Frankreichs Barack Obama

SID
Guillaume Hoarau erzielte in dieser Saison bereits acht Tore für Paris St. Germain
© Imago

Wie jede Woche haben unsere Experten aus Europas Topligen Erstaunliches zu berichten. Die besten Geschichten aus der Serie A, der Premier League, der Primera Division und Frankreichs Ligue 1.

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In Italien sorgt Antonio Cassano mit Einblicken in seine Autobiographie für Staunen, England feiert mal wieder die Härte der Verteidiger, die Basken kämpfen weiter für ihre Unabhängigkeit und Erik Gerets hat es die gute Laune verhagelt.

Serie A

von Oliver Birkner

Frauenheld aus Bari: Antonio Cassano gehört sicher zu den technisch begabtesten Spielern der Serie A. Das bewies der 26-Jährige auch am Sonntag mit einem formidablen Treffer bei Sampdorias 3:2-Erfolg über Lecce. Viel gespannter als auf Kabinettstückchen darf man allerdings auf seine Autobiographie sein, die am Mittwoch erscheint. Einige Auszüge gab es bereits als Antipasto. Darin verrät der Junge aus Bari: "Ich habe in meinem Leben nie gearbeitet, weil ich nichts kann. Ohne den Fußball wäre ich sicher ein Tagedieb und Delinquent geworden." Ein paar Dinge außer Kicken scheinen ihm offenbar doch gut zu gelingen, denn: "In den letzten elf Jahren hatte ich vier Freundinnen - dazwischen habe ich es aber mit vielen Frauen getrieben, sagen wir zwischen 600 und 700." Cassano ist ja erst 26, da ist eine vierstellige Zahl sicher noch drin. Aber das werden wir erst in der Fortsetzung erfahren.

Besser als der Clasico: Mit einem 1:0 gegen Lazio hat die Roma nun zwei Spiele in Folge nicht verloren - dieses Kunststück gelang den Giallorossi zum ersten Mal in dieser Saison. Für Kapitän Francesco Totti, der den Treffer von Julio Baptista vorbereitete, war es der erste Derbysieg seit dem 9. November 2003. Der Brasilianer war von der enthusiastischen Atmosphäre im Stadio Olimpico übrigens sehr angetan: "Ich habe schon für Real Madrid gegen Barcelona getroffen - aber das Römer Derby ist um Längen besser als Real gegen Barca."

Kunstwerk David Beckham: Weil nicht für das Spiel gegen Deutschland berufen, fällt nun auch die für Donnerstag mit großem Tamtam geplante Vorstellung von David Beckham beim AC Mailand aus. Der Engländer wird samt Spice Family beim AC nun erst im Trainingslager in Dubai am 29. Dezember vorstellig. Zumindest mehr Zeit der Ideensammlung für Alessandra Maggiora Vergano. Sie ist die Tätowiererin des Vertrauens für Inter-Spieler wie Zlatan Ibrahimovic oder Marco Materazzi, legte aber auch schon Hand bei Christian Vieri, Fabio Cannavaro und Luis Figo an. "Seit einigen Wochen studiere ich den Körper von Beckham - ein Krieger würde gut auf den rechten Arm passen", verriet sie. Fehlt nur noch das Okay von Victoria.

Der 12. Spieltag der Serie A im Überblick

Premier League

von Raphael Honigstein

Casino Illoyal: Die ganze Saison lang hört man jede Woche viel über den hervorragenden Mannschaftsgeist von Hull City.

Unter der Woche war beim Auftsteiger der Teamspirit - oder die Spirituosen? - so gut, dass nicht nur jeder für jeden, sondern auch gegen jeden kämpfte. Nachts um drei kam es im Casino von Scarborough zu einer Keilerei zwischen den Stürmern Marlon King und Dean Windass, in deren Verlauf King seinem Kontrahenten eine Kopfnuss verpasste.Windass soll seinen Kollegen aus Frust mit blöden Sprüchen provoziert haben. Der 38-Jährige ist in Kingston-upon-Hull eine Legende, wird aber auf Grund seiner Reservistenrolle zunehmend stinkig. Vielleicht stimmt ja doch, was Spötter schon lange behaupten: dass die Fußballweisheit "nomen est omen" für Windass erfunden worden ist. 

