"Wir haben nichts zu sagen"

Von SPOX
Steht bei Xamax angeblich vor dem Aus: Mittelfeldspieler Gilles Binya, dem ein Eigentor unterlief
© Getty

Nach nur zwei Spieltagen der jungen Saison steht der Schweizer Erstligist Xamax Neuchatel ohne Präsident, Sportdirektor und Trainerteam da. Der Grund: Nach zwei Niederlagen wurde die gesamte sportliche Leitung vom launischen tschetschenischen Hauptaktionär entlassen. Auch Spieler bekommen den Zorn des Bosses zu spüren.

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UPDATE0:3 gegen den FC Luzern, 0:2 gegen den FC Basel - das war Bulat Tschagajew schon zu viel.

Der Besitzer von Xamax Neuchatel fackelte nicht lange und gab direkt nach der zweiten Niederlage im zweiten Saisonspiel am Sonntag Chefcoach Francois Ciccolini, Torwarttrainer Jean-Luc Ettori und Sportdirektor Sonny Anderson den Laufpass.

Am Montag bekam dann auch noch der von Tschagajew selbst installierte Präsident Andrej Rudakow den Stuhl vor die Tür gestellt.

"Man kann keine Wunderdinge erwarten"

Zurück blieb ein ratloser Ciccolini. "Man kann von uns keine Wunderdinge erwarten", sagte der Trainer kurz nach seiner Entlassung. Ciccolini hatte erst zu Beginn der Saison Bernard Challandes als Coach ersetzt. "Ich wäre gerne geblieben, aber wir hätten mehr Zeit gebraucht. Wir haben ohne Unterbruch notfallmäßig gearbeitet, das geht einfach nicht", so Ciccolini.

Anderson nahm es gelassener: "Er ist der Hauptaktionär, er entscheidet, wir haben nichts zu sagen."

Am Montag ging das Chaos weiter. Am Nachmittag sickerte durch, dass nun auch Rudakow nicht mehr als Präsident im Amt ist. Sein Nachfolger soll Islam Satujew werden, laut "Blick" ist er die rechte Hand Tschagajews.

Medien: Spieler haben Angst, zu trainieren

Am Montagmorgen hätte eigentlich Christophe Moulin als Interimscoach das Training leiten sollen. Dazu kam es aber nicht. "Die Spieler waren nach dem, was gestern geschah, nicht in der Lage, zu trainieren", teilte der Xamax-Medienchef der Schweizer Presse am Vormittag mit.

"Alle haben Angst. Es ist schwierig zu verstehen, was der Klubboss vorhat", wird ein nicht näher genannter Profi vom "Blick" zitiert.

Angeblich soll Tschagajew bereits mindestens zwei Spielern offen zum sofortigen Vereinswechsel geraten haben. Demnach dürfen Gilles Binya und Carlao die Koffer packen. Binya war gegen Basel ein Eigentor unterlaufen. Carlao war erst vor zwei Wochen vom japanischen Erstligisten Kashima Antlers ausgeliehen worden.

Bailly zum Chaos-Klub gewechselt

Nach der Auftaktpleite gegen Luzern war bereits Torwart Rodrigo Galatto - erst seit einem halben Jahr bei Xamax - mitgeteilt worden, dass Tschagajew nicht mehr mit ihm plane.

Vergangene Woche kam Logan Bailly (Borussia Mönchengladbach) bereits als Nachfolger auf Leihbasis plus Kaufoption. Weil dieser aber noch verletzt ist, hütete Jean-Francois Bedenik gegen Basel das Tor.

"Nach dem Verlauf der vergangenen Saison ist dies für Logan und für uns eine gute Lösung", hatte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl zu Baillys Wechsel gesagt.

"I will kill you all!"

Tschagajew ist seit Mai 2011 alleiniger Machthaber bei Xamax. Die genauen Geschäftsfelder des tschetschenischen Milliardärs sind wenig überschaubar, sein Engagement wird deshalb in der Schweiz skeptisch gesehen.

Für Aufsehen sorgte Tschagajew bereits kurz nach seinem Amtsantritt, weil er seinen Spielern in der Halbzeit des Pokalfinals gegen den FC Sion (0:2) mit dem Satz "I will kill you all!" gedroht haben soll.

Später dementierte Tschagajew: "Ich habe diese Worte nie ausgesprochen."

Tschagajew will in die Königsklasse

Er habe sich vielmehr auf eine SMS eines jungen Xamax-Fans bezogen, der angeblich zu der Zeit im Krankenhaus lag und mit dem Tode rang.

"Ich diesem Sinne habe ich den Spielern sagen wollen, dass sie den Jungen töten werden, wenn sie nicht für ihn kämpfen. Und dann habe ich angefügt, dass es an ihnen liege, für ihn zu sterben - das ist alles."

Eine weitere kuriose Aussage Tschagajews war: "Wir werden uns schnell den Herausforderungen in Europa stellen, angefangen bei der Champions League." In der vergangenen Saison war Xamax als Achter der Zehner-Liga nur knapp dem Abstieg entronnen.

Die Schweizer Super League im Überblick