Bei uns werden selbst große Spieler nervös

Von Interview: Frank Oschwald
Andreas Hinkel wechselte Anfang 2008 zu Celtic Glasgow
© Getty

Im SPOX-Interview spricht Celtic Glasgows Andreas Hinkel über seine Zeit in Spanien, den kommenden schweren Gegner in der Champions League und Celtics Auswärtsschwäche. Eine Rückkehr in die Bundesliga kann er sich vorstellen und auch für die WM lässt er Platz im Terminkalender.

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Exklusiv SPOX hat vor dem Hinspiel der CL-Qualifikation gegen Arsenal (20.30 Uhr im LIVE-TICKER und auf SKY) mit Andreas Hinkel gesprochen. Der 27-Jährige über Celtic Glasgow, die Nationalmannschaft und die Chancen in der CL-Quali.

SPOX: Herr Hinkel, was haben Sie gedacht, als Sie erfahren haben, dass Sie mit Celtic auf Arsenal treffen? Haben Sie anschließend meterhohe Luftsprünge gemacht, oder sich an die Stirn geklatscht?

Andreas Hinkel: Als ich davon erfuhr, war mein erster Gedanke: "Nehmen die uns jetzt auf den Arm?" Schließlich ist Arsenal die stärkste Mannschaft, auf die wir hätten treffen können. Dennoch freut man sich als Fußballer auf solche Spiele vor solch einer geilen Atmosphäre.

SPOX: Arsenal ist der klare Favorit. Ein Vorteil?

Hinkel: Wir können natürlich frei aufspielen und zeigen, was wir können. Jeder wird alles geben und hochkonzentriert sein. Es ist also gar nicht schlecht, dass es Arsenal geworden ist.

SPOX: Wie schätzen Sie die Chancen Ihrer Mannschaft ein?

Hinkel: Wir brauchen uns auf jeden Fall nicht zu verstecken. Die letzten Jahre hat sich Celtic immer für das Achtelfinale der Champions League qualifiziert und hat vor allem zu Hause immer starke Partien gezeigt. Die Spiele in der Fremde sind das Problem. Wenn wir das ablegen und auswärts mal punkten könnten, dann ist mit uns immer zu rechnen.

SPOX: Vielleicht ruft man auswärts auch nur die normale Leistung ab und wächst vor der überragenden Heimkulisse jedes Mal aufs Neue über sich hinaus.

Hinkel: Die Atmosphäre im Celtic Park ist wirklich unglaublich. Es gibt kaum ein Stadion weltweit, in dem es lauter ist und selbst große Spieler zeigen sich davon beeindruckt. Wenn man das nicht gewohnt ist, wird man automatisch hektischer. Als Heimmannschaft pusht einen das natürlich unheimlich.

SPOX: Sie haben im entscheidenden Quali-Spiel gegen Dynamo Moskau zwei wichtige Vorlagen geliefert. Wussten Ihre Teamkameraden das zu schätzen?

Hinkel: Das war mein Job in der Situation. Wichtig ist, dass wir in der nächsten Runde stehen. Denn eigentlich hat jeder nach der 0:1-Niederlage im Hinspiel gedacht, dass wir weg vom Fenster sind. Auswärts gegen eine Mannschaft zu gewinnen, die mitten im Liga-Betrieb steht, ist schon ein starkes Stück.

SPOX: Ist es von Schottland aus schwierig, die Bundesliga zu verfolgen?

Hinkel: Im Ausland wird die Bundesliga nicht wirklich wahrgenommen. Wenn ich nicht speziell danach schauen würde, würde ich nicht viel mitbekommen. Dennoch zeigen sich die Leute im Ausland immer von den großen und vollen Stadien begeistert.

SPOX: Blicken Sie dennoch immer wieder auf die deutsche Liga?

Hinkel: Auf jeden Fall. Die Bundesliga ist unglaublich attraktiv und ich verfolge sie weiterhin so gut ich kann. Klar, dass ich besonders auf den VfB schaue.

SPOX: Wie schätzen Sie die Chancen der Stuttgarter in diesem Jahr ein? Ist mit diesen Neuzugängen die Meisterschaft drin?

Hinkel: Die ist immer möglich. Die Bundesliga ist unter anderem inzwischen so attraktiv, weil so viele Teams Meister werden können. Der VfB hat mit seiner Mannschaft Qualität und kann Meister werden. Allerdings kann jede Mannschaft auch mal eine Negativserie haben, dadurch das Selbstvertrauen verlieren und unten reinrutschen. Ich habe das in Spanien mit Real Saragossa und Betis Sevilla gesehen.

SPOX: Sie sprechen Ihre Zeit in Spanien an. In Sevilla sind Sie vor allem im vergangenen Jahr oft auf der Bank gesessen. War es dennoch der richtige Schritt, ins Ausland zu wechseln?