Kein Respekt für respektlose Rebellen: Franz Beckenbauer hat neulich auf die größere Wertschätzung für Schiedsrichter auf der Insel verwiesen, und damit gezeigt, dass er keine Premier-League-Spiele anschaut.

Woche für Woche beschweren sich Spieler und Trainer über die Unparteiischen. Die vor der Saison gestartete "Respect"-Kampagne wurde von Roy Keane (Sunderland) als "PR-Trick" verspottet; Joe Kinnear, der Coach von Newcastle United, nannte neulich Martin Atkinson einen "Mickey-Mouse-Referee". Anstatt sich an einem runden Tisch zur Aussprache zu treffen, probte der Trainer-Verband sogar den Aufstand. Schiedsrichter Obmann Keith Hackett sollte beim jährlichen Manager-Treffen zum Rücktritt gezwungen werden, doch nur 35 von 92 Coaches nahmen teil. Die großen Klubs boykottierten die Konferenz. So bleibt alles beim Alten. Bis zur nächsten Entgleisung oder Fehlentscheidung.

Au, Backe: In der zweiten Liga wurde gerade mal wieder einem Spieler der Schädel gebrochen. Sheffield Uniteds David Morgan schlug Ian Hume (Barnsley) mit voller Absicht einen Ellbogen gegen den Kopf, sah aber - natürlich - nur eine gelbe Karte. Während Hume kurzzeitig ums Überleben kämpfte, kam Liverpools Daniel Agger beim Sieg gegen die Bolton Wanderers glimpflicher davon. Der Däne rauschte bei einem Rettungsversuch gegen den Pfosten und schlug sich mit dem Knie einen Zahn aus. Agger spielte, sehr zur Freude der Fans und Kommentatoren, weiter. "Kein Innenverteidiger, der sein Geld wert ist, hat in Großbritannien nicht schon das eine oder andere Beißerchen verloren", gratulierte das "Liverpool Echo". Merke: Wer Männer hat, die auf die nicht mehr vorhandenen Zähne beißen, kann vielleicht sogar Meister werden.

Tabellenrechner zur Premier League: Jetzt die Saison durchtippen

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Bilbao-Spieler wollen neuen Namen: Mit einem 2:0 hat Athletic Bilbao zumindest den Anschluss an die Nichtabstiegsplätze gehalten, doch vor Kritik kann sie die etwas entspanntere Tabellensituation auch nicht schützen: Die 27 Athletic-Spieler haben am Donnerstag gefordert, dass die baskische Nationalmannschaft künftig den Namen Euskal Herria, statt wie bisher Euskadi, trägt. Euskadi ist der baskische Name für die baskische Region, Euskal Herria umfasst zudem die Provinz Navarra und das Departements Pyrenees-Atlantiques in Frankreich. Eine weitere provokante Forderung in der baskischen Unabhängigkeitsgeschichte. Sollte der Name nicht geändert werden, wollen die Spieler am 23. Dezember nicht gegen Iran den antreten. Paradox: Auch Stürmer Fernando Llorente unterschrieb die polemische Mitteilung seines Klubs, obwohl er keiner der betroffenen Regionen der Euskal Herria angehört und darüber hinaus am Freitag von del Bosque in die spanische Nationalmannschaft berufen wurde - laut Llorente schon immer "sein größter Wunsch".

