Gattuso: "Mein Schuss war totaler Dreck"

SID
Jetzt trifft er auch noch: Milans Mittelfeldmann Gennaro Gattuso (l.)
© Getty

Gennaro Gattuso entscheidet mit seinem Tor das Spiel gegen Juventus Turin zugunsten des AC Milan und lacht sich darüber halb schlapp. Inters Yuto Nagatomo hingegen trifft gegen Genua und wird daraufhin fast ohnmächtig. In England sehen Alex Ferguson und Kenny Dalglish zu, wie ihre Spieler sich gegenseitig zertreten und in der Primera Division erzielt Jose Antonio Reyes für Atletico ein Tor, das er nicht schöner hätte malen können.

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Serie A

von Oliver Birkner

Gattusos Drecks-Schuss: Auf dieses Erlebnis musste Gennaro Gattuso über drei Jahre warten. Zuletzt hatte er am 23. Januar 2008 gegen Atalanta getroffen, am Samstag gelang ihm das 1:0-Siegtor über eine beinahe bemitleidenswert konfuse Juve. "Ein Wunder, dass das Ding überhaupt reingegangen ist. Ich habe den Ball gar nicht richtig getroffen - der Schuss war eigentlich totaler Dreck", kommentierte Gattuso. War ja auch sein schwacher linker Fuß, obwohl der rechte nun nicht unbedingt über versiertere Technik verfügt. Nach Spielschluss verschaffte sich Rino erst einmal Luft und rügte alle Milan-Kritiker: "Unglaublich, wie viele uns zu einer mittelmäßigen Gurkentruppe machen. Wir sind doch nicht Longobarda!" Longobarda hieß der fiktive Klub aus der Lombardei in einem sehr amüsanten Fußballfilm von 1984.

In der Geschichte erhält Trainer Oronzo Cana bei der Societa Sportiva Longobarda seine erste Serie-A-Anstellung, und verspricht prompt, Karl-Heinz Rummenigge, Platini und Maradona zu verpflichten. Letztlich kommt überraschenderweise keiner der drei, ganz im Gegenteil werden die besten Spieler an Juve verkauft. In letzter Verzweiflung reist Cana nach Brasilien, um Socrates zu holen, ergattert jedoch lediglich den unbekannten Aristoteles. Trotz einiger böser Klatschen, darunter ein 0:7 gegen Milan, schafft Longobarda den Klassenerhalt mit Canas formidabler 5-5-5-Taktik: "In Ballbesitz gehen die fünf Abwehrspieler nach vorne, die fünf Angreifer nach hinten und dann flugs wieder umgekehrt. Jeder wird denken: Was ist da los? Haben die fünf Spieler mehr auf dem Platz?" Bei Tottenham am Mittwoch fehlen Milan fünf Mittelfeldspieler, vielleicht wäre da ein bisschen Longobarda gar nicht so schlecht.

Darf der das? Nun darf sich Inter schon wieder etwas Neues in die Annalen eintragen, nämlich das erste japanische Tor der 103-jährigen Klubgeschichte. Für Yuto Nagatomo war der Treffer zum 5:1 über Genua (Endstand 5:2) gleichzeitig sein erster Treffer in Italien. "Eigentlich darf ich gar nicht vorne sein und treffen, ich bin doch Verteidiger", sagte der Japaner demütig. Da ist wohl eine Entschuldigung fällig. Nagatomo wollte die Tor-Premiere übrigens mit einem besonderen Jubler zelebrieren, was allerdings nicht klappte, denn: "Als der Ball reinging, wurde mir für einige Sekunden ganz schwarz vor Augen." Kapitän Javier Zanetti half aus, stellte sich vor den 24-Jährigen und verbeugte sich nach japanischem Usus. Ganz nebenbei stellte Inter-Trainer Leonardo mit dem Sieg einen Serie-A-Rekord der Drei-Punkte-Ära auf: In seinen ersten 13 Spielen bei Inter holte er 33 Punkte und überrundete Fabio Capellos 32 Zähler in Diensten von Juventus 2004. Einziger Störfaktor in San Siro war Zuschauer Mario Balotelli, der mit Pfiffen und Beschimpfungen überschüttet wurde. Zuletzt hatte der Ex-Interista pfiffig an seiner Beliebtheits-Skala gedreht, als er das Stadion nach dem Mailänder Derby der Hinrunde mit "Ibra, Ibra"-Gesängen verließ. Im nächsten Stadtduell Anfang April dürfte ihm das mehr Sympathien bei den Tifosi einbringen, dann heißt der Gastgeber AC Milan.

