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Schade, Hamburg, alles ist vorbei

Von Stefan Moser / Bärbel Mees
Dennis Aogo und Bobby Zamora geben keinen Zentimeter nach
© Getty

Nur drei Tage nach der Trennung von Trainer Bruno Labbadia ist für den Hamburger SV auch der Traum vom Finale im eigenen Stadion geplatzt. Die Mannschaft von Interimscoach Ricardo Moniz verlor das Halbfinal-Rückspiel der Europa League beim FC Fulham mit 1:2 (1:0) und steht nun vor den Scherben der Saison. Das Hinspiel in HSV endete 0:0.

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Damit wartet Hamburg weiter auf den ersten Titel seit 23 Jahren - und droht nach einer verkorksten Saison zum ersten Mal seit fünf Jahren die internationalen Wettbewerbe zu verpassen. In der Bundesliga hat der HSV zwei Spieltage vor Schluss fünf Punkte Rückstand auf Platz sechs, der zur erneuten Teilnahme an der Europa League berechtigt.

Vor 25.500 Zuschauern im Craven Cottage in London brachte Mladen Petric (21.) den HSV mit einem Freistoß aus gut 25 Metern in Führung. Doch ein Doppelschlag durch Simon Davies (69.) und Zoltan Gera (75.) besiegelte innerhalb von sechs Minuten das Aus für Hamburg.

"Das Problem ist, dass wir nach einer Stunde nur zurückgelaufen sind. Anfangs haben wir das Spiel kontrolliert, bis zum 1:0. Dann haben wir die Kontrolle verloren, sind zurückgelaufen und das darf man bei englischen Mannschaften einfach nicht machen", sagte Ricardo Moniz und versuchte immerhin, den Blick nach vorne zu richten: "In zwei Tagen ist das nächste Spiel. Im Sport muss man immer wieder umschalten, aber es ist wirklich ein brutaler Schlag."

Das Finale in Hamburg am 12. Mai bestreiten nun der FC Fulham und Atletico Madrid. Die Spanier setzten sich parallel gegen den FC Liverpool durch.

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Keine Überraschungen beim HSV. Trochowski ist gesperrt, für ihn spielt Tesche auf rechts, Pitroipa beginnt über links. Auch Aogo, der am Mittwoch noch mit einem Magen-Darm-Infekt flach lag, kann starten. Die zuletzt angeschlagenen Ze Robero, van Nistelrooy und Demel sind ebenfalls rechtzeitig fit geworden.

Für Fulham war Stürmer-Star Zamora lange fraglich, doch auch er kann spielen.

1.: Flotter Auftakt! Ze Roberto spielt von Nistelrooy am Sechzehner frei. Der zieht schnell ab - trifft aber den Ball nicht richtig. Sein Schuss bleibt in der Abwehr hängen.

3.: Mit einem einfachen Doppelpass hebeln Zamora und Gera die Abwehr aus. Zamora schließt frei aus elf Metern ab - zum Glück mit dem schwächeren Rechten: Rost pariert überragend!

21., 0:1, Petric: Was für ein Hammer! Petric zimmert einen Freistoß aus gut 25 Metern über die Mauer. Der Ball senkt sich erst im letzten Moment - und schlägt im linken Eck unter der Latte ein. Schwarzer sieht nicht wirklich gut aus. War aber auch eine merkwürdige Flugkurve.

Halbzeit-Fazit: Der HSV hatte gleich in der 3. Minute Glück, als Rost gegen Zamora überragend hielt. Dann aber bekam Hamburg das Spiel immer besser in den Griff und führt verdient mit 1:0.

62.: Was für eine Grätsche. Gera läuft auf links Richtung Eckfahne - und aus irgendeinem Grund hält es Boateng für richtig, aus drei Metern Entfernung mit gestreckten Bein anzurauschen. Er spielt zwar irgendwie den Ball, aber die Zuschauer rasten völlig aus. Zum Glück zeigt der Schiri nur Gelb.

69., 1:1, Davies: Der Ausgleich. Nach einem langen Ball nimmt Davies den Ball sauber mit der Hacke an, setzt sich gegen Demel durch und schließt aus elf Metern ab. Keine Chance für Rost.