Hinkel: Das war das Beste, was ich hätte machen können. Ich habe mit Sevilla eine tolle erste Auslandsstation erwischt und hatte großartige eineinhalb Jahre dort. So einen Konkurrenten wie Dani Alves zu haben, bringt einen natürlich unglaublich weiter. Klar hätte ich, vor allem im letzten Jahr, gerne ein wenig öfter gespielt.

SPOX: In Schottland sind Sie zum Stammspieler geworden, haben Champions League gespielt und sind nun auch wieder fürs DFB-Team nominiert worden. Kommen Sie mit dem schottischen Fußball einfach besser zurecht?

Hinkel: In beiden Ländern wird natürlich ein komplett anderer Fußball gespielt. Mir hat die Art und Weise, wie in Spanien Fußball gespielt wird, unglaublich gefallen. In Schottland hingegen kommt es oft zu langen Bällen. Viele Gegner praktizieren diese Spielweise immer noch gegen uns, hauen die Bälle einfach nur nach vorne. Damit müssen wir  zurechtkommen, denn ein Unentschieden in der Liga ist für Celtic eigentlich immer wie eine Niederlage.

SPOX: Sie sind nun eineinhalb Jahre in Schottland. Was vermissen Sie an Deutschland am meisten? Ein Teller Linsen mit Spätzle hätte manchmal bestimmt was für sich, oder?

Hinkel (lacht): Die schwäbischen und süddeutschen Spezialitäten fehlen mir natürlich schon. So etwas wie Maultaschen, Fleischsalat oder Weißwürste. Eine gute Metzgerei oder einen guten Bäcker, mit frischem Brot oder Brezeln, das wäre schon mal wieder gut. Allerdings gibt es hier ein deutsches Restaurant. Da gibt es Käsespätzle, Sauerbraten oder auch ein Wiener Schnitzel.

SPOX: Anderes herum gefragt: Was schätzen Sie an Schottland?

Hinkel: Das Land an sich ist unglaublich schön. Es ist recht klein, man ist schnell in den Highlands, hat viele schöne Seen und jede Menge Burgen. Außerdem sind die Leute hier unglaublich freundlich und hilfsbereit. Wenn es einige Tage regnet, kann allerdings auch mal trübe Stimmung aufkommen.

SPOX: Apropos Depri-Stimmung: Joachim Löw hat sich nach dem Spiel gegen Aserbaidschan für Philipp Lahm auf der rechten Seite entschieden. Schlecht für Sie.

Hinkel: Ich finde Philipp auf der linken Seite eigentlich deutlich stärker, weil er dort einfach flexibler ist. Er kann dort in die Mitte ziehen und den Torabschluss suchen, oder zur Grundlinie gehen und den Ball in die Mitte chippen.

SPOX: Eine ähnliche Situation wie in Stuttgart vor einigen Jahren?

Hinkel: Genau, ich habe damals auf der rechten Seite recht ordentlich gespielt. Philipp kam als Rechtsverteidiger zu uns, musste dann aber auf links ausweichen.

SPOX: Sie waren gegen Aserbaidschan nicht dabei. Ein Rückschlag im Hinblick auf die WM 2010?

Hinkel: Das wirft mich nicht um. Ich hab schon viel erlebt, muss an mir arbeiten und auf dem Platz zeigen, was ich kann.

SPOX: Auf der rechten Seite wird es vermutlich dennoch auf den Kampf Lahm, Beck und Hinkel herauslaufen - allesamt Kumpels aus Stuttgarter Zeiten. Wird da gegenseitig ein wenig gestichelt?

Hinkel: Ich hab weiterhin zu beiden ein sehr gutes Verhältnis. Auch wenn wir alle auf sehr hohem Niveau spielen, hat jeder seine Stärken und Schwächen. Unsere Aufgabe ist es, es dem Bundestrainer so schwer wie möglich zu machen. Am Ende werden dann Kleinigkeiten entscheiden.

SPOX: Und was machen Sie im Juni 2010?

Hinkel: Ich werde vorerst nichts einplanen. Die WM bleibt mein großes Ziel.

SPOX: Letzte Frage: Wann sehen wir Sie wieder in der Bundesliga?

Hinkel: Das ist eine gute Frage. Ich kann es mir auf jeden Fall vorstellen, wieder in der Bundesliga zu spielen. Ich bin dort groß geworden, das ist meine Liga. Aber ich genieße es derzeit im Ausland, weil ich unglaublich viel Erfahrung sammle und über den Tellerrand hinausschauen kann. Ein Wechsel im Ausland ist ebenfalls denkbar. Aber derzeit gilt all meine Konzentration ausschließlich Celtic.

Hier geht es zur offiziellen Homepage von Andreas Hinkel