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GESPONSERT VON

Eintracht Frankfurts Gelson Fernandes: Kovac? "Und schon brennt der Baum"

Von Robin Haack
Gelson Fernandes kam 2017 von Stade Rennes nach Frankfurt.
© getty
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SPOX/GOAL: In Ihrer langen Karriere haben Sie schon einiges erlebt. Wie kommt es, dass Sie Erfahrungen bei zehn Profivereinen gesammelt haben, aber trotzdem nirgendwo sesshaft geworden sind?

Fernandes: Vor meinem Wechsel nach Frankfurt habe ich immerhin drei Jahre in Rennes gespielt. Jetzt bin ich im zweiten Jahr bei der Eintracht. Doch der Fußball hat sich gewandelt und Transfers sind alltäglich geworden. Um ehrlich zu sein, wollte ich nie wirklich wechseln, doch dann kam immer ein gutes Angebot. Vielleicht hätte ich manchmal mehr Geduld haben sollen, doch auch so habe ich sehr viel gelernt und viele Sprachen und Kulturen kennengelernt.

SPOX/GOAL: Warum haben Sie Rennes für einen Wechsel nach Frankfurt verlassen?

Fernandes: Der Trainer, Bruno Hübner und Fredi Bobic haben mir damals von ihrem Projekt erzählt und für mich war schnell klar, dass ich diesen Schritt gehen möchte. Schon aus meiner Zeit in Freiburg kannte ich die Eintracht natürlich und wusste daher ungefähr, was mich erwartet. Ich habe mich auch bei Pirmin Schwegler, Christoph Spycher und Haris Seferovic erkundigt, die in Frankfurt alle eine tolle Zeit hatten.

SPOX/GOAL: Gerade nach dem Pokalfinale und im Zuge der Europa-League-Partie gegen Lazio Rom haben die Fans der SGE bewiesen, dass sie außergewöhnlich sind. Wie nimmt man diese Begeisterung als Spieler wahr?

Fernandes: Es ist Wahnsinn, was für ein Potenzial in diesem Verein steckt. Einfach unglaublich. Auch auf dem Platz bekommt man mit, was auf den Tribünen abgeht. Die Eintracht steht für Tradition und Leidenschaft.

Fernandes über seinen "Job" als Dolmetscher

SPOX/GOAL: Sie sprechen sieben Sprachen. Sind Sie bei der Eintracht manchmal auch Dolmetscher?

Fernandes: Wir haben zwar auch Übersetzer, aber ich helfe den Jungs natürlich gern. Trotzdem ist es sehr wichtig, dass jeder Spieler lernt, Deutsch zu sprechen. Es hilft ihnen auf Dauer nicht, wenn ich immer alles für sie übersetze. Es ist nicht förderlich, wenn ein Spieler nach jeder Besprechung kämpfen muss, um die Infos zu bekommen.

SPOX/GOAL: Im Kader der Eintracht tummeln sich viele verschiedene Nationalitäten. Was macht das so besonders?

Fernandes: Frankfurt ist eine sehr internationale Stadt, doch trotzdem ist es wichtig, dass man sich für die deutsche Kultur öffnet. Wenn man hier lebt und sich wohlfühlen will, sollte man sich darauf einlassen und das Stadtleben annehmen. Es bringt nichts, nur in seiner Muttersprache mit anderen Ausländern zu sprechen.

SPOX/GOAL: Herrscht in der Kabine durch die verschiedenen Kulturen ein besonderer Spirit?

Fernandes: Es kann schon mal vorkommen, dass in der Kabine gleichzeitig sechs verschiedene Sprachen gesprochen werden. Doch, wenn wir bemerken, dass es ausartet, versuchen wir, wieder Deutsch zu sprechen, damit wir uns alle verstehen.

Fernandes über seine persönlichen Veränderungen

SPOX/GOAL: Sie sind jetzt seit 14 Jahren Profi. Wie haben Sie sich in dieser Zeit verändert?

Fernandes: In dieser Zeit hat sich das komplette Fußballgeschäft verändert. Heute geht alles viel schneller und es entsteht mehr Druck für Spieler und Trainer - das war nicht immer so. Das ganze Geschäft hat enorm an Fahrt aufgenommen. Erst vor zwei Wochen habe ich noch mit Mannschaftskollegen darüber gesprochen und glaube, dass es vor 20 Jahren einfacher gewesen wäre, Profi zu sein.

SPOX/GOAL: Hatten junge Spieler damals mehr Respekt vor den Routiniers?

Fernandes: Ja, aber das lag auch daran, dass die älteren Spieler nicht so nett zu den Jungen waren. Damals habe ich erlebt, dass ein Routinier wütend oder beleidigt war, wenn ein Jüngerer kam, besser war und ihm seinen Stammplatz streitig gemacht hat. Da kam es schon mal vor, dass die Alten dem aufstrebenden Talent nicht die Hand gegeben haben. Heute ist das - zumindest bei uns - komplett anders.

SPOX/GOAL: Auch Sie gehören inzwischen zu den erfahrenen Spielern. Mit Blick auf Ihre Familie fällt auf, dass auch fünf Ihrer Cousins den Sprung in den Profifußball geschafft haben. Gibt es im Hause Fernandes andere Themen als den Fußball?

Fernandes: (lacht) Nicht viele. Egal, ob bei meinen Eltern, meinen Onkel oder Tanten, bei uns ist der Fußball allgegenwärtig. Natürlich gibt es in unserer Großfamilie auch kleine Kinder und es geht um die Schule. Meist kommen wir aber schnell wieder auf den Fußball zu sprechen.

SPOX/GOAL: Besonders Ihr jüngerer Cousin Edmilson gilt als großes Talent. Aktuell ist er von West Ham United an den AC Florenz ausgeliehen. Unterstützen Sie ihn bei seinen Entscheidungen?

Fernandes: Natürlich, ich habe guten Kontakt zu ihm und unterstütze ihn, wo ich nur kann. Ich habe in meiner Karriere schon einiges erlebt und versuche, ihm so viele Tipps wie möglich zu geben. Er ist ein großes Talent und mit 22 schon Nationalspieler. Trotzdem muss er weiter hart arbeiten, um den nächsten Schritt zu schaffen.

SPOX/GOAL: In der vergangenen Saison waren Sie kein unumstrittener Stammspieler und im Sommer stand ein Wechsel in die Ligue 1 im Raum. Warum haben Sie sich entschieden, in Frankfurt zu bleiben?

Fernandes: Ich hatte gute Angebote über zwei oder drei Jahre in Frankreich vorliegen. Im Gespräch mit Fredi Bobic und Bruno Hübner habe ich aber klargemacht, dass ich gerne in Frankfurt bleiben würde, wenn ich weiterhin gebraucht werde und den Jungs weiterhin helfen soll. Meine Familie fühlt sich hier wohl, warum sollte ich die Stadt also schon nach einem Jahr wieder verlassen?

SPOX/GOAL: Haben Sie mit 32 Jahren noch Pläne für den Rest Ihrer Karriere?

Fernandes: Das Einzige, was ich mir wünsche, ist Gesundheit. Ich hoffe, dass meine Knie heil bleiben und ich auch nach meinem Karriereende ohne Schmerzen mit meinen Kindern spazieren gehen kann. (lacht)

SPOX/GOAL: Ist die Eintracht Ihre letzte Station im Profifußball?

Fernandes: Ich habe in Frankfurt noch einen Vertrag bis zum Saisonende. Was danach passiert, weiß ich noch nicht. Für mich ist nur klar, dass ich noch nicht aufhören werde.

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