Jose: Was für eine langweilige Premier League

Von SPOX
Inter-Coach Jose Mourinho wurde im September 2007 als Trainer des FC Chelsea entlassen
© Getty

Inter-Coach Mourinho argumentierte, dass der englische Ligafußball deutlich schwächer sei als zu seiner Zeit in London. Eine 89-jährige Oma campiert im Mailänder Nieselregen und in Barcelona übertreiben Chaoten die Meisterfeier.

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Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.

Serie A

Von Oliver Birkner

Wässrige Augen bei Mourinho und Milito: Um 16.17 Uhr war der 18. Scudetto eingetütet. Da hatte Diego Milito auf Vorlage des unermüdlichen Capitano Javier Zanetti zu Inters 1:0 getroffen (57.) und Sienas Widerstand gebrochen. Zuvor durfte sich die Roma lediglich 30 Minuten als Meister fühlen - den Giallorossi gebührte trotzdem Respekt vor einer grandiosen Saison, in der sie zwischenzeitlich 14 Zähler Rückstand pulverisierten. Verdienter Meister darf sich Inter allemal nennen: Beste Offensive, beste Abwehr, die wenigsten Niederlagen und zusammen mit der Roma die meisten Siege. Mit dem 18. Scudetto überrundete man nicht nur die Stadtkonkurrenz vom AC (17), erst zum dritten Mal in der Geschichte der Serie A gelangen nach Juventus und dem Grande Torino überhaupt fünf Meisterschaften in Folge. Der in dieser Saison überragende Milito brach auf dem Feld ob seines ersten europäischen Meistertitels in Tränen aus, und auch Jose Mourinho hatte stark wässrige Augen. Mehr denn je stehen die Zeichen aber auf Abschied. "Ich habe festgestellt, dass Italien nicht mein Habitat ist, hier fühle ich mich nicht zu Hause", sagte Mou, der kürzlich erst verraten hatte: "Irgendwann werde ich sicher einmal Real Madrid trainieren." Vielleicht früher als geplant.

Schlangestehen für die CL-Karten: Doch Meisterschaft hin, Meisterschaft her - für tausende von Interisti galt am Donnerstag zuerst einmal: Anstellen, campen und dem fiesen Nieselregen trotzen. Denn Inter hatte die verbliebenen 5000 Tickets für Madrid (5000 gingen an die Treuesten der Kurve, rund 10.000 behielt der Klub für Angestellte, Familien, Sponsoren, Freunde und Freunde der Freunde selbst) ab Samstag in einer Mailänder Bankfiliale zum Verkauf gestellt. Dem Schlangenspitzenreiter, Kellner Paolo Sacco, erübrigte Jose Mourinho alle Warterei und schenkte ihm die Karte. Sacco offerierte sich bei der Übernahme prompt als möglicher Angestellter: "Ich könnte als Schuhputzer bei Inter anfangen - 50 Euro pro Spieler monatlich, damit würde ich über die Runden kommen." Platz eins in der Schlange übernahm indes, Achtung, ein Chinese aus Polen! Ren Yang, langjähriges Mitglied eines polnischen Inter-Fanklubs, war eigens zum Kartenübernachten angereist und fährt nun nach Madrid. Den größten Applaus erhielt allerdings eine 89 Jahre alte Omi, die den Platz für ihren beruflich verhinderten Enkel eisenhart verteidigte. Für sie müsste Mourinho eigentlich noch ein Bonus-Ticket herausrücken.

