Financial Fair Play: Die große UEFA-Reform

Von Christian Bernhard
UEFA-Präsident Michel Platini ist der Vater des Financial Fair Play
© Getty

Financial Fair Play - drei Wörter, die den Profifußball in Europa laut UEFA-Präsident Michel Platini in eine bessere Zukunft führen sollen. Das Prinzip hinter dem Konzept ist einfach: "Jeder Klub soll nicht mehr ausgeben, als er einnimmt." Doch was heißt das für die Vereine in den kommenden Jahren konkret? Und mit welchen Sanktionen haben sie zu rechnen, falls sie die Auflagen nicht erfüllen sollten? SPOX gibt einen Überblick über die wichtigsten Aspekte des FFP, das zusammen mit den Klubs ausgehandelt und im Mai 2010 abgesegnet wurde. An diesem Freitag tritt es offiziell in Kraft.

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2009 haben die europäischen Vereine laut UEFA-Sekretär Gianni Infantino "11,7 Milliarden Euro eingenommen und 12,9 ausgegeben, rund sieben nur für Gehälter. Das bedeutet ein Defizit von 1,2 Milliarden." Zu viel für die UEFA. "Wir wollen einen nachhaltigen Fußball. Man kann einen Titel nicht auf Pump gewinnen", sagt Infantino. Daher wurde das Financial Fair Play (FFP) ins Leben gerufen.

Das FFP hat zum Ziel, die Ausgaben der Vereine zu senken. Um den Klubs mit großen Bilanz-Problemen die Möglichkeit zu geben, sich Schritt für Schritt anzupassen, gibt es einen mehrjährigen Stufenplan.

Das FFP tritt in der Saison 2011/2012 in Kraft, ab 2012 fließen die Bilanzen der Klubs, die normalerweise im Kalenderjahr berechnet werden, in die UEFA-Berechnungen ein. 2013 beginnen dann die Kontrollen, die ab der Saison 2014/15 zu ersten Sanktionen führen können.

Da die Vereine nicht von heute auf morgen saubere Bilanzen vorlegen können, dürfen sie von 2012 bis 2014 insgesamt ein Defizit von 45 Millionen Euro machen. In der zweiten Phase (2014 bis 2017) darf das Defizit nur noch maximal 30 Millionen betragen. 2017 sollen die Bilanzen ausgeglichen sein.

Gehälter & Ablösen

Das Defizit in den FFP-Berechnungen ist allerdings nicht gleichzusetzen mit dem Verlust, denn es gibt auch Ausgaben, die nicht in die Berechnung mit einfließen.

"Nicht enthalten sind Abschreibung/Wertminderung von Sachanlagen, Amortisation/Wertminderung von immateriellen Vermögenswerten (ohne Spielerregistrierungen), Ausgaben für die Nachwuchsförderung, Ausgaben für gemeinwohlorientierte Projekte sowie weitere nicht monetäre Posten, Finanzaufwand, der direkt dem Bau von Sachanlagen zuzuschreiben ist, Steueraufwand und Ausgaben für nicht fußballerische Tätigkeiten", heißt es in den UEFA-FFP-Bestimmungen.

Sprich: Investitionen in den Jugendbereich, den Stadionbau oder in soziale Projekte werden nicht als Ausgaben gewertet. Das Hauptaugenmerk liegt auf den Transferausgaben und Gehaltszahlungen, die in den letzten Jahren explodiert sind. "Gehälter und Transfersummen haben ein ungesundes Niveau erreicht. Es gilt jetzt, auf einen rationalen Weg zurückzufinden", betonte FCB-Boss Karl-Heinz Rummenigge im Fachmagazin "Sponsors".

