Hinsetzen! Fresse halten!

Von SPOX
Die Fans vom FC Middlesbrough auf dem Weg zum Stadion
© Getty

In Europas Top-Ligen standen am Wochenende vor allem italienische Trainer im Fokus. Carlo Ancelotti hat beispielsweise einen Verdacht, warum die Milan-Fans dauernd pfeifen. Claudio Ranieri leistete sich derweil ein kleines Nickerchen und Fabio Capello irrte sich kurzerhand im Stadion. Und in England zettelt eine Frau einen Aufstand gegen die eigenen Fans an.

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Das und noch viel mehr in den Blitzlichtern aus Europa - den aktuellsten Geschehnissen des Wochenendes, zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.

Serie A

von Oliver Birkner

Weg mit Carlos Visage: Milan macht zurzeit wirklich keinen Spaß - das brachten die eigenen Tifosi gegen Cagliari mit gellenden Pfiffen zum Ausdruck. Wie schon häufiger schossen sie sich dabei unverständlicherweise auf Clarence Seedorf ein. Der Niederländer "rächte" sich mit seinem Treffer zum 1:0-Sieg, dem allerdings ein Foulspiel von Filippo Inzaghi vorausging, und sagte später: "Die Fans sollten uns eigentlich helfen. Wer nur ins Stadion kommt, um zu pfeifen, sollte am besten zu Hause bleiben." Milan-Coach Carlo Ancelotti hatte hingegen den wahren Grund des Unmutes auf den Tribünen herausgefunden: "Ich bin jetzt seit 2001 hier und die Leute sind es einfach leid, schon so lange dasselbe Gesicht auf der Bank zu sehen."

Schläfriger Ranieri: Spricht Carlo Ranieri über Chelsea, bekommt er leuchtende Augen. Am Mittwoch kehrt der aktuelle Juve-Coach in der Champions League für einen Tag in sein altes Zuhause zurück. Er trainierte die Blues vier Jahre lang und hat in London noch viele Freunde - vor allem die, die mit dem T-Shirt zur Stamford Bridge gehen: "Ich war schon hier, als wir noch arm waren", sagt der Coach. "Ohne Ranieri wäre ich niemals der Spieler geworden, der ich jetzt bin", meinte unter anderem Frank Lampard. Ranieri scheint das aktuelle Chelsea aber wenig zu gefallen und scherzte: "Ich habe die Jungs am Samstag bei Aston Villa gesehen, bin allerdings vor der Pause eingeschlafen."

Angst vor der Insel: Roma-Coach Luciano Spalletti wird sich über die kommende Champions-League-Reise ins Emirates Stadium zum FC Arsenal sicher nicht freuen. Sieben Mal trat er mit den Giallorossi in England an, kassierte dabei sieben Niederlagen und 2:18 Tore. Da gibt es sicher bessere Bilanzen.

Premier League

von Raphael Honigstein

Rafa ratlos: Liverpools 1:1 gegen Manchester City war das sechste Unentschieden an der Anfield Road in dieser Saison und so langsam eines zu viel. Sieben Punkte Rückstand auf Manchester United sind in den verbleibenden zwölf Spielen kaum aufzuholen. "Jetzt müssen wir United (am 14. März im Old Trafford) schlagen", sagte Trainer Rafael Benitez konsterniert. In England sind die Experten überzeugt, dass der Spanier sich mit unnötigen Vetragsverhandlungen mit den amerikanischen Eigentümern und einer Tirade gegen Alex Ferguson - Zitat: "Er kontrolliert alles in England" - selbst aus dem Konzept gebracht hat. In Wahrheit war wohl der Kader wieder einmal nicht gut genug.

The (dirty) Italian Job: Am Sonntag saß Englands Nationaltrainer Fabio Capello auf der Ehrentribüne des Craven Cottages und keiner wusste, warum. Das Abstiegsduell Fulham gegen West Brom versprach nicht gerade einen Fußballklassiker; englische Spieler von internationalem Format gab es außer Andy Johnson (Fulham) und Scott Carson (West Brom) nicht zu sehen. Und selbst die beiden haben nur theoretisches Three-Lions-Potenzial. Wahrscheinlich dachte sich Don Fabio, dass er für sieben Millionen Euro Jahresgehalt auch solche Partien begutachten muss. Es ist ein schmutziger Job, dieses Nationaltraineramt, aber irgendjemand muss es ja machen.

Das Ende der Fußball-Demokratie? Erinnert sich noch jemand an Ebbsfleet United? Der Fünftligist wurde vor einem Jahr für mehr als 700.000 Euro von einer Internet-Community übernommen. 32.000 Mitglieder zahlten damals 35 Pfund Jahresgebühr, dafür hatten sie ein demokratisches Mitspracherecht in allen sportlichen Dingen. Ebbsfleet gewann einen Pokalwettbewerb, aber die Euphorie blieb aus. Nur noch 492 Mitglieder stimmten im vergangenen Monat darüber ab, ob man die Aufstellungen weiter dem Trainer Liam Daish überlassen sollte. Dash gewann das Plebiszit knapp. Jetzt geht auch noch das Geld aus: Zwei Drittel der Mitglieder haben ihre Mitgliedschaft nicht erneuert. "Im Moment fehlen uns noch 250.000 Pfund im Budget für das nächste Jahr", sagt Geschäftsführer Mike Brooks. In der Wirtschaftskrise werden sich viele Briten genau überlegen, ob sie diesen Spaß noch einmal mitmachen wollen.