Juves Horrorsaison endlich zu Ende: Zeit für neue Helden, denn die hat Juventus bitter nötig. Mit 15 Saisonniederlagen stellte man den historischen Negativrekord der Saison 1961/62 ein, 56 Gegentore bedeuteten die sechstschlechteste Abwehr der Serie A und als Belohnung für Platz sieben darf man nun schon Ende Juli in der Europa-League-Quali bei einem obskuren Mittelklasseklub ran. Deshalb macht der Rekordmeister Tabula rasa: Ab Mittwoch übernimmt mit Andrea Agnelli wieder ein Mitglied der Fiat-Family das Präsidentenamt, ein neuer Geschäftsführer wird installiert und Gigi Delneri soll das Traineramt übernehmen. Er führte Sampdoria am Sonntag sensationell auf Platz vier. Personell wird ebenfalls umstrukturiert: Felipe Melo, Diego, David Trezeguet, Mauro Camoranesi und selbst Gigi Buffon könnten bei adäquaten Angeboten wechseln, der Vertrag von Fabio Cannavaro wird nicht verlängert. Je nach Mercato-Einnahmen sollen im Sommer zwischen 60 und 80 Millionen Euro investiert werden. Dass diese Summe nicht immer Erfolg garantiert, bewies die abgeschlossene Saison: 2009 gab Juve für Neueinkäufe fast 60 Millionen Euro aus - mit einem horrenden Resultat.

Premier League

Von Raphael Honigstein

Aus Sex-Gate wird Polit-Skandal: Fußball wurde auf der Insel am Wochenende sehr wenig gespielt, dafür ging es neben dem Platz aber mal wieder drunter und drüber. Am Sonntag verlor der englische Fußballverband seinen Vorsitzenden, Lord Triesman, nachdem dieser sich in einem intimen Dinner mit der Ex-Geliebten Melissa Jacobs über Bestechungsversuche von Russen und Spaniern ausgelassen hatte. Englands Bewerbung für die WM 2018 hat durch die Affäre sehr großen Schaden genommen, soviel steht fest. Die "Sun" bezeichnete den ehemaligen Labour-Politiker sogar als "Lord Treason", also als Verräter. Interessant ist, wie die Geschichte zu stande kam. Die "Mail on Sunday" hatte Wind von der Affäre des 66-Jährigen mit Jacobs, 37, bekommen und die Frau  - mit welchen Mitteln auch immer - davon überzeugt, Triesman heimlich aufzunehmen. Der als Sex-Geschichte geplante Artikel wurde erst durch die Geschwätzigkeit des Offiziellen zu einer politischen Story. Die FA ist nun mal wieder das Gespött der Leute, dabei stellen sich zwei Fragen: wem nützt der Artikel und wie würden Verbandsbosse in anderen Ländern dastehen, wenn man sie mit ähnlichen Mitteln ausspionieren würde?

"Capello Index" sorgt für Unruhe: Der einzige FA-Angestellte, dem Triesmans Probleme nicht ganz ungelegen kommen, heißt Fabio Capello. Der bisher als unfehlbarer Disziplinfanatiker gerühmte Nationaltrainer hatte im Lauf der Woche nämlich medial einiges abbekommen. "Schuld" war der von ihm mitkonzipierte "Capello Index", ein neues Modell für die statistische Auswertung von Spielerleistungen. Der Index sollte zur WM gelauncht werden, doch nachdem die englische Presse einen Sturm der gespielten Entrüstung entfacht hatte, drängte die FA erfolgreich auf eine Verschiebung. Capello sah kein Problem damit, dass seine Spieler öffentlich schlechte Noten bekommen könnten. "Wenn ein Spieler schlecht spielt, spielt er eben schlecht", sagte der Italiener. Der Verband aber glaubte, dass Wayne Rooney und Co. objektive Bewertungen auf keinen Fall zuzumuten war.

Mourinhos versteckte Anspielungen: Jose Mourinho gab in der "Sunday Times" ein bemerkenswertes Interview, in dem es über Chelsea, Arsenal, Liverpool und Manchester United ging. Bayern München, der Finalgegner vom Samstag wurde allerdings nicht erwähnt. Mourinho argumentierte, dass die Premier-League-Spitze sehr viel schwächer als zu seinen Zeiten sei. "Dieses United ist nicht mein United, Arsenal ist nicht mein Arsenal, Liverpool ist nicht mein Liverpool. Kein Vergleich", sagte er. Nun ja, so stark waren die erwähnten Klubs zu Mourinhos Zeiten in der Liga nicht -  besonders nicht Liverpool, der Tabellenfünfte von 2005, mit 58 (!) Punkten. Ist aber auch egal. Faszinierend: Auf die Frage, was sich im Vergleich zum Vorjahr, als Inter von United im Champions-League-Viertelfinale deutlich geschlagen wurde, geändert habe, sagte der Portugiese unter anderem: "Wir konnten in der Champions League nicht ohne einen Stürmer erfolgreich sein, der nicht für die großen Spiel gemacht ist. Wir brauchten keinen Stürmer, der aus 15 Chancen drei Tore macht, sondern einen, der aus zwei Chancen ein Tor macht." Hat irgendjemand eine Idee, auf wen der Trainer damit anspielt?

