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Das große Haar in der Suppe

Von Adrian Franke
Kevin Großkreutz (r.) und der BVB haben aktuell nicht das beste Verhältnis
© getty

Auf dem Papier war es Dienst nach Vorschrift aus Sicht des BVB: Dortmund schlägt den Wolfsberger AC im Quali-Hinspiel für die Europa League mit 1:0 und hat im Rückspiel vor eigenem Publikum alle Trümpfe in der Hand. Doch Trainer Thomas Tuchel muss sich nach seinem BVB-Pflichtspieldebüt weiter mit einem prominenten Thema auseinandersetzen - und gleichzeitig vor vorschnellen Schlussfolgerungen warnen.

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Für die alteingesessenen Dortmunder Fans von der Süd gab es bereits vor der Partie gegen den österreichischen Underdog aus Wolfsberg den ersten Schock. BVB-Identifikationsfigur Kevin Großkreutz war von Tuchel wegen seines Trainingsrückstandes nicht für die beiden Quali-Spiele nominiert worden und hatte seinem Ärger in der Bild Luft gemacht: "Die nächsten Wochen werden zeigen, ob ich weiter für Borussia spielen werde oder nicht. Ich bin tief enttäuscht, dass schon seit Wochen in Dortmund keiner mehr mit mir geredet hat."

Großkreutz geht auf Distanz zum BVB: "Bin sehr enttäuscht"

Die Ansage saß und sie sollte auch die erste Saisonprüfung für die Dortmunder im Wörthersee-Stadion vor gut 30.000 Zuschauern bestimmen. "Da meint er einen anderen Klub. Es enttäuscht mich auch ein bisschen. Es ist das zweite Mal, dass er den Weg über die Öffentlichkeit sucht. Das ist nicht der Weg, den wir vereinbart haben", gab sich Tuchel anschließend bei Sport1 ungewöhnlich deutlich.

Manager Michael Zorc fügte mit Blick auf den Publikumsliebling hinzu: "Kann ich nicht verstehen. Natürlich haben wir immer Kontakt miteinander. Es gibt derzeit auch kein spezielles Gesprächsthema. Wenn er den Wunsch hat, mit uns zu reden, stehen wir gern zur Verfügung. Er soll sehen, dass er wieder in Form kommt und nach seiner Verletzung wieder die Trainingseinheiten absolviert. Wir drängen nicht auf einen Wechsel."

Der Überraschungsmann trifft

So überschattete die wenig imagefördernde, öffentliche Debatte um und mit Großkreutz die Schlagzeilen nach dem Spiel. Sie ließ sogar das Glück der Dortmunder in der Schlussphase in den Hintergrund treten, als sich der WAC den Ausgleich redlich verdient hätte. Dabei hatte der BVB, der variabel zwischen 4-4-2 und 4-2-3-1 wechselte und sich anfangs vor allem in der offensive sehr agil präsentierte, einen Traumstart erwischt.

Wolfsberger AC - BVB in der Analyse

Jonas Hofmann, der überraschend auf der rechten Seite beginnen durfte, schob bereits nach einer Viertelstunde infolge eines Bilderbuch-Konters zur Führung ein. Doch die anschließende Ball- und Spielkontrolle konnte die Borussia nicht in Zählbares ummünzen und die Konterchancen nach der Pause wurden ebenfalls leichtfertig vergeben. Auch wenn die noch hohe Trainingsbelastung ihren Tribut forderte, waren doch einige ungeliebte Muster, gerade im Spielaufbau, aus der Vorsaison erkennbar.

Mund abputzen und weiter

Nach der Pause intensivierten sich diese Anzeichen und schwappten auch auf die Defensive über. Die Umschaltbewegung passte mehrfach nicht, Bälle wurden leichtfertig hergeschenkt und Wolfsberg ließ zwei Großchancen liegen - der Ausgleich wäre in der Schlussphase mehr als verdient gewesen.

Entsprechend fiel auch Hofmanns Fazit aus: "Wir sind zufrieden mit dem Ergebnis. Nach zwei schweren Verletzungen bin ich froh, dass der Trainer mir das Vertrauen gibt. Wir sind aber noch nicht bei 100 Prozent."

Der für solche Spiele gerne zitierte "Arbeitssieg" machte die Runde, Hofmann beklagte zudem den zunehmend schwerer bespielbaren Platz. Doch Mittelfeldmann Ilkay Gündogan hatte auch eine Warnung parat: "Es ist noch einmal verdammt knapp geworden. Wir können von Glück sprechen, dass wir nicht noch den Ausgleich kassiert haben."

Tuchel mahnte gleichzeitig aber vor vorschnellen Schlüssen: "Das ist der vierte Tag nach dem Trainingslager, deshalb war mir bewusst, dass wir am Ende Stehvermögen brauchen. Besser ist es, mal dreckig 1:0 zu gewinnen, als wenn das alles so glatt läuft. Ich war zufrieden mit der Energie, mit der wir aufgetreten sind. Im Rückspiel werden wir energisch voll auf Sieg spielen."

Entscheidungen stehen bevor

Nach wie vor offen ist derweil auch vor dem Rückspiel und somit der ersten sportlichen Hürde der Saison die Torwartfrage. Roman Bürki bewahrte Dortmund in der Schlussphase vor dem Ausgleich, doch Tuchel kündigte bereits an, dass Roman Weidenfeller im Rückspiel ran darf. Selbst eine Rotation während der Saison, etwa nach Wettbewerben, schloss er nicht aus: "Beide machen einen herausragenden Job."

Doch auch bei Großkreutz werden die Dortmunder Verantwortlichen zeitnah eine Entscheidung treffen müssen, um das Thema nicht noch weiter die Saisonvorbereitung sowie die ersten Pflichtspiele bestimmen zu lassen. Die BVB-Allzweckwaffe ist nur noch bis Saisonende an seinen Kindheitsklub gebunden, der Dortmunder Publikumsliebling machte sich das Leben aber weiter schwer, als er per Instagram-Post auf die Aussagen der Verantwortlichen reagierte.

"Man muss ja jedes Mal aufs neue was erklären, weil irgendwas falsch verstanden wird! Natürlich kann es sein , dass ich wechseln werde! Ja, das kann passieren, aber wenn möchte ich hier vernünftig gehen! Es wurde gefragt, ob einer mit mir wegen meiner Vertragsverlängerung gesprochen hat? Meine Antwort: Seit Wochen hat keiner mehr mit mir gesprochen! Und natürlich bin ich enttäuscht", schrieb der Weltmeister und schob einen Satz hinterher, der schon nach Abschied klingt: "Ich werde diesen Verein immer im Herzen tragen und ihn lieben!"

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