Anlaufschwierigkeiten überwunden: Unsere Freunde von Sporting Gijon sind nun endgültig in der Liga angekommen. Nach elf Jahren gelang es dem Klub wieder, in die Primera Division aufzusteigen. Die ersten fünf Spiele verloren sie haushoch (u.a. 1:6 gegen Barca und 1:7 gegen Real). Doch mittlerweile haben sie sich etabliert und fünf der letzten sechs Spiele gewonnen. Am Wochenende eroberten sie das Mestalla und gewannen beim FC Valencia mit 3:2.

Schwarze Zeiten für los Blancos: Erst fällt Stürmer Van Nistelrooy für den Rest der Saison aus, dann schmeißt Real Union sie aus der Copa del Rey und jetzt hat Valladolid sie auch noch in der Primera Division geschlagen. Am Sonntag wurde ein freiwilliges Training für das angeschlagene Real Madrid angesetzt. Zu diesem erschienen ganze fünf Spieler - vier Verletzte, welche das Training zu ihrem Rehabilitationsprogramm zählen, und Javi Garcia. Nicht einmal Trainer Bernd Schuster war vor Ort. Dafür aber Sportdirektor Predrag Mijatovic. Der durfte im anschließenden Spiel der B Mannschaft Real Madrid Castilla das minutenlange Pfeifen von frustrierten und verärgerten Fans über sich ergehen lassen. Bleibt die Frage, wie lange er Schuster in der Krisenphase noch als Trainer behalten wird.

Der 10. Spieltag der Primera Division im Überblick

Ligue 1

von Alexis Menuge

Erfolgsgarant Benzema: Nach nur einem Drittel der Saison ist Olympique Lyon bereits auf dem besten Weg, zum achten Mal in Folge französischer Meister zu werden. Das Top-Duell gegen Vize-Meister Girondins Bordeaux gewann der Serienmeister mit 2:1 und hat damit schon sieben Zähler Vorsprung auf Olympique Marseille. Gegen Bordeaux hatte Lyon aber auch viel Dusel, denn die Bordelais waren spielerisch überlegen. Doch Lyon zeigte sich unheimlich effektiv. "Benzema hat den Unterschied gemacht", meinte nach der Partie Bordeaux-Trainer Laurent Blanc. Was Franck Ribéry für den FC Bayern, ist ohne Zweifel Benzema für OL.

Ein Plan und seine Ausführung: "Wenn wir gegen Lorient gewinnen, werde ich die Partie Lyon-Bordeaux mit einer Zigarre und einem Glas Champagner anschauen", hatte Marseille-Trainer Erik Gerets vor ein paar Tagen erzählt. Pustekuchen! Nachdem OM gegen Abstiegskandidat Lorient (2:3) vor eigenem Publikum eine 2:0-Führung verspielte und innerhalb von elf Minuten drei Treffer kassierte, hat sich der Ex-Bundesligacoach erstmal zwei Tage frei genommen, um "die Batterie wieder aufzuladen". Das hatte er sich doch ganz anders vorgestellt. Aber wieder einmal kommt Marseille nicht aus dem Quark und bleibt hinter den Erwartungen zurück. Seit 1992 wartet man vergeblich auf den Meistertitel. Für diese Saison sind die Chancen so gut wie bei Null.

Der französische Barack Obama: Guillaume Hoarau ist der neue Star von Paris-Saint-Germain. Der Stürmer erzielte bei seinem ehemaligen Verein und Aufsteiger Le Havre (3:1), für den er in der vergangenen Saison 28 Tore schoss, einen Doppelpack. Somit hat er bereits acht Tore auf seinem Konto und liegt in der Torschützenliste auf Platz zwei - hinter Benzema (9). Hoarau, der ein gewisse Ähnlichkeit mit Barack Obama besitzt, hat insgesamt sogar die Hälfte aller Tore von PSG geschossen. Dank seiner Treffsicherheit ist Paris wieder voll im Rennen für einen Platz unter den ersten Fünf. Frankreichs Nationaltrainer Raymond Domenech wird ihn wohl bald ins Aufgebot holen.

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