Cassano & Ibrahimovic: Was aufs Maul?

SID
Jeder konzentriert sich auf seine Art: Antonio Cassano (l.) und Zlatan Ibrahimovic vom AC Milan
© Getty

In Italien kündigt Milan-Neuzugang Antonio Cassano seinem Kollegen Zlatan Ibrahimovic eine Schlägerei an. In England sorgen die sexistischen Kommentare zweier TV-Promis für einen Sturm der Entrüstung. In Spanien erfindet sich Andres Iniesta mal eben neu und Jose Mourinho geht auf dem Zahnfleisch.

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Serie A

von Oliver Birkner

Alle Zehne: In den vergangenen Monaten wird in Florenz weniger über Fußball gesprochen, was bei den derzeitigen Darbietungen der Fiorentina durchaus nachvollziehbar ist. Die Spieler indes sorgen sehr wohl für Schlagzeilen - mit ihren nächtlichen Eskapaden. Zuletzt am Samstagfrüh, als Juan Manuel Vargas' demolierter Porsche Cayenne gegen sechs Uhr morgens umgekippt eine Straße nahe des Zentrums blockierte. Den Unfall fabrizierte Vargas' Cousin, der keinen Führerschein besitzt, dafür aber 1,5 Promille im Blut hatte. Ungünstigerweise ereignete sich der Unfall fast direkt vor dem Haus von Trainer Sinisa Mihajlovic, der angesäuert kommentierte: "Ich glaube nicht, dass Juan zu mir wollte. So früh bin ich noch nicht wach." Ausländische Nachtschwärmer haben bei der Fiorentina übrigens Tradition: Erst zuletzt zeichnete sich Adrian Mutu im Zentrum mit zwei frühmorgendlichen Schlägereien aus. Edmundo, genannt "das Tier", galt als fast täglicher Stammgast und inflationärer Cocktail-Vernichter in der bekanntesten brasilianischen Disko von Florenz. Sein Landsmann Sokrates musste nach seinen notorischen Bier-Zigaretten-Bonanzas des Öfteren nachts von Kellnern nach Hause getragen werden. Stefan Effenberg galt als Partylöwe, sobald sich Frau Martina in den Heimaturlaub verabschiedete. Dabei munkelt man in Florenz immer noch, Effe habe sich in der Nacht vor einer wichtigen Partie im Hotel bis zum Sonnenaufgang mit zwei netten weiblichen Angestellten der Herberge vergnügt. Spitzenreiter bleibt jedoch Saliou Lassissi: Der wählte vor dem Dom mitten in der Nacht volltrunken die falsche Fahrtrichtung und mähte zehn Autos nieder. Strike!

Geschäftsidee à la Cassano: Auch Antonio Cassano hat bereits einige Tollheiten hinter sich. Seine ersten Einsätze beim AC Milan sahen wie beim 2:0 über Cesena am Sonntag vielversprechend aus - allerdings warten viele bereits gespannt auf den ersten Zwist mit dem ebenfalls turbulenten Charakter des Zlatan Ibrahimovic. So haben sich beide eine gewinnbringende Strategie ausgedacht, wie Cassano verriet: "Wir wollen eine Schlägerei fingieren, vorher unseren Freunden Bescheid geben und reichlich Kohle darauf wetten. Nachher teilen wir uns dann das Geld." Ideen muss man haben.

Besser als Deutschland: Milans Geschäftsführer Adriano Galliani befasst sich derzeit ebenfalls mit Geld und fürchtet den schwindenden Champions-League-Platz der Serie A. Deshalb fordert er von der UEFA, das Ranking-System zu reformieren: "Es kann nicht sein, dass Europa- und Champions League in einen Topf geworfen werden. Dieses Philosophie ist unsportlich, unwirtschaftlich und wider jede Logik. In den letzten Jahren der Champions League steht die Serie A hervorragend da - besser als der direkte Konkurrent Deutschland. Deshalb ist es absurd, dass Italien wegen der Ergebnisse in der Europa League 2012/13 einen Platz in der Königsklasse verlieren soll." Es ist freilich auch absurd, den ehemaligen UEFA-Pokal seit Jahren beinahe wie eine Last zu behandeln, und in durchaus machbaren Gruppen regelmäßig anonyme Vorstellungen zu bieten. So muss man eben mit den sportlichen Konsequenzen leben.

Premier League

von Raphael Honigstein

Beavis and Butthead: Richard Keys und Andy Gray sind, wenn man so will, das Delling & Netzer-Duo des britischen Fernsehens, nur weitaus weniger nett. Am Samstag machten sich beide während der Partie Wolverhampton Wanderers gegen Liverpool (0:3) über Schiedsrichterassistentin Sian Massey lustig. "Jemand sollte runter gehen und ihr die Abseitsregel erklären", sagte Keys, "der Fußball ist verrückt geworden." Dazu machten sie sich über West-Ham-United-Geschäftsführerin Karren Brady lustig, die in einer Kolumne über die Benachteiligung von Frauen im Fußball geklagt hatte.  "Sie beschwert sich über Sexismus? Tu mir einen Gefallen, Schätzchen", sagte Keys. Die Fernsehleute waren nicht auf Sendung, als diese Worte fielen, hatten aber noch ihre Mikrofone an;  ein Mitarbeiter spielte der Mail on Sunday die Aufnahmen zu. Die sexistischen Kommentare sorgen auf der Insel für einen Sturm der Entrüstung und als Konsequenz wurden Keys und Gray für die Partie Bolton gegen Chelsea am Montagabend aus dem Verkehr gezogen. Massey hatte übrigens in einer wirklich kniffligen Szene vor dem 1:0 von Fernando Torres richtig entschieden.

