Neulich auf der Titanic

SID
Böse Zungen sagen, Juves Diego schaue sich nach einem neuen Arbeitgeber um. Stimmt aber nicht
© Getty

Juventus wühlt sich immer tiefer in die Krise und erntet Spott von der Konkurrenz. Spanien wundert sich über einen gewissen van der Vaart, und ein Wissenschaftler behauptet, Ronaldo-Freistöße widersprächen den Naturgesetzen. Chelseas John Terry wird von Spionen aufs Kreuz gelegt. Dazu: Ein Bonus-Blitzlicht aus England.

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Serie A

von Oliver Birkner

Neulich auf der Titanic: Der Juve-Sonntag hatte bereits alles andere als gut angefangen: Der Bus mit den Spielern wurde auf dem Weg ins Stadion mit Eiern beworfen. Doch es sollte noch schlimmer kommen: Gegen Catania gab es die fünfte Pleite in den letzten sechs Partien. Schon in der ersten Halbzeit näherten sich die Ultras bedrohlich nahe dem Spielfeldrand. 25-Millionen-Mann Felipe Melo wurde nach indiskutablen 30 Minuten ausgewechselt. Coach Ciro Ferrara, dem nach der blamablen Niederlage erneut das Vertrauen ausgesprochen wurde, sagte: "Ich werde das sinkende Schiff nicht verlassen". Trotzdem: Besinnliche Weihnachten werden die Bianconeri sicherlich nicht mehr haben.

Giftpfeil aus der Hauptstadt: Sieben Spiele in Folge ungeschlagen, davon fünf gewonnen und nur noch zwei Punkte hinter Juve: Die Roma ist wieder da. Nachdem zuletzt der Vertrag mit Kapitän Francesco Totti verlängert worden war, sorgten Nicolas Burdisso und Matteo Brighi mit ihren Toren gegen Parma für einen "versöhnlichen Jahresabschluss" (Präsidentin Rosella Sensi). Und Trainer Claudio Ranieri, der vergangene Saison zwei Spieltage vor Schluss bei Juve gefeuert worden war, konnte sich einen Kommentar zu seinem Ex-Verein nicht verkneifen: "Mich hätten sie schon lange entlassen."

Last-Minute-Napoli: Eine noch längere Serie als die Roma hat der SSC Neapel vorzuweisen: Das 2:0 gegen Chievo Verona war das zehnte Spiel in Serie ohne Niederlage. Besonders die Offensive um Ezequiel Lavezzi, Fabio Quagliarella und Marek Hamsik kommt so langsam ins Rollen. Der Lohn: Ein Europapokal-Platz zu Weihnachten. Das Team von Walter Mazzarri entwickelt sich so nebenbei zu einem Last-Minute-Tor-Team: Vier der letzten sieben Punkte wurden erst kurz vor Abpfiff gesichert, Quagliarella ist mit Toren in der 87. (Chievo) und 88. Minute (Bari) der Krimi-Experte schlechthin.

 

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Auf den Spuren der Quinta del Buitre: Man durfte sich schon etwas verwundert die Augen reiben, was in den letzten Wochen bei Real Madrid los war. Die Königlichen erzielten in den vergangenen drei Spielen 13 Tore und hatten dabei einen überragenden Regisseur hinter den Spitzen: Rafael van der Vaart. Der Holländer war vor der Saison schon abgeschrieben und sollte unbedingt verkauft werden. Selbst seine Rückennummer und sein Spind wurden ihm weggenommen. Durch die Verletzung von Kaka (Schambeinentzündung) hat er aber seinen Platz im Team wiedergefunden und überzeugt. Gegen ein desolates Saragossa (6:0) traf er am Wochenende innerhalb von zwei Minuten doppelt. Nach 15 Spieltagen hat Real damit 40 Tore erzielt. Und schon träumen die Spieler von einer historischen Bestmarke. In der Saison 1989/90 erzielte das Team um Emilio Butragueno sagenhafte 107 Treffer.

Die Highlights von Reals Kantersieg im Video von Laola1.tv

Baseball mit Cristiano: Kennen Sie Ken Bray? Nein? Müssen Sie auch nicht. Ken Bray ist Physiker und hat soeben ein Buch mit dem Titel "How to Score: Science and the Beautiful Game" herausgebracht. Darin befasst er sich mit den besten Freistoßschützen der Welt und ihrer Schusstechnik. "Cristiano schießt die Freistöße auf eine ganz besondere Weise. Er gibt ihnen kaum Effet mit und der Ball dreht sich so gut wie gar nicht", schreibt Bray. "Der Ball, so wie ihn Cristiano tritt, fliegt wie ein Baseball. Die Flugbahn ist komplett unvorhersehbar, wild und widerspricht jeglicher Logik." Für den Physiker ist aber Juninho Pernambucano der beste Freistoßschütze, wobei er bei Ronaldo noch Luft nach oben sieht.

Wer folgt auf Sanchez? Im Stadion Montjuic ging es beim Spiel zwischen Espanyol und Almeria um die Jobs der beiden Trainer. Espanyol gewann 2:0 und Almeria feuerte Trainer Hugo Sanchez. Auf den Tag genau vor einem Jahr wurde sein Vorgänger Gonzalo Arconada entlassen und der Ex-Real-Stürmer übernahm. Nach vier Punkten aus den letzten acht Spielen ist nun aber auch für Sanchez Schluss. "Die Umstände haben uns dazu gezwungen, diese Entscheidung zu treffen", sagte Almerias Vize-Präsident Ricardo Martinez. "Ich bin sicher, dass Hugo Sanchez ein guter Trainer ist, aber er hatte einfach Pech." Wer nun sein Glück versuchen darf, ist unklar. Mögliche Kandidaten sind: Luis Fernandez, Diego Simeone, Luis Enrique und Constantin Galca, der im Moment Almeria B trainiert.

