Silvi Sorglos und ein Fragezeichen

Von Für SPOX in Aachen: Marcus Erberich
Lira Bajramaj im Gespräch mit Bundestrainerin Silvia Neid (r.)
© Getty

Die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft hat das Testspiel gegen die Niederlande dank einer starken Leistung mit 5:0 gewonnen - auch in der Höhe war der Sieg auf dem Aachener Tivoli vor gut 11.000 Zuschauern absolut verdient. Silvia Neid hat jetzt nicht nur im Sturm die Qual der Wahl. Nur ein Superstar macht Sorgen.

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Nach den jüngsten Testspiel-Siegen gegen Nordkorea (2:0) und Italien (5:0) ist der deutliche Sieg der deutschen Mannschaft gegen die Niederlande nur ein weiterer Beleg für die überragende Form, in der sich die DFB-Frauen wenige Wochen vor Beginn der WM im eigenen Land befinden.

Bundestrainerin Silvia Neid hatte im Vorfeld des Spiels angekündigt, dass sowohl in der Innenverteidigung als auch im Angriff noch nicht das letzte Wort über die WM-Startelf gesprochen sei. Deswegen wechselte sie gegen die Niederländerinnen kräftig durch und probierte mehrere Spielerinnen aus. Bianca Schmidt begann für die angeschlagene Linda Bresonik rechts in der Viererkette, im Angriff erhielt Celia Okoyino da Mbabi ihre Chance von Anfang an. Auch Fatmire Bajramaj durfte an Stelle von Melanie Behringer zum ersten Mal von Beginn an ran, zur Pause ersetzte Lena Goeßling Annike Krahn in der Innenverteidigung.

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Ergebnis: Die deutsche Nationalmannschaft ist in allen Mannschaftsteilen nahezu optimal besetzt. Auszusetzen gab so gut wie nichts - gegen Holland, das sicht nicht für die WM qualifiziert hat, kam vor allem die zweite Halbzeit einer Machtdemonstration nahe. Entsprechend gelöst präsentierte sich Neid bei der Pressekonferenz nach dem Spiel auf dem Tivoli.

Neid: "Ich muss noch zur Fußpflege"

"Eigentlich ist alles gut gelaufen, alles optimal. Ich versuche jetzt nur in den nächsten Tagen, meine ganzen Termine wahrzunehmen, das macht mir im Moment mehr Sorgen. Sprich: Ich muss noch zur Fußpflege", sagte Neid gut gelaunt und ergänzte: "Das war ein Scherz!"

Das überlegene Spiel gegen die Niederlande hatte Neid "natürlich zufrieden" gestimmt. Sie lobte die lauffreudige Offensive und das konzentrierte Pressing des gesamten Teams. Trotzdem: Das zweite 5:0-Ergebnis in Folge wollte Neid nicht überbewerten: "Wir haben die letzten beiden Spiele in dieser Höhe gewonnen, weil die Gegner sich gerade nicht auf eine WM vorbereiten."

Den ersten Test gegen WM-Teilnehmer Nordkorea im Mai hatte die DFB-Auswahl mit 2:0 für sich entschieden. Und nur da war die deutsche Elf in der Abwehr auch halbwegs gefordert.

"Silvia Neid findet immer Sachen"

Die Spielerinnen trauten der demonstrativen Zufriedenheit ihrer Trainerin entsprechend nicht so recht. "Glauben Sie mir, dass die Bundestrainerin immer noch Sachen findet, an denen wir arbeiten müssen", sagte Celia Okoyino da Mbabi nach ihrem starken Auftritt im Tivoli, "wir sind noch lange nicht da, wo wir hinkommen wollen."

Das große Ziel ist der dritte WM-Triumph in Folge, dazu vor heimischen Publikum - daher strebt das Team nach Perfektion. "Wir müssen noch am Aufbauspiel und der Präzision arbeiten", so Torschützin Okoyino da Mbabi weiter, "solche Sachen können bei einer WM sonst bitter bestraft werden." Neid kündigte entsprechend an, verstärkt Flanken, den finalen Pass und Standards trainieren zu wollen.

Für den Feinschliff steht nach vier Tagen Pause ab Sonntag der letzte WM-Lehrgang auf dem Programm, inklusive der Generalprobe gegen WM-Teilnehmer Norwegen am 16. Juni. Dieser Härtetest zehn Tage vor dem Eröffnungsspiel gegen Kanada soll bislang vielleicht unentdeckte Defizite aufzeigen und die DFB-Abwehr mehr fordern. "Das wird ein anderes Spiel, denn sie sind vorbereitet wie wir. Deshalb erwarte ich ein auch in der zweiten Hälfte sehr ausgeglichenes Spiel", sagte Neid, nachdem sowohl Italien als auch die Niederlande am Ende mit den Kräften jeweils ziemlich am Ende waren.

Die offenen Planstellen

Der letzte Lehrgang und der finale Test gegen Norwegen wird auch die letzte Möglichkeit, sich für die Startformation für das Eröffnungsspiel gegen Kanada am 26. Juni in Berlin zu empfehlen. Die größten Fragenzeichen gibt es dabei noch in der Innenverteidigung und im Angriff.

Während Saskia Bartusiak in der Innenverteidigung gesetzt sein dürfte, leidet Annike Krahn noch unter fehlender Spielpraxis: Die 25-Jährige hatte aufgrund eines Kreuzbandrisses die komplette Bundesliga-Saison verpasst. Ihre Konkurrentin Lena Goeßling, die gegen die Niederlande zur Halbzeit kam, kommt dagegen immer besser in Fahrt.

Lira Bajramaj außer Form

Am meisten Kopfzerbrechen macht aber Lira Bajramaj. Das mediale Aushängeschild des deutschen Frauenfußballs kommt findet auf dem Platz nicht zu ihrer Form. Nachdem sie in den ersten beiden Tests nur von der Bank kam, erhielt die 23-Jährige, die bei Wahl zur Weltfußballerin des Jahres noch Platz 3 belegte, ihre Chance von Anfang an - blieb aber blass.

Ihre Konkurrentin auf dem linken Flügel, Melanie Behringer, dagegen überzeugte während der gesamten Vorbereitung - und hat überraschend mittlerweile gute Chancen, in Berlin in der Startelf zu stehen.

"Noch keine Startelf festgelegt"

Im Sturm dagegen hat Neid die Wahl zwischen gleich drei Top-Stürmerinnen: Die erfahrene Inka Grings und die unbekümmerten und formstarken Youngster Alexandra Popp und Okoyino da Mbabi. Wer von den dreien spielen darf, wird nicht zuletzt vom Gegner abhängen.

Sivlia Neid über ihr Luxusproblem: "Wir wollen uns gar nicht auf einen Startelf festlegen. Wir haben durch die Breite des Kaders verschiedene taktische Optionen und können damit auch auf die Spielweise des Gegners reagieren. Gerade im Angriff haben wir verschiedene Spielertypen. Die Startelf kann gegen Kanada so aussehen, gegen Nigeria so aussehen und gegen Frankreich dann auch wieder anders. Und dann hoffen wir, dass wir noch im Turnier sind - und das Spiel beginnt von vorne."

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