trotz der 0:1-Pleite in Granada hat Getafe immer noch Chancen auf die Teilnahme an der Europa League. Aber eigentlich rechnet Klubchef Angel Torres mit deutlich mehr in den nächsten Jahren. Die Champions League soll's sein - wenn möglich jedes Jahr. Dafür wurde ein Deal geschlossen mit der Royal Emirates Group (REG) aus Dubai - angeblich. Seit einem Jahr spricht Torres von rosigen Zeiten bei Getafe. Spätestens am 30. April, also innerhalb der nächsten acht Tage, sollte das Geschäft über die Bühne gegangen sein. Laut Torres wird die REG den Klub übernehmen und 20 Millionen Euro jährlich in die Mannschaft pumpen. Dumm nur, dass sich die Scheichs seit Monaten nicht melden und der Klub allmählich in finanzielle Schräglage gerät. Inzwischen ist von Notverkäufen die Rede, um den Etat von 45 Millionen Euro zu halten. Also ihr Scheichs: Her mit der Kohle!

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