Die Furie zeigt ihre Krallen

Von Florian Bogner
Nationalmannschaft, Xavi, Ramos
© Getty

München - Ganz schön zähe Angelegenheit, diese EM-Qualifikation. Am 16.08.2006 ging die Schose los, 15 Monate und fünf Tage später fiel endlich der Vorhang. Aserbaidschan, Kasachstan, Armenien und England sind raus, Deutschland und 15 andere Teams spielen von 7. bis 30. Juni 2008 Griechenlands Nachfolger aus.

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Aber welche Mannschaften haben überzeugt in der Quali? Und wer hat sich mehr oder weniger durchgemogelt? Das EM-Powerranking von SPOX.

 
1. Spanien: Die Quali begann für die Furia Roja mit zwei Pleiten in Schweden und Nordirland. Wer aber von den letzten neun Spielen acht gewinnt und wie in Dänemark (3:1) oder zuhause gegen Schweden (3:0) den Gegner derart herspielt und darüber hinaus das Toreschießen nicht vergisst, hat Platz eins im Formbarometer verdient. Zur Beruhigung der deutschen Fans: Bei großen Turnieren hat Spanien jedes Mal versagt.

2. Griechenland: Nein, Sie haben sich nicht verlesen. Ottos Hellenen stehen auf Platz zwei und das zu Recht. Die Griechen haben ihre Quali mit stoischer Ruhe durchgezogen, alles aus dem Weg geräumt und am Ende mit 31 Punkten die meisten aller Teams erreicht. Gut, in Ungarn wurde der Sieg zuletzt mit einem Eigentor und einem Elfmeter perfekt gemacht. Aber wen juckt's...

 

3. Tschechien: Seit dem 3:0 von München scheint Trainer Karel Brückner 10 Jahre jünger, Jan Koller weitere 10 Zentimeter gewachsen und Tomas Rosicky 10 Titel erfahrener zu sein. Gibt's jetzt wieder die Holländer in der Vorrunden-Gruppe, ist alles möglich.

4. Italien: 2:0, 3:1, 2:0, 2:1, 2:0, 0:0, 2:1, 2:0, 2:1, 3:1. Wenn man sich die nackten Ergebnisse der letzten zehn EM-Quali-Spiele anschaut, bekommt man ein Gefühl dafür, wie souverän Italien eigentlich durch die Quali spaziert ist. Bemerkenswert: Vor der WM gab's es den Manipulationsskandal, jetzt die wüsten Fanausschreitungen - das Nationalteam ist immer dann am stärksten, wenn's in der Heimat kräftig raucht.

5. Rumänien: Nein, das 1:3 gegen Deutschland im September kann man nicht als Maßstab nehmen. Den 1:0-Sieg in der Qualifikation gegen Holland hingegen schon. Mit 29 Punkten waren Hagis Erben das viertbeste Team der Quali und werden bei der EM davon profitieren, dass sie keine Sau ernst nimmt.

6. Kroatien: Unterbewusste Sympathie für den England-Vernichter? Mit nichten. Kroatien spielt unter Ex-Klopper Slaven Bilic einen akkuraten Offensivfußball und war mit 29 Punkten und plus 20 Toren drittbestes Quali-Team. Achja - und sie haben England rausgehauen!

7. Deutschland: Jogis Jungs könnten viel besser da stehen, befände sich nicht das komplette WM-Mittelfeld derzeit an Orten wie Donaustauf oder auf der Behandlungsliege von Dr. Müller-Wohlfahrt. Aber keine Angst, die werden alle wieder fit. Und dann? "Italien weghauen, Europameister werden - und unseren Fans endlich wieder einen Pott präsentieren." Danke, Torsten Frings.

8. Frankreich: Zwei Niederlagen gegen Schottland haben am Selbstvertrauen der Franzosen gerüttelt. Vielleicht auch ein bisschen die Tatsache, dass niemand den Trainer mag. Mit Thierry Henry, Franck Ribery und Karim Benzema stehen aber drei Spieler in den Reihen der Franzosen, die jedem Gegner das Fürchten lehren. Ganz sicher.

9. Niederlande: Da wollte man sich mit einem schäbigen 1:2 in Weißrussland (die zuvor gegen die Fußball-Macht Luxemburg 0:1 verloren hatten) dem Lostopf 1 entziehen und dann wurde auch daraus nix, weil Jogis Jungs gegen Wales nur rumstolperten. Nebenbei: Hat überhaupt jemand diesen UEFA-Koeffizienten-Quatsch verstanden?

10. Polen: Nach vier Spielen hatten die Polen nur vier Punkte auf dem Konto, danach gab es in der ungemütlichen Quali-Gruppe A mit Portugal, Serbien und Finnland keinen Ausrutscher mehr - die 0:1-Nichtleistung gegen Armenien mal ausgenommen. Aber bei der EM gibt's ja zum Glück keine kleinen Gegner.

11. Türkei: Die Türken waren nach der 0:1-Heimniederlage gegen Ottos Griechen so gut wie weg, bis Spanien-Legionär Nihat plötzlich die Kunst des Toreschießen lieb gewann und sowohl Norwegen als auch Bosnien wegballerte. Wir freuen uns schon auf die Auto-Korsos (Korsen? Korsi?).

12. Schweden: Haben die Skandinavier eigentlich einen Freifahrtschein zu EM und WM? Irgendwie sind die immer dabei. Sollte man mal überprüfen, da kann was nicht stimmen. Jedenfalls nicht, wenn man das erbärmliche 0:3 gegen Spanien, als es eigentlich um den Gruppensieg ging, zum Maßstab nimmt.

13. Portugal: Bemerkenswerteste Leistung des WM-Vierten in der Quali: Luis Felipe Scolaris akkurater Schwinger gegen den Serben Dragutinovic. Leider ging dieser dabei nicht zu Boden, sonst hätte der Coach der Portugiesen nicht rechtzeitig zum 0:0-Zitterfinale gegen Finnland wieder auf der Bank gesessen. Scolari: "Ich weiß, dass wir uns verbessern müssen." Meinte er damit seine Rechtsauslage?

14. Schweiz: Die Grüezi-Fraktion ist freilich ohne Quali die Wundertüte der EM. Alles Käse oder doch das ein oder andere Kuhglocken-Alarmgeläute bei den Großen Europas? Wir sind gespannt. Zuletzt gab es jedenfalls zwei 0:1-Niederlagen gegen Bertis Nigerianer und die USA. Ausbaufähig.

15. Russland: Die Russen kamen zur EM wie die Jungfrau zum Kinde. Das 1:2 gegen Israel und das 1:0 über Andorra waren jedenfalls nicht EM-würdig. Eigentlich sollte die Hiddink-Elf bei der Euro irgendwie die Kroatien-Flagge auf ihrem Trikot verwursten. Hätte was.

16. Österreich: Das Gute vorneweg: In den letzten 16 Länderspielen haben die Österreicher nur zweimal mehr als ein Gegentor kassiert. Das nur als kleiner Hinweis für den Bevölkerungsteil unserer Nachbarn, der sich nach Spielen wie gegen Malta (1:1), Schottland (0:1), Paraguay (0:0), Japan (0:0), Chile (0:2), England (0:1) oder Tunesien (0:0) bereits mit Grausen vom Nationalteam abgewendet hat. Die Hoffnung stirbt zuletzt!