Premier League

von Raphael Honigstein

Fish & Chips bei Familie Dalglish: Liverpools 3:1-Sieg gegen Manchester United war natürlich das Ereignis des Wochenendes. Fast noch aufregender als das Match waren jedoch die alten Alex-Ferguson-Geschichten, die Kenny Dalglish unter der Woche erzählte. Bisher hatte man immer gedacht, dass die beiden Schotten gegenseitige Abneigung verbindet, aber laut Dalglish versteht man sich gar nicht so schlecht. Der bereits als Profi bei den Rangers etablierte Fergie nahm zum Beispiel den blutjungen Kenny früher öfters im Auto mit in die Stadt, denn sie waren praktisch Nachbarn in Glasgow. "Er hatte einen sehr großen Wagen", erinnerte sich Dalglish. Später hospitierte der zukünftige Sir Alex im Pub-Restaurant von Dalglish' Schwiegereltern und lernte dort unter anderem die Zubereitung von Fish & Chips. Auf dem Platz begegnete man sich übrigens das erste Mal  in einem Reservespiel von Glasgow Rangers gegen Celtic 1969.  "Ich war 17 Jahre alt und musste ihn damals decken, seine Ellbogen sind mir in Erinnerung geblieben. Er hat mal erzählt, dass er in der Partie ein Tor gemacht hat, aber das glaube ich nicht." Dalglish zeigte lächelnd auf die Innentasche seines Sakkos. "Ich hatte ihn hier drinnen". So war es auch am Sonntag.

Fußball nach alter, englischer Art: Nur in England (und vielleicht in Schottland) konnte das zum Teil äußerst rüde geführte Match an der Anfield Road ohne Platzverweise zu Ende gehen. Jamie Carragher schlitzte das Schienbein von Nani auf: Gelb. Rafael wurde von Maxi in den Oberschenkel getreten und versuchte danach, in vollem Lauf Lucas Leiva umzupflügen: Gelb für Rafael.  Luis Suarez zog den kleinen Brasilianer danach an den Haaren: kein Thema für den Referee. Schon zuvor hatte Edwin van der Sar Dirk Kuyt im Vorbeilaufen einen Ellbogen mitgegeben. Das größte Vergehen hatte in den Augen vieler Betrachter jedoch der arme Nani begannen: der Portugiese weinte nach Carras Horror-Foul auf dem Platz. "Das geht nicht", rümpfte unter anderem Daniel Taylor, der Reporter vom "Guardian" die Nase. Kurz nach Abpfiff machte im Netz natürlich schon ein bitterböses Wortspiel die Runde. (Kurz zur Erklärung davor: der Name Nani erinnert die Briten an "nan", die Oma (umgangssprachlich) und auch an "nanny", das Kindermädchen) Also: " Wayne Rooney war doch etwas enttäuscht, als er Nanis Ritze zu Gesicht bekam." Autsch.

