Villa ist Spaniens neuer König

SID
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© Getty

Innsbruck - Kult-Einpeitscher Manolo trommelte vor der Tribüne wie in Trance, Kronprinz Felipe und Prinzessin Letizia bejubelten in der VIP-Lounge den Triumph ihrer Fußball-Untertanen und die spanischen Fans feierten in Innsbruck trotz des trüben Wetters heißblütig eine rot-gelbe "Fiesta":

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Die Huldigungen galten vor allem dem neuen König David Villa, der mit seinem Dreierpack der überragende Spieler beim souveränen 4:1 (2:0)-Sieg gegen schülerhaft agierende Russen war.

18 Stunden nach seinem Coup konstatierte der Stürmer-Star des FC Valencia nach dem leichten Regenerationstraining in Neustift: "Wir müssen bescheiden bleiben. Noch sind wir nicht für das Viertelfinale qualifiziert."

Angesichts des Traumstarts zum ersehnten EM-Titel spürte der von Real Madrid, dem FC Barcelona und mehreren englischen Top-Clubs umworbene Villa auch keinen Schmerz mehr wegen seiner angeknacksten Finger an der rechten Hand. "Das ist beim Jubeln nach dem 1:0 passiert. Ich bin in Fernando Torres' Trikot hängen geblieben", sagte der 26-Jährige.

"Man of the match" 

Über die kleine Verletzung half ihm zudem der geschenkte Spielball hinweg. "Das bedeutet mit sehr viel", betonte Villa. Erst auf Vermittlung seiner englisch sprechenden Kollegen Pepe Reina und Xabi Alonso (beide FC Liverpool) händigten UEFA-Offizielle dem "Man of the match" den Ball aus.

Direkt nach dem Schlusspfiff hatte er die Beute auf Anweisung des Schiedsrichters zunächst wieder herausrücken müssen. 

Die spanischen Medien feierten den Sieg-Garanten in großen Lettern. "Villa maravilla. Sein Hattrick geht in die Fußballgeschichte ein", titelte das Sportblatt "Marca" mit dem Wortspiel "Villa ist ein Wunder".

"As" schrieb: "Villa nährt unsere Träume" und "Sport" machte martialisch mit "Ein tödlicher Villa zerschmettert die unerfahrenen Russen" auf. Witziger und geistreicher reagierten die etwa 7000 in Madrid feiernden Fans auf das "Wunder".

In Anspielung auf den Moskauer Kreml und den Spitznamen "La Roja" ihres Teams tauften sie die Public-Viewing-Meile kurzerhand in "Roter Platz" um. Euphorie kam in der Heimat aber trotz des Kantersiegs kaum auf.

Aragones tritt auf die Euphoriebremse

Luis Aragones und seine Schützlinge hielten sich ebenfalls zurück. "Wir haben unsere Pflicht erfüllt, aber keinen Grund zu Euphorie", urteilte der Trainer nach der Übungseinheit und fügte in Anspielung auf teilweise harsche Kritik im Heimatland im Vorfeld der EM an: "Ich empfinde eine gewisse Befriedigung, aber mehr nicht."

Wenn man nur das Resultat betrachtete, könne man glauben, dass es ein leichtes Spiel für Spanien gewesen sei. "Aber die ersten 15 Minuten haben wir uns sehr schwergetan. Russland war vor allem physisch enorm stark."

Laut Aragones hatte Spanien erst nach Villas Dreier (20., 44. und 75. Minute) - nach Roman Pawljutschenkos Ehrentreffer (86.) stellte Cesc Fabregas (90.+1) den Endstand her - den Gegner endgültig am Boden. Gegen die "starken und schnellen Schweden", deren 2:0 über den Titelverteidiger Griechenland er teilweise gesehen habe, werde es in der zweiten Gruppenpartie sehr schwierig. "Da ist es fraglich, ob wir erneut unser Konterspiel aufziehen können", sagte der "Mister".

Mittelfeldmann David Silva schlug in die selbe Kerbe: "Das war ein guter Beginn, aber jetzt müssen wir schon an Schweden denken. Wir wissen, dass wir damit noch nichts erreicht haben." Angriffs-Ass Fernando Torres meinte: "Vier Tore zum Auftakt - was will man mehr. Aber das war erst der erste Schritt. Wir haben noch schwere Aufgaben zu lösen."

Sieg als schlechtes Omen?

In Spanien geistert noch immer das Schreckgespenst von 2004 und 2006 herum. Bei der zurückliegenden Europameisterschaft scheiterte die "Seleccion" trotz eines 1:0-Auftakts ebenfalls gegen die Russen.

Bei der WM in Deutschland verpassten sie trotz eines 4:0-Siegs gegen die Ukraine den Einzug ins Viertelfinale. Am Tag nach dem Sieg waren die Gedanken an diese Pleiten aber weit weg. Die Spieler genossen den freien Nachmittag mit ihren Familien oder Partnerinnen.

Bei den nach allen Regeln der Kunst demontierten Russen herrschte Ernüchterung. "Manche Schülerteams machen nicht solche Fehler wie wir", kritisierte Trainer Guus Hiddink das "naive Verhalten" seiner unerfahrenen Truppe. "Wir müssen innerhalb von Stunden lernen. Dann haben wir noch eine Chance aufs Weiterkommen." Spanien habe Russland eine Lektion und eine Lehrstunde in Konterfußball erteilt.