Primera Division

Von Paula Villamarin Temperan

Verdienter Titel für Barca - aber Krawalle: Ehre, wem Ehre gebührt. Der FC Barcelona hat seinen Titel verteidigt und die schon überragende Vorsaison noch einmal pulverisiert. 99 Punkte holten die Katalanen in 38 Spielen - Rekord. Das Team kassierte nur eine Niederlage (22. Spieltag, 1:2 bei Atletico), bekam die wenigsten Gegentore (24) und erzielte 98 Treffer. Zum besten Angriff reichte es nicht, weil Real Madrid sagenhafte 102 Tore schoss. Trotzdem konnte Lionel Messi einen weiteren Meilenstein seiner eigentlich noch jungen Karriere feiern. Mit seinen beiden Treffern gegen Real Valladolid (4:0) stellte er den hauseigenen Ligarekord von Ronaldo ein, der in der Saison 1996/97 34 Tore erzielte. Damals hatte die Primera Division allerdings noch mit 22 Mannschaften ausgespielt. Im Camp Nou und auf den Straßen Barcelonas wurde ausgelassen gefeiert. Aber da es auch in Spanien ein paar Idioten gibt, kam es um kurz nach Mitternacht zu schweren Ausschreitungen. Das Resultat: 104 Festnahmen und 119 Verletzte.

Reals Schuldiger? Der Trainer: Die Saison von Real Madrid endete dagegen mit einer Enttäuschung. Schon während der Woche mussten die Königlichen mit ansehen, wie der Stadtrivale Atletico in Hamburg die Trophäe der Europa League in den Himmel reckte und am Sonntag blieb nur der Blick nach Barcelona, wo die Katalanen ihre Meisterschaft feierten. Selbst reichte es nur noch zu einem 1:1 in Malaga. Die erste Saison unter Präsidenten-Rückkehrer Florentino Perez und Investitionen von über 250 Millionen Euro endete also ohne Titel. Die Suche nach dem Schuldigen haben die Madrider Medien schon vor Wochen beendet: Trainer Manuel Pellegrini. Die Vereinsführung hat sich bisher immer hinter den Chilenen gestellt und auf eine Analyse nach Ende der Spielzeit hingewiesen. Diese Zeit ist gekommen. "Jetzt wird eine interne Debatte eröffnet", sagte Sportdirektor Jorge Valdano. "Aber der Moment für eine endgültige Bewertung ist noch nicht gekommen. Wir müssen abwarten, welchen Kurs wir für die neue Saison einschlagen." Alles deutet Richtung Mailand, Italien und Jose Mourinho, der am Samstag schon mal im Bernabeu Probesitzen kann.

EL-Qualifikation und doch Konkurs? Der RCD Mallorca krönte seine starke Saison mit einem 2:0 gegen Espanyol Barcelona. Das Team von Gregorio Manzano ist damit hinter Barca und Real die drittstärkste Heimmannschaft der Liga und hat sich sportlich für die Europa League qualifiziert. Allerdings konnte man sich über die eigene Leistung nicht wirklich freuen. Denn bis zum Ende hatte sich Mallorca Hoffnung auf die Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation gemacht. Aber das Last-Minute-Tor von Rodri zum 3:2 für Sevilla in Almeria riss den Verein aus allen Träumen und stürzte den Balearen-Klub in ein noch größeres finanzielles Dilemma. Mit den Millionen aus der Champions League hätte man den möglichen Konkurs abwenden können, so droht sogar der Ausschluss von der UEFA aus der Europa League. Eine Entscheidung soll am Montagabend fallen.

Ancelotti: "Ich bin voll bis oben hin"