Fehler in der Vergangenheit: Es war keine gute Woche für Gerard Houllier. Der Franzose stellte beim 0:3 im FA-Pokal-Wiederholungsspiel bei Manchester City eine bessere B-Elf auf und verhedderte sich danach in Widersprüchen. Zuerst erklärte er, dass selbst seine beste Elf keine Chance gehabt hätte, dann entschuldigte er sich bei den mitgereisten Fans dafür, ihnen seine Pläne nicht schon vorher mitgeteilt zu haben. Falls das Ziel war, den Pokal abzuschenken, um dafür im Kellerduell gegen die Bolton Wanderers am Samstag frischer zu sein, ging er nicht wirklich auf.  Aston Villa verlor 3:2. Houllier wäre jedoch nicht Houllier, wenn er keine gute Ausrede parat gehabt hätte. "Wir sind selbst Schuld, weil wir vor drei Jahren (den zweifachen Torschützen) Gary Cahill an Bolton verkauft haben", sagte der 63-Jährige. "Doch damals war ich noch nicht da". Das leuchtet ein.

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Ein Hauch von Roberto Carlos: Im Juni 1997 setzte der Brasilianer mit seinem legendären Freistoßtor im Länderspiel der Selecao gegen Frankreich sämtliche physikalischen Gesetze außer Kraft. Am Samstag schnappte sich Jose Antonio Reyes in der Rangliste der Tor-Phänomene einen der vorderen Plätze. Im Spiel von Atletico Madrid gegen den FC Villarreal (3:1) schoss das ewige, aber schlampige Talent die Rojiblancos in der 5. Minute in Führung - mit einem Kunstwerk aus knapp 25 Metern. "Erst dachte ich, der Ball geht weit vorbei, aber dann ist er in den Winkel gefallen. Ich hab' das schon so geplant, aber ehrlich gesagt auch ziemlich viel Glück gehabt", sagte Reyes. Villarreals Trainer Juan Carlos Garrido wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte: "Ein wunderschönes Tor. Aber weil es gegen meine Mannschaft gefallen ist, muss ich sagen: Ein widerliches Tor."

Die schöne Sara geht fremd: Seit ihrem charmanten Auftreten als Field-Reporterin für einen spanischen TV-Sender während der WM 2010 in Südafrika ist Sara Carbonero weltbekannt. Nach dem Finalsieg der Spanier wurde sie vor laufenden Kameras von Lover Iker Casillas niedergeknutscht. Jetzt will die schöne Sara andere Männer glücklich machen. Gemeinsam mit Ford und "marca.com" sucht sie den ultimativen Fußballexperten in Spanien. In einer Sonderausgabe der beliebten TV-Quizshow "Pasapalabra" soll der Albert Einstein del futbol espanol gesucht und gefunden werden. Der Sieger sitzt beim Champions-League-Finale in London im Stadion und fährt demnächst einen Ford Focus. Mitmachen lohnt sich also. Wegen des Final-Tickets.

Pellegrinis fürchterliche Woche: Er mauserte sich beim FC Villarreal zu einem der angesagtesten Trainer. Er durfte bei Real Madrid arbeiten. Umso erschreckender ist der Absturz von Manuel Pellegrini. Seit November 2010 ist der Chilene Coach des FC Malaga und steuert trotz jeder Menge Neueinkäufe im Winter zielsicher Richtung Zweite Liga. Unter der Woche hagelte es für Malaga sieben Gegentore im Bernabeu. Pellegrini verblüffte nach dem Spiel bei Real Madrid mit der Aussage, er habe ohnehin nicht damit gerechnet, zu punkten und dass er seine Mannschaft lieber für das Spiel gegen Osasuna komplett geschont hätte. Dumm nur, dass seine Spieler auch diese Partie vergeigten; Sergio traf in der Nachspielzeit. Für Osasuna war es der erste Auswärtssieg seit Januar 2010. In den 21 Spielen zuvor gab es 19 Pleiten. Und Pellegrini? Der sprach von einem "harten Schlag" im Kampf gegen den Abstieg. Schwere Zeiten für den einstigen Erfolgscoach.

DIASHOWDie umsatzstärksten Klubs Europas 2011