Löw kündigt EM-Auswahlverfahren an

SID
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© Getty

Dublin/München - Gebremste Feier - große Ziele: Nach der Punkt-Landung in Irland wurde kein Schampus verspritzt, stattdessen kündigte Joachim Löw sofort ein gnadenloses Auswahlverfahren um die 23 EM-Plätze an.

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Für den Bundestrainer ist die souveränste Europameisterschafts-Qualifikation einer deutschen Fußball- Nationalmannschaft nur der pflichtgemäße Etappensieg auf dem Weg nach ganz oben. "Jetzt haben wir eine Planungssicherheit, wir können an Dinge ganz konkret herangehen", erklärte der 47-Jährige.

Das gilt auch für die Gespräche um die eigene Vertragsverlängerung über die EM hinaus. "Es gibt keine Alternative zu ihm", erklärte DFB-Präsident Theo Zwanziger noch auf dem Bankett im Dubliner Team-Hotel.

Bierhoff erfreut über Reifeprozess

Löw will im Sommer kommenden Jahres das schaffen, was seinem einstigen Chef Jürgen Klinsmann trotz des WM-"Sommermärchens" 2006 versagt geblieben war: Endlich wieder einen Titel für Deutschland zu holen. "Es ist ein gutes Zeichen, dass wir uns als erstes Team qualifiziert haben", erklärte Teammanager Oliver Bierhoff und wertete dies zugleich als Beleg für einen vor Jahresfrist kaum für möglich gehaltenen Reifeprozess.

"Der ganze deutsche Fußball und die Fans können stolz auf Euch sein", rief Zwanziger bei der eher stillen Feier im "Four Seasons" Jens Lehmann und Co. zu. Im Croke Park von Dublin hatten weder neun Ausfälle vor dem Anpfiff (darunter die WM- Helden Ballack, Klose, Schneider und Lahm) noch die zeitige Verletzung von Bastian Schweinsteiger den Höhenflug stoppen können.

Hildebrand gegen Tschechien im Tor

Längst hatte Löw seine neuen Planspiele im Kopf, als sich ein Teil des Teams zu einer spontanen Feier in einen Dubliner Pub absetzte. Überschwänglich aber wurde es nicht. "Gegen Tschechien in München vor ausverkauftem Haus ist schon noch mal ein kleines Highlight in der Qualifikation. Da wollen wir eine gute Leistung abliefern und einen Sieg erringen", blickte der Bundestrainer beim Flug nach München schnell auf die nächste Aufgabe am 17. Oktober in der Allianz Arena.

Eine weitere Veränderung steht schon fest: Für den beim 0:0 in Irland überzeugenden Lehmann, der sich bei einem überstürzten Ausflug aus dem Strafraum die zweite Gelbe Karte abholte und damit gesperrt ist, rückt Timo Hildebrand ins Tor. Robert Enke wurde als Ersatzkeeper nachnominiert.

Erste Prämien sind fällig

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) schüttet nun gern die ersten EM- Prämien aus. 2,7 Millionen Euro kostet den Verband schon bis jetzt die Qualifikation, 2,25 Millionen gehen nach der Einsatz-Regel (12.500 Euro pro Berufung) an die Spieler, dazu kommen die Zuwendungen in gleicher Höhe für die sportliche Leitung. Neben dem neuen Vertrag für Löw werden in den nächsten Wochen auch die Prämien für die EM-Endrunde ausgehandelt, die am 2. Dezember in Luzern ausgelost wird. Nach derzeitigem Stand wird Deutschland als einer von vier Gruppenköpfen gesetzt.

Der Kraftakt von Dublin veranschaulichte, worin die neue Qualität beim dreimaligen Europameister besteht. Der Bundestrainer muss sich seine EM-Kandidaten nicht mehr mühevoll zusammensuchen, sondern Löw hat inzwischen die Qual der Wahl für sein System. Auch ein Simon Rolfes, ein Clemens Fritz, ein Piotr Trochowski oder ein Mario Gomez sind nicht mehr nur Ersatz für Stammkräfte wie Ballack, Klose, Schneider oder Lahm - sie können punktuell den Erfolg mit sichern. "Wir sind total eng zusammengerückt. Jeder weiß, was er zu tun hat", urteilte Torsten Frings, als Rückkehrer in Irland einziger Vertreter der ersten Garnitur im Mittelfeld.

Löw mit Podolski zufrieden

"Der Wettbewerb ist auf allen Positionen entbrannt. Und das wird sich noch ein bisschen zuspitzen im nächsten Jahr, wenn es definitiv um die EM-Plätze geht", erklärte Löw und sieht darin einen großen Vorteil. "Das wäre die größte Gefahr, wenn man glaubt, wir sind gut durch die Qualifikation gekommen und können alle ein bisschen nachlassen", bemerkte der Bundestrainer. "Wir konnten immer wieder Ausfälle kompensieren. Das war der wichtigste Schlüssel, sich so früh zu qualifizieren", sagte Innenverteidiger Per Mertesacker, der zusammen mit Christoph Metzelder einen entscheidenden Anteil an der bisher ohne Niederlage abgelaufenen Qualifikation hat.

Löw versteht es bisher konfliktlos, einen engen Zirkel für das Titel-Unternehmen 2008 zu schmieden. Den durch seine Reserve-Rolle beim FC Bayern angeschlagenen Lukas Podolski setzte er in Dublin zwar eine Stunde lang auf die Bank. Er lobte den einstigen Stammstürmer dann aber sofort für seine Leistung als Joker für den zunächst bevorzugten Gomez. "Er hat viele gute Aktionen gehabt, war agil und beweglich", lobte Löw und gab Podolski für das Spiel gegen Tschechien eine Einsatz-Garantie.

Löw hatte dem Stuttgarter Gomez den Vorzug als Partner von Kevin Kuranyi gegeben, was aber kein Indiz für eine neue Rangordnung in der deutschen Stürmer-Hierarchie sei, wie der Bundestrainer betonte: "Nein keineswegs. Für Mario Gomez zu Beginn sprach: Er ist physisch groß, kopfballstark gegen diese robusten Iren." Ein Tor gelang auch Gomez nicht, bei seiner besten Chance spitzelte er den Ball über das irische Gehäuse (17.).

Schweinsteiger soll in München wieder einsatzfähig sein

Löw dachte in Irland auch schon an das zweite EM-Qualifikationsspiel gegen Tschechien in der Münchner Allianz Arena und damit eine Art Arbeitsteilung zwischen Podolski und Gomez: "Lukas soll in München anfangen, ob mit Gomez oder Kuranyi, wird man sehen."

Auch Podolskis Bayern-Kollege Schweinsteiger soll in München wieder einsatzfähig sein. Beim Kopfballduell knallte der 23-Jährige in der 12. Spielminute mit dem Iren Kevin Kilbane zusammen. Blutüberströmt musste Schweinsteiger vom Platz geführt werden, die drei Zentimeter lange, klaffende Platzwunde musste genäht werden.

Derweil sieht Torhüter Lehmann nach Dublin sich selbst und das deutsche Team bereit für weitere Aufgaben. "Warum sollte er einen Grund haben, mich nicht mehr spielen zu lassen", erklärte der Wahl- Londoner in Richtung seines Club-Trainers Arsene Wenger. Und für die EM sieht Lehmann beste Chancen: "Wir gehören neben vier anderen Mannschaften sicherlich zu den Teams, die den Titel gewinnen können."

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