Hamburger Verhältnisse: Wer denkt, der HSV hätte sich mit den gescheiterten Verhandlungen mit Matthias Sammer lächerlich gemacht, muss mal ins East End von London schauen. Dort genießt Trainer-Darsteller Avram Grant "das hundertprozentige Vertrauen des Vorstands" (Eigentümer David Sullivan) - weil Wunschkandidat Martin O'Neill in letzter Sekunde abgesagt hat. Ein 2:2 beim FC Everton war unter diesen Umständen ein exzellentes Ergebnis, beinahe hätte man sogar gewonnen. Leider feierte Frederic Piquionne nach seinem Treffer zum 1:2 für for Hammers zu ausgelassen mit den mitgereisten Fans und wurde dafür vom Platz gestellt. Everton konnte so noch ausgleichen. "Das nächste Mal sage ich meinen Spielern, dass sie auf eine Beerdigung gehen, wenn sie ein Tor schießen", scherzte Grant. Die Party - beziehungsweise die Trauerfeier - wird noch ein paar Wochen weitergehen.

Nur logisch: Blackpool-Trainer Ian Holloway ist ein Mann mit Prinzipien. "Der Fußball ist kaputt, man darf so etwas nicht zulassen", schimpfte der 47-Jährige im Oktober, als  Wayne Rooney mit Man City flirtete. Zurzeit macht ihm Aston Villas und Liverpools Werben um seinen Kapitän Charlie Adam Sorgen. "Eine absolute Unverschämtheit, eine Frechheit", sagte Holloway, "es ist ein Skandal. Man verdreht dem Spieler den Kopf." Falls Adam gehen sollte, hat der Coach zum Glück jedoch schon einen Ersatz in Aussicht. "Uns gefällt Adam Hammill vom FC Barnsley. Wir haben ein Angebot gemacht, das seine Ausstiegsklausel aktiviert..."

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Stressresistenz: Sieben Tore, drei Rote Karten und jede Menge Aufregung gab's am späten Samstagabend im Mestalla zu bestaunen. Gastgeber Valencia gewann durch ein Tor von Aduriz in der Nachspielzeit, nachdem sich die Gäste aus Malaga zuvor als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen hatten und trotz Unterzahl - Demichelis flog nach einer Viertelstunde vom Platz, sein Abwehrpartner Helder Rosario in der 65. Minute - Kurs auf ein Unentschieden nahmen. Zu allem Überfluss musste Gästetrainer Manuel Pellegrini in der 79. Minute auf die Tribüne. Schuld am ganz Tohuwabohu war natürlich der Schiedsrichter. Senior Antonio Rubinos Perez war eine "Schande" und "hat die Partie zerstört", wie Malagas Apono feststellte. Pellegrini hatte die "schlechteste Schiedsrichterleistung seit ich in Spanien bin" gesehen. An Schiri Perez perlte die Kritik ganz locker ab, hatte er doch eigentlich noch Milde walten lassen: "Apono hat Glück gehabt, dass er nur Gelb gesehen hat, obwohl er mich als Arschloch und Hurensohn bezeichnet hat."

Königliche Abnutzungserscheinungen: Jose Mourinho würde im Halbfinale der Copa del Rey am Mittwoch gegen Sevilla am liebsten eine ganz neue Mannschaft auf den Platz schicken, denn seine Spieler würden auf dem Zahnfleisch gehen, wie er sagt. Sein Team sei "körperlich abgenutzt" und erschöpft vom "mentalen Druck", den Meisterschaft und Pokal mit sich brächten, sagt er auch. In der Tat kommt Real Madrid gerade nicht so spritzig daher wie früher in der Saison. Ein 1:1 gegen Almeria und ein hingewürgtes 1:0 gegen Mallorca sind wahrlich kein Ruhmesblatt. Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass was dran ist an Mourinhos Gejammer. Selbst das Nervenkostüm eines so besonnenen Zeitgenossen wie Iker Casillas scheint mitgenommen. Anders ist es wohl nicht zu erklären, dass er sich gleich zu Beginn des Spiels gegen Mallorca am Sonntagabend mit Marcelo anlegte und dem Brasilianer wegen schlampiger Abwehrarbeit fast an den Kragen gegangen wäre.

Der neue Iniesta: Vermutlich kostet es Real noch die letzten verbliebenen Körner, wenn man sich noch ein paar Wochen ansehen muss, wie der FC Barcelona jeden Gegner am Nasenring durch die Arena schleift.Diesmal traf es Racing Santander, das vermutlich bis in die Morgenstunden ausgelassen in irgendeiner Bodega feierte, dass man nicht sieben oder acht Stück kassiert hatte. Anders formuliert: Barca war wieder gut. Vor allem einer: Andres Iniesta. Jetzt ist es kein Geheimnis mehr, dass der 26-Jährige mit dem fahlen Teint ganz gut in seinem Fach ist, doch in Spanien sagt man, Iniesta habe sich in dieser Saison neu erfunden. "Der bessere Iniesta" titelte "El Pais" nach dem Santander-Match und meint: Jetzt spielt der Kerl nicht mehr nur wie der Teufel, sondern macht auch noch Tore. Sieben sind es seit Samstag und damit eins mehr als in seiner bisherigen Rekordsaison 2006/2007, als er für sechs Treffer 38 Spiele brauchte. Als Konkurrenten kann einen so was körperlich und mental ganz schön abnutzen.

Benzema erlöst harmloses Real