Lieber Rugby als Jogi

Von Florian Regelmann
irland-slowakei
© Getty

München - Irland ist ein stolzes Sportland. Wenn immer es einen Erfolg eines Einheimischen zu bejubeln gibt, wird die grün-weiß-orange Flagge gehisst. Das ganze Land feiert dann ausgelassen mit. Sei es beim Fußball, Rugby oder Golf.

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Zum letzten Mal im Juli dieses Jahres, als Irlands Nationalheld Padraig Harrington im schottischen Carnoustie in einem dramatischen Playoff gegen den Spanier Sergio Garcia die Open Championship gewann. Für "Paddy", der lange Zeit trotz vieler Erfolge als ewiger Zweiter gegolten hatte, war es sein erster Major-Triumph. Irland stand Kopf.

Der Erfolg von Golfer Harrington sollte erst der Anfang eines überragenden Sportjahres für die Iren sein. Bei der Rugby-Weltmeisterschaft und in der Fußball-EM-Qualifikation rechnete man sich einiges aus. In den Pubs von Dublin bis Cork wurde rege diskutiert und eigentlich nur noch über die Höhe der anstehenden Siege gefachsimpelt.

Knapp drei Monate später sieht die Realität anders aus. In den Pubs wird immer noch heiß diskutiert, die Stimmung hat sich aber grundlegend geändert. Irland ist down. Das irische Rugby-Team, als eines der besten Teams Europas in die WM gestartet, schied zum ersten Mal in der Geschichte schon in der Vorrunde aus. Und die Fußballer haben nach einem Unentschieden in der Slowakei und einer Niederlage in Tschechien ihre Chance auf ein EM-Ticket so gut wie verspielt, weil man zuvor bereits mit 2:5 auf Zypern untergegangen war.

Keine Vorfreude auf Deutschland

Klar, dass in Irland keine echte Vorfreude auf die Partie gegen Deutschland am Samstag aufkommen will. Die beiden größten Tageszeitungen, die "Irish Times" und die "Irish Post", berichten eine Woche danach immer noch ausgedehnt über das miese Abschneiden bei der Rugby-WM. Titelstorys zum Deutschland-Spiel sucht man vergebens.

Das Desaster mit dem Ei sitzt tief. Rugby-Coach Eddie O'Sullivan steht noch unter größerem Beschuss als sein Pendant beim Fußball, Steve Staunton. Viele scheinen einfach zu sagen: Nicht persönlich nehmen, aber wir schauen am Samstag lieber das Rugby-WM-Halbfinale zwischen England und Frankreich. Frei nach dem Motto: Lieber Rugby als Jogi.

Zug fährt wieder ohne Irland ab

Dabei hätte man ja immerhin noch theoretische Chancen, sollte man die restlichen drei Spiele gewinnen. Aber die Lage der Iren war drei Spieltage vor Schluss einer Qualifikationsrunde noch nie so aussichtslos - und vom berühmten irischen Kampfgeist ist nichts zu spüren.

Das Deutschland-Spiel sollte eigentlich das "goldene Ticket" zur Europameisterschaft sein. So lautete der Plan. Nun hilft nicht einmal ein klarer Sieg gegen eine der besten Mannschaften Europas, um nächsten Sommer bei der Party dabei zu sein. Der Zug ist wieder einmal ohne Irland abgefahren. Und noch enttäuschender als die Ergebnisse war für die irischen Fans zuletzt die Art und Weise der Auftritte.

Irland erwartet keine Wunder, aber zumindest Leidenschaft von seinen Teams.

Eigentlich ja für alle Mannschaften im grün-weißen Trikot seit Urzeiten eine Selbstverständlichkeit. Nicht so heute. Hinzu kommt, dass Spieler, die in der Premier League konstant gute Leistungen zeigen, im Nationalteam aus unerfindlichen Gründen nicht zu ihrer Form finden. Für die irischen Fans ist das zutiefst frustrierend.

Iren erwarten Niederlage

Nicht mal Harrington kann Irland momentan aus der sportlichen Lethargie verhelfen. Bei der HSBC World Match Play Championship ist er in der ersten Runde gegen den Dänen Anders Hansen sang- und klanglos ausgeschieden. Es läuft einfach nicht.

Fast hat man den Eindruck, Irland habe sich schon damit abgefunden, dass es am Samstagabend im Croke Park wieder so kommen wird wie eine Woche zuvor bei der Rugby-WM. Jubeln werden die anderen, und man selbst wird nur artig applaudieren. Beim Rugby den Argentiniern, beim Fußball eben den Deutschen.

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