 

Premier League

von Raphael Honigstein

Noch witziger als Thomas Schaaf: Mick McCarthy liegt normalerweise auf der nach oben offenen Witzigkeitskala noch knapp hinter Thomas "Super Comedian" Schaaf. Am Samstag hatte der Wolverhampton-Wanderers-Trainer aber die Lacher wirklich auf seiner Seite, als er noch einmal über das 0:3 bei Manchester United referierte. McCarthy hatte vor der Partie im Old Trafford die gesamte erste Mannschaft des Aufsteigers geschont, das Spiel also quasi schon vorher abgeschrieben. Nach der heftigen und durchaus berechtigten Kritik an dieser Maßnahme - "die Integrität der Liga geht kaputt", ärgerte sich zum Beispiel Arsène Wenger - konterte nun der Trainer: "Ich habe einen sehr netten Brief von Tiger Woods bekommen. Er hat sich bei mir bedankt, dass er (dank mir) weniger Druck hat. Ich glaube, er fährt jetzt im Cabrio durch Florida und singt 'super Mick McCarthy'. Und Thierry (Henry) hat auch eine Email geschickt. Auch er hat weniger Stress (weil sich die Zeitungen auf uns konzentrieren)". Da die ausgeruhte A-Elf von Wolves am Sonntag tatsächlich das Sechs-Punkte-Match gegen Burnley gewann, steht McCarthy als smarter Witzbold da. Was aber nichts daran ändert, dass er in Wahrheit eher ein Clown ist.

Hughes und Dollerei: Nicht einmal die Nachricht von Manchester Uniteds 0:3 beim FC Fulham konnte am Samstag die Fans von Man City erfreuen. Das Team hatte 4:3 gegen Sunderland gewonnen, doch im Stadion wusste jeder, dass Mark Hughes kurz darauf gefeuert werden würde. So kam es dann auch. Hughes hatte es natürlich ebenfalls schon vor dem Anpfiff gewusst und sich zunächst geweigert, die Hellblauen ein letztes Mal zu trainieren. Der Trainerverband riet ihm aus arbeitsrechtlichen Gründen, das Spiel durchzustehen, und wahrscheinlich sagte Hughes aus demselben Grund am Sonntag, dass er von seinem Rausschmiss erst nach Spielende erfahren hat. Nun ja. Interessant ist, dass City den Trainerwechsel damit begründet hat, dass Hughes' Ergebnisse nicht mit der Zielsetzung der Saison - Champions-League-Qualifikation - übereinstimmen, während der geschasste Coach behauptet, "ein Platz unter den ersten sechs" sei der Plan gewesen. Aufmerksame Leser haben es schon gemerkt. Es geht auch in diesem Punkt nur um die Ablöse.

Spione bei Chelsea: Derzeit vergeht einfach kein Sonntag ohne John Terry-Skandälchen. Am vergangenen Donnerstag führte Englands Kapitän drei Geschäftsmänner durch das Trainingsgelände des FC Chelsea und aß mit ihnen in der Mannschaftskantine. 10.000 Pfund kassierten Terry und sein Kumpel, der bekannte Schwarzmarkt-Kartenverkäufer Tony Bruce, für die VIP-Tour, die auch durch den Jacuzzi-Bereich führte, wo sich gerade Michael Ballack und Didier Drogba entspannten. "Der Verein darf nichts davon wissen, das wäre ein bisschen (blöd)", sagte Terry noch zu seinen Gästen. Blöd war nur, dass die Besucher Undercover-Reporter von "News of the World" waren und das ganze mitfilmten (zur Story und zum Video). "Chelsea ist überzeugt, dass John  für die Tour weder Geld verlangt noch akzeptiert hat", ließ der Klub am Montag verkünden. Peinlich, peinlich.

Bonus-Blitzlicht: Die Pressekonferenz von Liverpool-Manager Rafael Benitez nach dem 0:2 gegen Portsmouth im Original (mit Dank an den "Guardian"). Perfekt, dieser Trainer!

Benitez: I have seen the replay and for me it is not a sending-off (for Javier Mascherano), but anyway the referee was perfect. He didn't make any mistakes. Now Javier is injured, and I will say again the referee didn't make any mistake.

Press: We don't understand? You say the referee didn't make a mistake?

Benitez: No he was perfect. Perfect. He was perfect.

Press: So why was it not a sending-off?

Benitez: I have seen the replay, for me it's not a sending-off, but anyway. Perfect.

Press: Was there any particular reason why players like Gerrard or Torres couldn't get it together and perform?

Benitez: No, the referee was perfect so Torres, he didn't have any problems.

Press: You were a goal down before the sending-off, the average observer wouldn't say you were controlling the game at half-time. Why do you say it turned the game when you were a goal down already?

Benitez: If you see we created a couple of chances and we have plenty of possession in the first half I was convinced we could change the game.

Press: Can you just explain what you said about the referee?

Benitez: Perfect. No mistakes.

Press: But you say he made a mistake with the sending-off.

Benitez: Perfect.

Press: Don't you think Torres was fortunate to escape being penalised for that elbow?

Benitez: The referee was perfect.

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