Ein wissbegieriger Haufen

Von Stefan Rommel
Lukas Podolski, Miroslav Klose, Roberto Hilbert
© Getty

München - Ob Lukas Podolski ein pflegeleichtes Kind war, ist leider nicht zweifelsfrei überliefert. Aber offenbar haben ihn seine Eltern damals im polnischen Gleiwitz schon früh gelehrt aufmerksam zuzuhören.

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Anders ist die Leistungsexplosion des Bayern beim Spaziergang gegen Zypern wohl kaum zu erklären. Vor dem Spiel hatte ihn der Bundestrainer zur Seite genommen und ihm offenbart, was er gegen die Insulaner zu tun habe.

Die eigene Spielhälfte zu erforschen bis zurück zum Sechzehner, das gehörte dazu. Oder im Verbund mit Philipp Lahm, den er sonst nur als Zubringer gefährlicher Flanken wahrnimmt, gegnerische Attacken unterbinden.

Der Job des Mittelfeldspielers kann ganz schön anstrengend sein. Aber Podolski, der gelernte Stürmer, bewältigte die ihm gestellte Aufgabe exzellent. Beim 4:0-Sieg war er damit nicht nur bester Akteur, sondern stand stellvertretend für die Wissbegierde und Lernfähigkeit einer abermals personell durcheinander gewürfelten deutschen Mannschaft.

Lob von Löw für die aufnahmefähige Mannschaft

Nach dem bösen Ausrutscher gegen Tschechien hatte Joachim Löw in den 90 Minuten eine eindeutige Reaktion gefordert. Er bekam sie nach 75 Sekunden schon serviert. Podolski machte vier Gegner nass und Clemens Fritz, einer der so genannten Wackelkandidaten in Sachen EM-Teilnahme, köpfte locker ein.

Gegen die Tschechen war zum gleichen frühen Zeitpunkt auch schon ein Treffer gefallen - allerdings für den Gegner. " Wir haben heute mit der Konzentration angefangen, die wir gegen die Tschechen nicht hatten", lobte Joachim Löw seine Elf und er sah sich abermals darin bestätigt, dass er eine sehr aufnahmefähige Mannschaft zu betreuen hat.

Eine Mannschaft, sich wieder konzentriert und engagiert präsentierte. Sicherlich tat dafür auch der erhöhte Druck, sich anbieten zu müssen, sein Übriges. Piotr Trochowski merkte man dies ebenso an wie Clemens Fritz.

Hort der Selbstfindung

Wieder einmal hat sich gezeigt, was der Bundestrainer der Mannschaft einimpfen kann, wenn ihm nur die nötige Zeit dazu gewährt wird. Die Truppe hat intensive Tage des Trainings hinter sich, was sich an augenscheinlichen Faktoren wie gesteigerter Fitness und Spritzigkeit verdeutlichte.

Und trotzdem - oder gerade deshalb? - erweist sich die Nationalmannschaft für einige immer wieder als Hort der Selbstfindung und Besinnung auf alte Stärken.

Bei allem begründeten Optimismus hat die Partie in Hannover aber auch einige Makel aufgedeckt.

Makel waren nicht zu übersehen

Einem unterklassigen Gegner wie Zypern gewährte die DFB-Elf zu viele Chancen. Jens Lehmann musste gleich viermal beherzt eingreifen. Und wenn wir schon beim Thema sind: Der Torhüter braucht eigener Dementi zum Trotz definitiv wieder Spielpraxis. In einigen Situationen ließ er jene Souveränität vermissen, die deutsche Torhüter seit Jahrzehnten zum Mythos machen.

Und so gut der emsige Fritz den Zyprern in der Offensive zusetzte, so sehr vernachlässigte er einige Male die ihm anvertraute Defensivpflicht auf der rechten Seite, was Kollege Arne Friedrich ein paar Mal recht alt aussehen ließ.

"Wenn wir das Tempo hochhalten, können wir sehr gut kombinieren", analysierte Löw. "Aber wenn wir das Tempo rausnehmen, passieren Fehler." Treffend formuliert.

"Wir sind eine sehr gehorsame Mannschaft"

Vorausblickend auf das letzte Qualifikationsspiel gegen Wales am Mittwoch sind nach der guten Leistung von Hannover die übrigen Härtefälle ein bisschen unter Druck.

Mike Hanke, Roberto Hilbert oder auch Simon Rolfes werden gewiss ihre Chance erhalten - zugreifen müssen sie dann ähnlich wie Trochowski oder Fritz selbst. Die haben bewiesen, dass sie Löws Planspiele verstanden haben und auf dem Spielfeld Wirklichkeit werden lassen.

"Wir haben genau das umgesetzt, was der Trainer uns vorgegeben hat", sagte Christoph Metzelder, ein alter Hase und definitiv gesetzt für die EM. "Wir sind eine sehr gehorsame Mannschaft."

Ein Traum für jeden Fußballlehrer. Joachim Löw muss ein einfach sehr zufriedener Mensch sein.