75., 2:1, Gera: Und da ist es passiert! Hamburg kann eine Ecke nicht klären, Demel stochert den Ball unglücklich zu Gera, der am Fünfer Zeit hat, sich zu drehen. Trocken verwandelt, wieder hat Rost keine Chance.

Fazit: Eigentlich keine schlechte Vorstellung der Hamburger, aber was nützt es? Ein Doppelschlag besiegelt das Aus. Fulham im Finale, Hamburg in der Krise.

Star des Spiels: Bobby Zamora. Der Star-Stürmer der Londoner war offensichtlich angeschlagen und konnte auch während der Woche kaum trainieren. Und trotzdem beschäftigte er die Hamburger Abwehr eine Stunde lang mit seiner körperlichen Präsenz und Zweikampfstärke. Erst nach knapp einer Stunde musste er entkräftet vom Platz - und wurde mit stehenden Ovationen verabschiedet.

Gurke des Spiels: Jerome Boateng. Hatte von Anfang an Probleme mit der Präsenz von Zamora, wirkte fahrig und unsicher und konnte sich oft nur durch Fouls behelfen. Und warum er an der Eckfahne mit drei Metern Anlauf in Gera springt, muss er bei Gelegenheit erklären.

Pfeife des Spiels: Cüneyt Cakir. Der Türke pfiff phasenweise etwas kleinlich, aber vor allem die Hamburger können sich nicht über den Schiedsrichter beschweren. Das Foul an Ze Roberto, das zum Tor durch den Petric-Freistoß führte, muss man nicht zwingend pfeifen, für die Grätsche von Boateng gegen Gera hätten andere Unparteiische vor dieser Kulisse womöglich Rot gezeigt. Ebenso für das Foul von Rost in der Schlussphase. Cakir aber ließ sich von der hitzigen Atmosphäre nicht anstecken und hatte das Spiel weitgehend unter Kontrolle.

Lehren des Spiels: Im Vergleich zu den letzten Spielen sicher keine schlechte Vorstellung des HSV - aber im Halbfinale zählt nunmal nur das Ergebnis: Der Hamburger Traum vom Finale im eigenen Stadion ist geplatzt! Dabei sah es lange gut aus: Genau drei Tage hatte Interimscoach Ricardo Moniz Zeit, um die Mannschaft auf dieses Rückspiel vorzubereiten - und tatsächlich gelang es ihm offensichtlich, die Blockaden zunächst zu lösen und die lähmende Verkrampfung von den Spielern zu nehmen. Das bloße taktische Konzept und die grundsätzliche Spielphilosophie zeigten noch klar die Handschrift von Bruno Labbadia, doch zum ersten Mal seit Wochen wurde die Idee auch wieder mit Leben gefüllt.

Der HSV verteidigte mutiger und aggressiver, rückte beim Pressing konsequenter nach und gewann die wichtigen Zweikämpfe. Auch im Spiel nach vorne wirkte das Team wieder griffiger und überzeugter: Die Bälle wurde früher nach vorne gespielt, das Mittelfeld rückte selbstbewusst nach, vor allem Pitroipa und Ze Roberto suchten auch wieder häufiger das Eins-gegen-Eins. Auch wenn sich der HSV nach drei Minuten bei Frank Rost bedanken musste, war die Führung durch Petric absolut verdient.

In der Folge agierte Hamburg zwar zu passiv und spielte vor allem die Kontergelegenheiten nicht präzise zu Ende. Dafür war die Defensive aber aufmerksam und diszipliniert und ließ kaum Chancen zu. Bis zur 69. Minute - der Ausgleich durch Davies.

Plötzlich begann der HSV endgültig zu wackeln, ließ sich immer tiefer in die eigene Hälfte drängen und verlor die Zweikämpfe - und Fulham zeigte mit dem frenetischen Publikum im Rücken, weshalb im Craven Cottage auch schon Juventus Turin, Manchester United oder der FC Liverpool das Nachsehen hatten.

Während Hamburg immer passiver und müder wurde, legten die Londoner mit viel Power nach, erhöhten den Druck immer weiter - und kamen mit etwas Glück schließlich zum Siegtreffer durch Gera. Fazit: Fulham steht im Finale - und der HSV vor den Scherben einer ganzen Saison.

FC Fulham - Hamburger SV: Daten & Fakten zum Spiel