"Das ist der schiere Wahnsinn"

Von Stefan Moser
Elfenbeinküste, Afrika Cup, Drogba
© Imago

München - Für die Spieler geht es um Ruhm und Ehre, für die Vereine ist es der längste Sonderurlaub der Welt. Am 20. Januar beginnt der Afrika-Cup in Ghana, am Donnerstag endet für die 16 Teilnehmer die letzte Frist für die endgültige Nominierung der 23-köpfigen Kader.

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Insgesamt zwölf Bundesligaprofis werden anschließend für ihre Heimatländer um den Titel kämpfen. Im (un-)günstigsten Fall bis zum 10. Februar, denn dann steigt das Endspiel in der Hauptstadt Accra.

Die Vereinstrainer allerdings hätte ihre Spieler nur allzu gerne früher wieder zurück, denn für sie bedeutet der Afrika-Cup vor allem eines: Ein Loch im eigenen Mannschaftsgefüge. Dazu Verletzungsgefahr, Substanzverlust, fehlende Vorbereitung.

"Klar ist das sehr ärgerlich, wenn einem die Spieler in der Vorbereitung und sogar zum Auftakt in die Hinrunde fehlen", sagt etwa HSV-Coach Huub Stevens, der von allen Bundesliga-Trainern am meisten Personal ziehen lassen muss -die Hamburger werden mit Thimothee Atouba (Kamerun), Collin Benjamin (Namibia) und Mohamed Zidan (Ägypten) gleich drei Spieler abstellen.

"Die Jungs brauchen Urlaub"

Damit verpassen die drei nicht nur die komplette Vorbereitung der Hanseaten sondern auch das Pokalspiel gegen Essen und - abhängig vom Erfolg ihrer Teams - gegebenenfalls auch die ersten beiden Bundesligapartien gegen Hannover und Leverkusen.

Immerhin konnte die Hamburger Führung durchsetzen, dass ihre Profis auf vorherige Testspiele ihrer Nationalmannschaften während der Winterpause verzichten durften.

"Die Jungs brauchen ihren Urlaub, ihnen stecken viele Spiele mit dem HSV in den Knochen. Wenn sie jetzt die nötige Erholung nicht bekommen, dann folgt später eine Verletzung auf die andere - und der Verein würde darunter leiden", rechtfertigt Stevens die Maßnahme.

Ähnlich haben das auch andere betroffenen Bundesliga-Vereine gehandhabt, namentlich Leverkusen, das mit dem Tunesier Karim Haggui und Ghanas Hans Sarpei ebenso zwei Spieler entsendet wie Bielefeld mit Rowen Fernandez und Sibusiso Zuma (beide Südafrika).

Härtefall Bremen

Auf je einen Akteur verzichten müssen Stuttgart mit Arthur Boka (Elfenbeinküste), Nürnberg mit Jawhar Mnari (Tunesien), Bochum mit Joel Epalle (Kamerun) und Duisburg mit Mannaseh Ishiaku (Nigeria).

Besonders hart trifft es auch Werder Bremen. Der Tabellen-Zweite der Bundesliga muss zwar ebenfalls nur einen Spieler abstellen, mit Boubacar Sanogo (Elfenbeinküste) dafür aber ausgerechnet ihren treffsichersten Stürmer der Hinrunde.

Zudem spielt der 25-jährige Ivorer bei einem der großen Favoriten auf den Afrika-Cup - gut möglich also, dass er auch bis zum 10. Februar in Ghana mit von der Partie ist.

Für Bremen hieße das, dass Sanogo das Pokal-Achtelfinale gegen Dortmund genauso verpassen wird, wie das Bundesliga-Spiel gegen Bochum und vor allem: Die wichtige Partie gegen die Bayern, die genau am Tag des Afrika-Cup-Finals stattfindet.

"Wir sind nicht froh darüber, können aber auch nichts dagegen machen", kommentiert Werder-Sportdirektor Klaus Allofs gewohnt nüchtern seinen Verlust.

Wenger jammert

Ganz anders klingt das dagegen bei den Verantwortlichen aus England. Insgesamt 40 Spieler aus der Premier League werden in diesem Jahr am Afrika-Cup teilnehmen. Vor allem aber werden diese deutlich mehr Spiele verpassen als ihre Kollegen aus der Bundesliga, weil die Liga auf der Insel im Winter keine Pause macht.

Entsprechend verschnupft äußern sich auch die Klub-Manager zur Terminplanung des Afrika-Cups. "Der Termin ist schierer Wahnsinn", sagt etwa Arsenal-Coach Arsene Wenger, der mit den Ivorern Kolo Toure und Emmanuel Eboue auf zwei seiner absoluten Leistungsträger verzichten muss - im schlimmsten Fall für ganze neun Pflichtspiele.

"Wie die Europameisterschaft müsste der Afrika-Cup nicht alle zwei, sondern alle vier Jahre ausgetragen werden. Und zwar im Sommer, wenn die europäischen Ligen in der Sommerpause sind", wird Wenger daher nicht müde zu fordern.

Für den afrikanischen Fußballpräsidenten Issa Hayatou kommt eine Änderung des bestehenden Termins allerdings nicht in Frage. "Im Juni/Juli ist das Klima in den afrikanischen Ländern so extrem, dass Fußball kaum zumutbar ist. Daher sollten wir unseren Termin nicht verlegen, nur weil die Europäer das gerne hätten", erklärt der Kameruner alle zwei Jahre aufs Neue.

Chelsea und die elegante Lösung

Entsprechend wird die Diskussion immer hitziger. Chelsea-Coach Avram Grant etwa sprach zuletzt von einer "Wettbewerbsverzerrung". Tatsächlich fehlen ihm mit Didier Drogba, Salomon Kalou (beide Elfenbeinküste), Michael Essien (Ghana) und John Obi Mikel (Nigeria) gleich vier wichtige Spieler, während sein Konkurrent Alex Ferguson von Manchester United keinen einzigen Spieler abstellen muss.

Allerdings hat Grant auch schon eine Lösung für sein Problem gefunden. Sie heißt Roman Ambramowitsch und soll die Brieftasche öffnen. "Wegen des Afrika Cups müssen wir eben noch mehr investieren", so Grant. Wohl dem, der kann.

Vor allem im Sturm will er den Kader aufstocken, um den Ausfall von Drogba zu kompensieren. Die Kandidaten heißen Nicolas Anelka (Bolton), David Villa (Valencia) oder Dimitar Berbatow (Tottenham Hotspur). Einer von den dreien wird wohl bald im Südwesten von London sein Geld verdienen. Und nicht zu knapp - dem Afrika-Cup sei Dank.

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