"Dauerlärm macht verrückt": Sue Watson, Sicherheitsbeauftragte vom FC Middlesbrough, hat sich mit einem ungewöhnlichen Brief den Unmut der Boro-Fans zugezogen. Watson forderte die "lieben Supporter in Block 53A" in ihrem Schreiben auf, während der Spiele im Riverside Stadium gefälligst sitzen zu bleiben und sich auch ansonsten weitgehend ruhig zu verhalten. In besagtem Block herrscht wie überall sonst in den englischen "All-Seater"-Stadien Sitzgebot. Die Fans erheben sich bei spannenden Szenen aber gerne und feuern ihr Team an. Laut Watson missfällt das einigen anderen Zuschauern jedoch, ihr Brief endet deshalb mit dem Appell: "Bitte hört auf! Macht so viel Lärm wie ihr könnt, wenn wir treffen - aber dieser Dauerlärm macht einige Fans verrückt!"

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Überläufer: Dass der Ex die größte Krise auslöst, ist bekannt. Das gilt auch auf dem Rasen: Ex-Barca-Spielmacher Ivan de la Peña erzielte im Derby seine ersten beiden Treffer für Espanyol in dieser Spielzeit und fügte Barca damit die erste Niederlage seit 21 Liga-Spielen zu. Damit nicht genug: Espanyol gewann so nach 27 Jahren erstmals wieder das Stadtderby im Camp Nou. Zudem war es das erste Mal seit Ligabestehen, dass der Tabellenerste dem Tabellenletzten zuhause unterlag. Barca-Coach Pep Guardiola nahm's pragmatisch: "Wir hatten vorher weder alles gewonnen noch jetzt alles verloren."

Stiller Vordrängler: Während vorne alles auf Barca und Real schaut, klettert der Verein von Ex-Nationaltrainer Jose Antonio Camacho im Tabellenkeller immer weiter aufwärts. Seit vier Spielen ist Osasuna ungeschlagen und nach Mallorca und Valencia machte das Camacho-Team jetzt auch Numancia den Garaus. Durch die Tore vom Jaroslav Plasil und Masoud Shojaei kletterte man schon auf Platz 17. Camacho, ganz philosophisch: "Die Möglichkeiten sind neu, die Arbeit bleibt die Gleiche."

Stehaufmännchen: Hatte irgendjemand gesagt, die Liga sei entschieden? Pustekuchen! Innerhalb von zwei Wochen verkürzte Real Madrid mit zwei eindrucksvollen Siegen den Rückstand auf Spitzenreiter Barcelona von 12 auf 7 Punkte. Beim 6:1-Schützenfest gegen Betis machten die Jungs von Juande Ramos das halbe Dutzend sogar schon im ersten Durchgang voll. Raul bastelte mit zwei Treffern weiter eifrig an der eigenen Legendenbildung und wenn die Madrilenen weiter so punkten, steht ihnen fünf Spieltage vor Schluss im Camp Nou vielleicht ein echtes "Endspiel" ins Haus...

Ligue 1

von Alexis Menuge

Bereit für große Taten: Lyon wird in Frankreich Meister und scheidet in Europa früh aus. So steht's geschrieben. Diesmal soll es anders laufen, auch wenn der Gegner im CL-Achtelfinale FC Barcelona heißt. Sturm-Juwel Karim Benzema reicht's: "Jedes Jahr scheiden wir im Achtelfinale aus. Diesmal wollen und werden wir weiterkommen." Auch Jean-Alain Boumsong glaubt an Olympique: "Wenn alles funktioniert, können wir auch gegen Barca die Sensation schaffen." Ein Schuss mehr Selbstvertrauen gab es am Wochenende in der Liga: Erst siegte man mit 2:0 in Nancy und dann legte man die Füße hoch und ließ die Konkurrenz patzen - PSG, Marseille und Bordeaux spielten allesamt remis.

Titel Ade: Girondins Bordeaux macht derzeit eine schwere Phase durch. An den vergangenen vier Spieltagen holte der Vize-Meister keinen Sieg und nur drei Punkte. Der Rückstand auf Lyon beträgt nun schon acht Punkte. Mittlerweile ist klar: Auch zehn Jahre nach dem letzten Meistertitel wird Girondins die Saison wieder mit leeren Händen beenden. Fatal: Seit Trainer Laurent Blanc seinen Vertrag verlängert hat, kommen seine Spieler einfach nicht mehr in die Puschen.

Der neue Roberto Carlos: Bastos, Mittelfeldspieler vom OSC Lille, spielt eine überragende Saison. Der Brasilianer erzielte in dieser Spielzeit schon neun Treffer und bereitete drei weitere vor. Der 25-Jährige gilt als der gefährlichste Mittelfeldspieler der Ligue 1. Sein Markenzeichen: Sein starker linker Fuß. Die Präzision und Power seiner Freistöße erinnern an Juninho, seine Spielweise eher an Roberto Carlos. Klar, dass so jemand Interesse weckt, doch Bastos hat in Lille einen neuen Zweijahresvertrag unterschrieben und ist nun bis 2012 an den Verein gebunden.

Der 25. Spieltag der Ligue 1 im Überblick