Darlehen sind tabu

Im FFP-Kontext ist immer die Rede von Defizit, nicht von Schulden, wie sie die Klubs in ihren Bilanzen ausweisen. Ein Beispiel: Chelsea hat im vergangenen Jahr laut Analysten rund elf Millionen Euro in die Jugend gesteckt, weitere zehn Millionen können im Zusammenhang mit Abschreibungen für das Trainingsgelände oder für Einrichtungen an der Stamford Bridge abgezogen werden. Der in der letzten Bilanz ausgewiesene Verlust von etwa 78 Millionen würde im FFP-Sinn also um 21 Millionen reduziert.

BLOGWelche Folgen wird das Financial Fairplay haben?

Die 45 bzw. 30 Millionen Euro, die die Vereine in Phase 1 bzw. Phase 2 überziehen können, werden am Ende der drei Jahre berechnet. Die Vereine könnten also beispielsweise in Phase 1 in den ersten zwei Jahren 100 Millionen Euro drüber sein, wenn sie im letzten Jahr 55 Millionen zurückerwirtschaften. Wenn die 45 bzw. 30 Millionen in Anspruch genommen werden, müssen sie klarerweise später beglichen werden.

Wie? Durch Kapitalerhöhungen oder Schenkungen, aber nicht mit Darlehen. Roman Abramowitsch, um beim Beispiel Chelsea zu bleiben, könnte dem Verein also Geld schenken, aber nicht leihen. Das geliehene Geld könnte er eines Tages nämlich zurückfordern, die Schenkung nicht.

Ab der Saison 2017/18 dürfen die Vereine dann nur noch so viel ausgeben, wie sie auch einnehmen. Ein kleiner Bonus, den die Klubs zusätzlich nützen können, ist ein "niedrigerer Betrag, der zu gegebener Zeit vom UEFA-Exekutivkomitee festgelegt werden wird", heißt es in den FFP-Richtlinien.

Wie wird kontrolliert?

Ein UEFA-Kontroll-Panel ("Club Financial Control Panel") - bestehend aus acht Finanzexperten sowie Juristen und angeführt vom belgischen Ex-Premier Jan-Luc Dehaene - wird die Vereine überwachen und kann Disziplinarverfahren einleiten. Die Strafen reichen von Geldstrafen über Punktabzüge bis hin zum Ausschluss aus den europäischen Wettbewerben.

Die kommenden beiden Spielzeiten werden herangezogen, um die ersten Berechnungen zu ermöglichen. In der Saison 2013/14 greifen die ersten Maßnahmen und 2014/15 könnten rein theoretisch die ersten Teams ausgeschlossen werden.

Risiken und Gefahren

Viele Beobachter fürchten, dass die Regeln gegen die kleinen Vereine angewandt, die Top-Klubs hingen verschont werden. Dagegen wehrt sich Platini im Interview mit der Turiner Tageszeitung "La Stampa": "Das hieß es in Frankreich auch, als strenge Kontrollauflagen eingeführt wurden. Dann landeten Marseille und Bordeux aber in der 2. Liga."

Für Thomas Treß, BVB-Geschäftsführer im Bereich Finanzen und Organisation, lässt sich die Frage, ob die UEFA Vereine wie Real oder Manchester United bei Verstößen wirklich aus der Champions League ausschließen würde, "heute nicht sinnvoll beantworten. Trotzdem wird sich die Situation in den nächsten Jahren sukzessive verschärfen, so dass sich alle Klubs auf diese Spielregeln einstellen müssen. Für uns und für andere wird das bedeuten, dass sich Spielergehälter und Transfersummen tendenziell nach unten oder seitwärts bewegen werden."

Die Angst vor potenziellen Schlupflöchern ist ebenfalls groß, doch auch hier gibt sich UEFA-Präsident Platini optimistisch: "Wenn jemand 100 Millionen Euro in den Klub pumpt und sie als Sponsoring durchgehen lässt, muss er auch beweisen, dass es diese Summe auch wert ist."

Platini stellte klar, dass "wir nicht eingreifen, um die Klubs umzubringen, sondern um zur Normalität zurückzukehren - ohne dass Vereine reihenweise bankrott gehen."

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