EM-Titel als Karriere-Krönung

SID
Fußball, EM, Jens Lehmann, Deutschland, Spanien
© Getty

Wien - Für Jens Lehmann zählt nur die Gegenwart. Auch vor dem finalen EM-Akt wehrte der Nationaltorhüter Fragen nach seiner Zukunft so entschlossen ab, wie es sich Bundestrainer Joachim Löw auch bei den Torschüssen der Spanier wünscht.

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Allein der Titel zählt für Lehmann in seinem 61. Länderspiel, das nicht nur das wichtigste seiner Nationalmannschafts-Laufbahn ist, sondern mit einiger Wahrscheinlichkeit auch sein letztes.

"Ich glaube nicht, dass ich unmittelbar nach dem Endspiel eine Entscheidung bekanntgebe", hat Lehmann bis zuletzt erklärt und betont: "Ich habe keinen Zeitdruck."

Der Traum vom großen Triumph

Jetzt zählt anderes. Lehmann möchte das größte Problemjahr seiner Karriere unbedingt mit dem größten sportlichen Triumph beenden. Am Ende eines Turniers, in das er als Flattermann startete und viel Kritik einstecken musste, kann er alle Zweifler endgültig eines Besseren belehren, in dem er die spanische Offensive um Torres & Co. stoppt.

Eine Leistung wie beim 3:2 gegen Portugal - die braucht Deutschland im Endspiel von der Nummer 1. Der eigenwillige Lehmann liebt solche Extrem-Situationen, wie er bekundete: "Ich mag es, wenn ich etwas beweisen muss und unter Druck stehe." 

So sieht es auch die sportliche Leitung um Löw, der mit dem Festhalten an dem Bankdrücker beim FC Arsenal ein hohes Risiko einging.

Bundestorwarttrainer Andreas Köpke bescheinigte seinem Schützling, bei der EM-Endrunde auf "sehr hohem Niveau" zu halten: "Je höher der Druck wird, desto stärker wird Jens Lehmann."

1:0 für Casillas

Sechs Tore hat Lehmann in den bisherigen fünf Turnierspielen kassiert, nur drei sein Gegenüber Iker Casillas.

Lehmann war hinter einer wackligen Abwehr weit mehr gefordert als der elf Jahre jüngere Konkurrent von Real Madrid, 24 Paraden zählten die Statistiker bei ihm.

Casillas musste sich nur achtmal auszeichnen, seine wichtigsten Bälle hielt er im Elfmeterschießen gegen Italien, als er in seinem 80. Länderspiel die Schüsse von Daniele de Rossi sowie Antonio di Natale abwehren konnte und Spanien ins Halbfinale führte.

Der Spickzettel

Auch Lehmanns größte Taten im DFB-Trikot waren zwei gehaltene Elfmeter - 2006 im WM-Viertelfinale gegen Argentinien parierte er nach dem Blick auf den berühmten Spickzettel von Köpke die Schüsse von Roberto Ayala und Esteban Cambiasso.

Am Sonntag könnte es für Lehmann noch einmal zum finalen Elfmeter-Krimi kommen.

Finale zum Abschied 

Und danach? Seine Profi-Laufbahn wird er beim VfB Stuttgart fortsetzen, als Nationalkeeper könnte er dagegen eine Turnier-Tradition deutscher Torhüter weiterführen.

Seine Nummer-1-Vorgänger Eike Immel (EM 1988), Bodo Illgner (WM 1994), Köpke (WM 1998) und Oliver Kahn (WM 2006) beendeten jeweils mit dem letzten Turnierspiel ihre Nationalelf-Karriere - aber keiner trat als Titelgewinner ab.

Schafft das nun ausgerechnet Lehmann? "Jens ist unberechenbar", bemerkte Köpke - und damit meinte er bestimmt nicht nur den möglichen Rücktritt des eigenwilligen Keepers.

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